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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Der Neid.
Der Neid ist lügenhaft im Dichten
Und frech die Unschuld zu vernichten;
Darüber seine Zung entflammt,
Der wird gleich ohnverhört verdammt:
Und wenn sein Gift das aus ihm quillet,
Nicht seinen bösen Zwek erfüllet,
Des andern Nahmen nicht verlezt;
So wird er gar in Wuth gesezt:
Alsdenn sucht er ohn zu erröhten,
Den, den er haßt, wol gar zu tödten.
Die Rachbegierde ist beym Neide,
So wie die falsche Schadenfreude;
Ein Neider stiftets gerne an,
Wenn er nur einen morden kan
Daß Cains Wuth durch Blutvergiessen
Den Todt zur Sünde machen müssen,
Der sonst der Sünden Strafe ist,
Das war des falschen Neides List,
Der ihn so schändlich angetrieben,
Den Mord am Bruder auszuüben.
Ein falscher Wahn muß ihn bethören,
Sein Misvergnügen zu vermehren:
Das Böse das der Neider thut,
Jst stets nach seiner Meinung gut.
Das Gute muß stets Böse heissen
Darum die andern sich befleissen:
Und wenn es seiner Wuth gelingt,
Daß er der Tugend Unglük bringt:
So ist er doch dabey vergnüget,
Wenn er auch selbsten mit erlieget.
So
N 5
Der Neid.
Der Neid iſt luͤgenhaft im Dichten
Und frech die Unſchuld zu vernichten;
Daruͤber ſeine Zung entflammt,
Der wird gleich ohnverhoͤrt verdammt:
Und wenn ſein Gift das aus ihm quillet,
Nicht ſeinen boͤſen Zwek erfuͤllet,
Des andern Nahmen nicht verlezt;
So wird er gar in Wuth geſezt:
Alsdenn ſucht er ohn zu erroͤhten,
Den, den er haßt, wol gar zu toͤdten.
Die Rachbegierde iſt beym Neide,
So wie die falſche Schadenfreude;
Ein Neider ſtiftets gerne an,
Wenn er nur einen morden kan
Daß Cains Wuth durch Blutvergieſſen
Den Todt zur Suͤnde machen muͤſſen,
Der ſonſt der Suͤnden Strafe iſt,
Das war des falſchen Neides Liſt,
Der ihn ſo ſchaͤndlich angetrieben,
Den Mord am Bruder auszuuͤben.
Ein falſcher Wahn muß ihn bethoͤren,
Sein Misvergnuͤgen zu vermehren:
Das Boͤſe das der Neider thut,
Jſt ſtets nach ſeiner Meinung gut.
Das Gute muß ſtets Boͤſe heiſſen
Darum die andern ſich befleiſſen:
Und wenn es ſeiner Wuth gelingt,
Daß er der Tugend Ungluͤk bringt:
So iſt er doch dabey vergnuͤget,
Wenn er auch ſelbſten mit erlieget.
So
N 5
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[201/0213] Der Neid. Der Neid iſt luͤgenhaft im Dichten Und frech die Unſchuld zu vernichten; Daruͤber ſeine Zung entflammt, Der wird gleich ohnverhoͤrt verdammt: Und wenn ſein Gift das aus ihm quillet, Nicht ſeinen boͤſen Zwek erfuͤllet, Des andern Nahmen nicht verlezt; So wird er gar in Wuth geſezt: Alsdenn ſucht er ohn zu erroͤhten, Den, den er haßt, wol gar zu toͤdten. Die Rachbegierde iſt beym Neide, So wie die falſche Schadenfreude; Ein Neider ſtiftets gerne an, Wenn er nur einen morden kan Daß Cains Wuth durch Blutvergieſſen Den Todt zur Suͤnde machen muͤſſen, Der ſonſt der Suͤnden Strafe iſt, Das war des falſchen Neides Liſt, Der ihn ſo ſchaͤndlich angetrieben, Den Mord am Bruder auszuuͤben. Ein falſcher Wahn muß ihn bethoͤren, Sein Misvergnuͤgen zu vermehren: Das Boͤſe das der Neider thut, Jſt ſtets nach ſeiner Meinung gut. Das Gute muß ſtets Boͤſe heiſſen Darum die andern ſich befleiſſen: Und wenn es ſeiner Wuth gelingt, Daß er der Tugend Ungluͤk bringt: So iſt er doch dabey vergnuͤget, Wenn er auch ſelbſten mit erlieget. So N 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/213>, abgerufen am 24.11.2024.