Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Der Mensch gleicht Staub und Schatten. Homo pulvis & umbra. Der Mensch gleicht Staub und Schatten.
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Jch bin ein Mensch, ein dünn gewebter Schatten, Ohn allen Wiederspruch kan ich mich damit gatten, Heist es nicht in der Schrift, daß GOtt den Mensch gemacht, Aus einer rothen Erd den Leib herfürgebracht? Nicht Adam nur allein, wir sind ja allzusammen, Nichts als ein eitler Staub; weil wir daraus her- stammen. Hebt sich die Sonn hinweg; so fliegt der Schat- tenrauch, Ein schönes Ebenbild! so gehts den Menschen auch; Jst er zuvor aus Erd, durchs Schöpfers Macht gezogen, Nun stirbt er, und scheint uns, als wie ein Dunst verflogen. Regt sich der Menschen Leib, der Seelen leimern Haus, Jn einem Augenblik bläst er den Odem aus. Krönt dich o Mensch! ein Glük; so siehe zu der Erden, Hier siehst du, was du bist und was du bald must werden. Sieh K 4
Der Menſch gleicht Staub und Schatten. Homo pulvis & umbra. Der Menſch gleicht Staub und Schatten.
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Jch bin ein Menſch, ein duͤnn gewebter Schatten, Ohn allen Wiederſpruch kan ich mich damit gatten, Heiſt es nicht in der Schrift, daß GOtt den Menſch gemacht, Aus einer rothen Erd den Leib herfuͤrgebracht? Nicht Adam nur allein, wir ſind ja allzuſammen, Nichts als ein eitler Staub; weil wir daraus her- ſtammen. Hebt ſich die Sonn hinweg; ſo fliegt der Schat- tenrauch, Ein ſchoͤnes Ebenbild! ſo gehts den Menſchen auch; Jſt er zuvor aus Erd, durchs Schoͤpfers Macht gezogen, Nun ſtirbt er, und ſcheint uns, als wie ein Dunſt verflogen. Regt ſich der Menſchen Leib, der Seelen leimern Haus, Jn einem Augenblik blaͤſt er den Odem aus. Kroͤnt dich o Menſch! ein Gluͤk; ſo ſiehe zu der Erden, Hier ſiehſt du, was du biſt und was du bald muſt werden. Sieh K 4
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Der Menſch gleicht Staub und Schatten.
Homo pulvis & umbra.
Der Menſch gleicht Staub und
Schatten.
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Jch bin ein Menſch, ein duͤnn
gewebter Schatten,
Ohn allen Wiederſpruch kan ich
mich damit gatten,
Heiſt es nicht in der Schrift,
daß GOtt den Menſch gemacht,
Aus einer rothen Erd den Leib
herfuͤrgebracht?
Nicht Adam nur allein, wir ſind ja allzuſammen,
Nichts als ein eitler Staub; weil wir daraus her-
ſtammen.
Hebt ſich die Sonn hinweg; ſo fliegt der Schat-
tenrauch,
Ein ſchoͤnes Ebenbild! ſo gehts den Menſchen auch;
Jſt er zuvor aus Erd, durchs Schoͤpfers Macht
gezogen,
Nun ſtirbt er, und ſcheint uns, als wie ein Dunſt
verflogen.
Regt ſich der Menſchen Leib, der Seelen leimern
Haus,
Jn einem Augenblik blaͤſt er den Odem aus.
Kroͤnt dich o Menſch! ein Gluͤk; ſo ſiehe zu der
Erden,
Hier ſiehſt du, was du biſt und was du bald muſt
werden.
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K 4
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