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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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das kostbarste Kleinod der Menschen.

Die weislich an einander sizzen,
Daß ein Glied kan den andren nüzzen:

Jedoch! in dieser Leibes Höle,
Jst ein belebter Geist, die Seele,
Die nach Vernunft und klarer Schrift,
Des Körpers Schönheit übertrift.
Dies ist der Geist der uns belebet,
Weit über alle Thiere hebet
Die nur die Sinnlichkeit regiert;
Dies ist der Geist den man verspürt,
Wenn in uns richtige Jdeen,
Und Schlüsse der Vernunft entstehen.
Die Seele ist durch GOttes Milde
Als die Copei von seinem Bilde,
Dem Menschen wunderbar geschenkt,
Und seinem Körper eingesenkt.
Wie herrlich war der Menschen Adel,
Als sie noch ohne allem Tadel,
Von Finsternis, Verkehrtheit frei.
Jedoch! daß sie noch kostbar sei,
Ein Kleinod daß nie gnug zu preisen,
Jst augenscheinlich zu beweisen.
Die Seele kan noch richtig denken,
Jhr Auge auf dem Schöpfer lenken,
Durch sie erkennen wir die Welt,
Die uns der Schöpfer fürgestellt;
Durch sie wird unser Leib bewogen,
Dem schnellen Untergang entzogen;
Durch sie empfinden wir was gut,
Durch sie verspüren wir die Glut
Der
O 5

das koſtbarſte Kleinod der Menſchen.

Die weislich an einander ſizzen,
Daß ein Glied kan den andren nuͤzzen:

Jedoch! in dieſer Leibes Hoͤle,
Jſt ein belebter Geiſt, die Seele,
Die nach Vernunft und klarer Schrift,
Des Koͤrpers Schoͤnheit uͤbertrift.
Dies iſt der Geiſt der uns belebet,
Weit uͤber alle Thiere hebet
Die nur die Sinnlichkeit regiert;
Dies iſt der Geiſt den man verſpuͤrt,
Wenn in uns richtige Jdeen,
Und Schluͤſſe der Vernunft entſtehen.
Die Seele iſt durch GOttes Milde
Als die Copei von ſeinem Bilde,
Dem Menſchen wunderbar geſchenkt,
Und ſeinem Koͤrper eingeſenkt.
Wie herrlich war der Menſchen Adel,
Als ſie noch ohne allem Tadel,
Von Finſternis, Verkehrtheit frei.
Jedoch! daß ſie noch koſtbar ſei,
Ein Kleinod daß nie gnug zu preiſen,
Jſt augenſcheinlich zu beweiſen.
Die Seele kan noch richtig denken,
Jhr Auge auf dem Schoͤpfer lenken,
Durch ſie erkennen wir die Welt,
Die uns der Schoͤpfer fuͤrgeſtellt;
Durch ſie wird unſer Leib bewogen,
Dem ſchnellen Untergang entzogen;
Durch ſie empfinden wir was gut,
Durch ſie verſpuͤren wir die Glut
Der
O 5
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[217/0229] das koſtbarſte Kleinod der Menſchen. Die weislich an einander ſizzen, Daß ein Glied kan den andren nuͤzzen: Jedoch! in dieſer Leibes Hoͤle, Jſt ein belebter Geiſt, die Seele, Die nach Vernunft und klarer Schrift, Des Koͤrpers Schoͤnheit uͤbertrift. Dies iſt der Geiſt der uns belebet, Weit uͤber alle Thiere hebet Die nur die Sinnlichkeit regiert; Dies iſt der Geiſt den man verſpuͤrt, Wenn in uns richtige Jdeen, Und Schluͤſſe der Vernunft entſtehen. Die Seele iſt durch GOttes Milde Als die Copei von ſeinem Bilde, Dem Menſchen wunderbar geſchenkt, Und ſeinem Koͤrper eingeſenkt. Wie herrlich war der Menſchen Adel, Als ſie noch ohne allem Tadel, Von Finſternis, Verkehrtheit frei. Jedoch! daß ſie noch koſtbar ſei, Ein Kleinod daß nie gnug zu preiſen, Jſt augenſcheinlich zu beweiſen. Die Seele kan noch richtig denken, Jhr Auge auf dem Schoͤpfer lenken, Durch ſie erkennen wir die Welt, Die uns der Schoͤpfer fuͤrgeſtellt; Durch ſie wird unſer Leib bewogen, Dem ſchnellen Untergang entzogen; Durch ſie empfinden wir was gut, Durch ſie verſpuͤren wir die Glut Der O 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/229>, abgerufen am 24.05.2024.