Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.dern eben nur bezeichnen kann. Nämlich eine geringe Anzahl von § 24. Einfluss der Erinnerung. An dem regelmässigen Gange der gefundenen Resultate dern eben nur bezeichnen kann. Nämlich eine geringe Anzahl von § 24. Einfluſs der Erinnerung. An dem regelmäſsigen Gange der gefundenen Resultate <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0095" n="79"/> dern eben nur bezeichnen kann. Nämlich eine geringe Anzahl von<lb/> Wiederholungen der Reihen nimmt nur wenige Minuten in Anspruch;<lb/> ihre ganze Wirkung fällt also in eine Zeit groſser geistiger Frische.<lb/> Bei 64 Wiederholungen dauert die ganze Thätigkeit etwa ¾ Stunde;<lb/> die Mehrzahl der Reihen wird daher in einem Zustand minderer Frische<lb/> oder sogar einer gewissen Abspannung eingeprägt, und die Wieder-<lb/> holungen werden also verhältnismäſsig minder wirksam sein. Umgekehrt<lb/> ist es bei der Reproduktion der Reihen am nächsten Tage. Die vor-<lb/> her durch 8malige Wiederholung eingeprägten Reihen erfordern fast<lb/> die dreifache Zeit, um gelernt zu werden, wie die durch 64malige<lb/> Wiederholung eingeprägten. Letztere werden daher, ganz abgesehen<lb/> von der gröſseren Festigkeit, die sie haben, schon deshalb verhältnis-<lb/> mäſsig etwas rascher gelernt werden, weil sie in eine Zeit von durch-<lb/> schnittlich etwas besserer Prädisponierung fallen. Beide Unregelmäſsig-<lb/> keiten wirken gegen einander, wie man sieht, und heben sich dadurch<lb/> zum Teil auf: das unter den verhältnismäſsig ungünstigeren Umständen<lb/> Eingeprägte wird unter verhältnismäſsig günstigeren Umständen wieder<lb/> gelernt und umgekehrt. Inwieweit aber diese Kompensation stattfindet<lb/> und inwieweit noch ein Rest der Ungleichheit der Bedingungen die<lb/> Resultate trübt, vermag ich nicht zu bestimmen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§ 24.<lb/><hi rendition="#b">Einfluſs der Erinnerung.</hi></head><lb/> <p>An dem regelmäſsigen Gange der gefundenen Resultate<lb/> scheint mir ein Moment noch besondere Beachtung zu ver-<lb/> dienen. Bei den Äuſserungen des Gedächtnisses im gewöhn-<lb/> lichen Leben ist der Unterschied von gröſster Bedeutung, ob<lb/> die Reproduktionen mit Erinnerung geschehen oder nicht, ob<lb/> also die wiederkehrenden Vorstellungen bloſs einfach wieder-<lb/> kehren, oder ob sich mit ihnen gleichzeitig ein Wissen davon<lb/> verbindet, daſs sie früher schon einmal vorhanden waren, und<lb/> eine Vorstellung der Umstände, von denen sie damals be-<lb/> gleitet waren. In diesem zweiten Falle nämlich gewinnen<lb/> sie für die praktischen Zwecke, die wir verfolgen, und für<lb/> die Bethätigung höheren geistigen Lebens einen höheren und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0095]
dern eben nur bezeichnen kann. Nämlich eine geringe Anzahl von
Wiederholungen der Reihen nimmt nur wenige Minuten in Anspruch;
ihre ganze Wirkung fällt also in eine Zeit groſser geistiger Frische.
Bei 64 Wiederholungen dauert die ganze Thätigkeit etwa ¾ Stunde;
die Mehrzahl der Reihen wird daher in einem Zustand minderer Frische
oder sogar einer gewissen Abspannung eingeprägt, und die Wieder-
holungen werden also verhältnismäſsig minder wirksam sein. Umgekehrt
ist es bei der Reproduktion der Reihen am nächsten Tage. Die vor-
her durch 8malige Wiederholung eingeprägten Reihen erfordern fast
die dreifache Zeit, um gelernt zu werden, wie die durch 64malige
Wiederholung eingeprägten. Letztere werden daher, ganz abgesehen
von der gröſseren Festigkeit, die sie haben, schon deshalb verhältnis-
mäſsig etwas rascher gelernt werden, weil sie in eine Zeit von durch-
schnittlich etwas besserer Prädisponierung fallen. Beide Unregelmäſsig-
keiten wirken gegen einander, wie man sieht, und heben sich dadurch
zum Teil auf: das unter den verhältnismäſsig ungünstigeren Umständen
Eingeprägte wird unter verhältnismäſsig günstigeren Umständen wieder
gelernt und umgekehrt. Inwieweit aber diese Kompensation stattfindet
und inwieweit noch ein Rest der Ungleichheit der Bedingungen die
Resultate trübt, vermag ich nicht zu bestimmen.
§ 24.
Einfluſs der Erinnerung.
An dem regelmäſsigen Gange der gefundenen Resultate
scheint mir ein Moment noch besondere Beachtung zu ver-
dienen. Bei den Äuſserungen des Gedächtnisses im gewöhn-
lichen Leben ist der Unterschied von gröſster Bedeutung, ob
die Reproduktionen mit Erinnerung geschehen oder nicht, ob
also die wiederkehrenden Vorstellungen bloſs einfach wieder-
kehren, oder ob sich mit ihnen gleichzeitig ein Wissen davon
verbindet, daſs sie früher schon einmal vorhanden waren, und
eine Vorstellung der Umstände, von denen sie damals be-
gleitet waren. In diesem zweiten Falle nämlich gewinnen
sie für die praktischen Zwecke, die wir verfolgen, und für
die Bethätigung höheren geistigen Lebens einen höheren und
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