Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die mannigfaltige Weisheit GOttes. Und dennoch findet sich von allen keiner nicht,Der einen andern gleich an Linien im Gesicht: Was man etwan erzählt, ist schwerlich zu beweisen, Von denen die ganz gleich, nach den Gesichtes-Kreisen. Hieraus erkennen wir den weisesten Verstand, Der alles ändern kann; und eine Allmachtshand Die unbegreiflich weiß, durch wunderbahr Verbinden Des Schatten und des Lichts, den Unterscheid zu finden. Die Mischung des Geblüts, der Neigung Temprament, Was man Gemüthsart sonst, und Leidenschaften nennt, Sind ebenfals zertheilt, die sich wie Erd und Sternen, Jn ihren Unterscheid, aufs weiteste entfernen. Der ist hie zu geneigt, der andre will das nicht, Der saget hiezu Ja, wenn der verneinend spricht: Was diesen woll gefällt, das will dem nicht mehr schmekken, Und pflegt ihm oftermahls woll Ekkel zu erwekken, Der dritte wünschet was, das doch der vierte flieht, Der eine ist hier nach, der andere dort bemüht. Welch! Mannigfaltigkeit der Stände die verbunden Hat GOttes Weisheit nicht in dieser Welt erfunden? So mannigfaltiglich der Menschen Eigenschaft Verstand und Wille ist, und Seel und Leibeskraft: Geschäfft und Lebensstand; so vielfach die Naturen So unterschiedentlich die vielen Kreaturen: So vielmahl sehen wir, daß unser Zebaoth, Sich in der Welt uns zeigt, als ein allweisser GOtt; Der in der ganzen Welt, an Früchten Baum und Hügel An Menschen und am Vieh zeigt lauter Weisheits Spiegel Wenn wir mit kühnen Blik uns von der Erd erhöhn, Und die Beschaffenheit der Geister-Welt besehn: So dünkt uns daß wir dort in jenen ewgen Auen, Auch ein solch Mannigfalt an Engeln selbst beschauen. Die Erster Theil. Z
Die mannigfaltige Weisheit GOttes. Und dennoch findet ſich von allen keiner nicht,Der einen andern gleich an Linien im Geſicht: Was man etwan erzaͤhlt, iſt ſchwerlich zu beweiſen, Von denen die ganz gleich, nach den Geſichtes-Kreiſen. Hieraus erkennen wir den weiſeſten Verſtand, Der alles aͤndern kann; und eine Allmachtshand Die unbegreiflich weiß, durch wunderbahr Verbinden Des Schatten und des Lichts, den Unterſcheid zu finden. Die Miſchung des Gebluͤts, der Neigung Temprament, Was man Gemuͤthsart ſonſt, und Leidenſchaften nennt, Sind ebenfals zertheilt, die ſich wie Erd und Sternen, Jn ihren Unterſcheid, aufs weiteſte entfernen. Der iſt hie zu geneigt, der andre will das nicht, Der ſaget hiezu Ja, wenn der verneinend ſpricht: Was dieſen woll gefaͤllt, das will dem nicht mehr ſchmekken, Und pflegt ihm oftermahls woll Ekkel zu erwekken, Der dritte wuͤnſchet was, das doch der vierte flieht, Der eine iſt hier nach, der andere dort bemuͤht. Welch! Mannigfaltigkeit der Staͤnde die verbunden Hat GOttes Weisheit nicht in dieſer Welt erfunden? So mannigfaltiglich der Menſchen Eigenſchaft Verſtand und Wille iſt, und Seel und Leibeskraft: Geſchaͤfft und Lebensſtand; ſo vielfach die Naturen So unterſchiedentlich die vielen Kreaturen: So vielmahl ſehen wir, daß unſer Zebaoth, Sich in der Welt uns zeigt, als ein allweiſſer GOtt; Der in der ganzen Welt, an Fruͤchten Baum und Huͤgel An Menſchen und am Vieh zeigt lauter Weisheits Spiegel Wenn wir mit kuͤhnen Blik uns von der Erd erhoͤhn, Und die Beſchaffenheit der Geiſter-Welt beſehn: So duͤnkt uns daß wir dort in jenen ewgen Auen, Auch ein ſolch Mannigfalt an Engeln ſelbſt beſchauen. Die Erſter Theil. Z
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0369" n="353"/> <fw place="top" type="header">Die mannigfaltige Weisheit GOttes.</fw><lb/> <l>Und dennoch findet ſich von allen keiner nicht,</l><lb/> <l>Der einen andern gleich an Linien im Geſicht:</l><lb/> <l>Was man etwan erzaͤhlt, iſt ſchwerlich zu beweiſen,</l><lb/> <l>Von denen die ganz gleich, nach den Geſichtes-Kreiſen.</l><lb/> <l>Hieraus erkennen wir den weiſeſten Verſtand,</l><lb/> <l>Der alles aͤndern kann; und eine Allmachtshand</l><lb/> <l>Die unbegreiflich weiß, durch wunderbahr Verbinden</l><lb/> <l>Des Schatten und des Lichts, den Unterſcheid zu finden.</l><lb/> <l>Die Miſchung des Gebluͤts, der Neigung Temprament,</l><lb/> <l>Was man Gemuͤthsart ſonſt, und Leidenſchaften nennt,</l><lb/> <l>Sind ebenfals zertheilt, die ſich wie Erd und Sternen,</l><lb/> <l>Jn ihren Unterſcheid, aufs weiteſte entfernen.</l><lb/> <l>Der iſt hie zu geneigt, der andre will das nicht,</l><lb/> <l>Der ſaget hiezu Ja, wenn der verneinend ſpricht:</l><lb/> <l>Was dieſen woll gefaͤllt, das will dem nicht mehr</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchmekken,</hi> </l><lb/> <l>Und pflegt ihm oftermahls woll Ekkel zu erwekken,</l><lb/> <l>Der dritte wuͤnſchet was, das doch der vierte flieht,</l><lb/> <l>Der eine iſt hier nach, der andere dort bemuͤht.</l><lb/> <l>Welch! Mannigfaltigkeit der Staͤnde die verbunden</l><lb/> <l>Hat <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Weisheit nicht in dieſer Welt erfunden?</l><lb/> <l>So mannigfaltiglich der Menſchen Eigenſchaft</l><lb/> <l>Verſtand und Wille iſt, und Seel und Leibeskraft:</l><lb/> <l>Geſchaͤfft und Lebensſtand; ſo vielfach die Naturen</l><lb/> <l>So unterſchiedentlich die vielen Kreaturen:</l><lb/> <l>So vielmahl ſehen wir, daß unſer Zebaoth,</l><lb/> <l>Sich in der Welt uns zeigt, als ein allweiſſer GOtt;</l><lb/> <l>Der in der ganzen Welt, an Fruͤchten Baum und Huͤgel</l><lb/> <l>An Menſchen und am Vieh zeigt lauter Weisheits</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Spiegel</hi> </l><lb/> <l>Wenn wir mit kuͤhnen Blik uns von der Erd erhoͤhn,</l><lb/> <l>Und die Beſchaffenheit der Geiſter-Welt beſehn:</l><lb/> <l>So duͤnkt uns daß wir dort in jenen ewgen Auen,</l><lb/> <l>Auch ein ſolch Mannigfalt an Engeln ſelbſt beſchauen.</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Erſter Theil.</hi> Z</fw> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [353/0369]
Die mannigfaltige Weisheit GOttes.
Und dennoch findet ſich von allen keiner nicht,
Der einen andern gleich an Linien im Geſicht:
Was man etwan erzaͤhlt, iſt ſchwerlich zu beweiſen,
Von denen die ganz gleich, nach den Geſichtes-Kreiſen.
Hieraus erkennen wir den weiſeſten Verſtand,
Der alles aͤndern kann; und eine Allmachtshand
Die unbegreiflich weiß, durch wunderbahr Verbinden
Des Schatten und des Lichts, den Unterſcheid zu finden.
Die Miſchung des Gebluͤts, der Neigung Temprament,
Was man Gemuͤthsart ſonſt, und Leidenſchaften nennt,
Sind ebenfals zertheilt, die ſich wie Erd und Sternen,
Jn ihren Unterſcheid, aufs weiteſte entfernen.
Der iſt hie zu geneigt, der andre will das nicht,
Der ſaget hiezu Ja, wenn der verneinend ſpricht:
Was dieſen woll gefaͤllt, das will dem nicht mehr
ſchmekken,
Und pflegt ihm oftermahls woll Ekkel zu erwekken,
Der dritte wuͤnſchet was, das doch der vierte flieht,
Der eine iſt hier nach, der andere dort bemuͤht.
Welch! Mannigfaltigkeit der Staͤnde die verbunden
Hat GOttes Weisheit nicht in dieſer Welt erfunden?
So mannigfaltiglich der Menſchen Eigenſchaft
Verſtand und Wille iſt, und Seel und Leibeskraft:
Geſchaͤfft und Lebensſtand; ſo vielfach die Naturen
So unterſchiedentlich die vielen Kreaturen:
So vielmahl ſehen wir, daß unſer Zebaoth,
Sich in der Welt uns zeigt, als ein allweiſſer GOtt;
Der in der ganzen Welt, an Fruͤchten Baum und Huͤgel
An Menſchen und am Vieh zeigt lauter Weisheits
Spiegel
Wenn wir mit kuͤhnen Blik uns von der Erd erhoͤhn,
Und die Beſchaffenheit der Geiſter-Welt beſehn:
So duͤnkt uns daß wir dort in jenen ewgen Auen,
Auch ein ſolch Mannigfalt an Engeln ſelbſt beſchauen.
Die
Erſter Theil. Z
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |