Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gedult.

Der Leidenschaften innre Pein
Die nimmt so gleich den Körper ein,
Wo ihre Wuth recht angefangen,
Da sind sie wie die Feuerschlangen:
Aus deren Bis ein Jäscht herfliest,
Der sich bis an das Herz ergießt.

Da wird das Blut zu sehr umdämmet,
Das Herze wird mit Angst beklemmet,
Und wenn es wie im Stürmen raßt
Wird es von Wirbeln aufgefaßt:
Da folget Schwindel, Schlag, Verlähmen,
Ein schneller Tod aufs zornigs Grämen:
Die Puls wird nicht so sehr bewegt,
Wenn man sein Leiden willig trägt.
Gedult ist bei den bangen Quälen,
Die beste Linderung der Seelen,
Und wenn uns ein Affect bekriegt,
So wird er dadurch bald besiegt.
Wir müssen allemahl gedenken,
Die Vorsicht, weis es so zu lenken,
Das alles uns zum Besten nüzt,
Wenn man in harten Leiden schwizt.
Mensch wilt du diese Tugend üben,
Wenn Welt und Bosheit dich betrüben:
So sieh stets auf der Vorsichts Spur
Behersche des Gemüths Natur;
Und suche den bewegten Willen,
Durch des Verstandes Licht zu stillen:
Denn durch desselben Heiterkeit,
Wird alles Traur-Gewölk zerstreut.
Beden-
X 4

Die Gedult.

Der Leidenſchaften innre Pein
Die nimmt ſo gleich den Koͤrper ein,
Wo ihre Wuth recht angefangen,
Da ſind ſie wie die Feuerſchlangen:
Aus deren Bis ein Jaͤſcht herflieſt,
Der ſich bis an das Herz ergießt.

Da wird das Blut zu ſehr umdaͤmmet,
Das Herze wird mit Angſt beklemmet,
Und wenn es wie im Stuͤrmen raßt
Wird es von Wirbeln aufgefaßt:
Da folget Schwindel, Schlag, Verlaͤhmen,
Ein ſchneller Tod aufs zornigs Graͤmen:
Die Puls wird nicht ſo ſehr bewegt,
Wenn man ſein Leiden willig traͤgt.
Gedult iſt bei den bangen Quaͤlen,
Die beſte Linderung der Seelen,
Und wenn uns ein Affect bekriegt,
So wird er dadurch bald beſiegt.
Wir muͤſſen allemahl gedenken,
Die Vorſicht, weis es ſo zu lenken,
Das alles uns zum Beſten nuͤzt,
Wenn man in harten Leiden ſchwizt.
Menſch wilt du dieſe Tugend uͤben,
Wenn Welt und Bosheit dich betruͤben:
So ſieh ſtets auf der Vorſichts Spur
Beherſche des Gemuͤths Natur;
Und ſuche den bewegten Willen,
Durch des Verſtandes Licht zu ſtillen:
Denn durch deſſelben Heiterkeit,
Wird alles Traur-Gewoͤlk zerſtreut.
Beden-
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg>
            <l>
              <pb facs="#f0339" n="327"/>
              <fw place="top" type="header">Die Gedult.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Der Leiden&#x017F;chaften innre Pein</l><lb/>
            <l>Die nimmt &#x017F;o gleich den Ko&#x0364;rper ein,</l><lb/>
            <l>Wo ihre Wuth recht angefangen,</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ind &#x017F;ie wie die Feuer&#x017F;chlangen:</l><lb/>
            <l>Aus deren Bis ein Ja&#x0364;&#x017F;cht herflie&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ich bis an das Herz ergießt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">D</hi>a wird das Blut zu &#x017F;ehr umda&#x0364;mmet,</l><lb/>
            <l>Das Herze wird mit Ang&#x017F;t beklemmet,</l><lb/>
            <l>Und wenn es wie im Stu&#x0364;rmen raßt</l><lb/>
            <l>Wird es von Wirbeln aufgefaßt:</l><lb/>
            <l>Da folget Schwindel, Schlag, Verla&#x0364;hmen,</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;chneller Tod aufs zornigs Gra&#x0364;men:</l><lb/>
            <l>Die Puls wird nicht &#x017F;o &#x017F;ehr bewegt,</l><lb/>
            <l>Wenn man &#x017F;ein Leiden willig tra&#x0364;gt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">G</hi>edult i&#x017F;t bei den bangen Qua&#x0364;len,</l><lb/>
            <l>Die be&#x017F;te Linderung der Seelen,</l><lb/>
            <l>Und wenn uns ein Affect bekriegt,</l><lb/>
            <l>So wird er dadurch bald be&#x017F;iegt.</l><lb/>
            <l>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en allemahl gedenken,</l><lb/>
            <l>Die Vor&#x017F;icht, weis es &#x017F;o zu lenken,</l><lb/>
            <l>Das alles uns zum Be&#x017F;ten nu&#x0364;zt,</l><lb/>
            <l>Wenn man in harten Leiden &#x017F;chwizt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">M</hi>en&#x017F;ch wilt du die&#x017F;e Tugend u&#x0364;ben,</l><lb/>
            <l>Wenn Welt und Bosheit dich betru&#x0364;ben:</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ieh &#x017F;tets auf der Vor&#x017F;ichts Spur</l><lb/>
            <l>Beher&#x017F;che des Gemu&#x0364;ths Natur;</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;uche den bewegten Willen,</l><lb/>
            <l>Durch des Ver&#x017F;tandes Licht zu &#x017F;tillen:</l><lb/>
            <l>Denn durch de&#x017F;&#x017F;elben Heiterkeit,</l><lb/>
            <l>Wird alles Traur-Gewo&#x0364;lk zer&#x017F;treut.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">X 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Beden-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0339] Die Gedult. Der Leidenſchaften innre Pein Die nimmt ſo gleich den Koͤrper ein, Wo ihre Wuth recht angefangen, Da ſind ſie wie die Feuerſchlangen: Aus deren Bis ein Jaͤſcht herflieſt, Der ſich bis an das Herz ergießt. Da wird das Blut zu ſehr umdaͤmmet, Das Herze wird mit Angſt beklemmet, Und wenn es wie im Stuͤrmen raßt Wird es von Wirbeln aufgefaßt: Da folget Schwindel, Schlag, Verlaͤhmen, Ein ſchneller Tod aufs zornigs Graͤmen: Die Puls wird nicht ſo ſehr bewegt, Wenn man ſein Leiden willig traͤgt. Gedult iſt bei den bangen Quaͤlen, Die beſte Linderung der Seelen, Und wenn uns ein Affect bekriegt, So wird er dadurch bald beſiegt. Wir muͤſſen allemahl gedenken, Die Vorſicht, weis es ſo zu lenken, Das alles uns zum Beſten nuͤzt, Wenn man in harten Leiden ſchwizt. Menſch wilt du dieſe Tugend uͤben, Wenn Welt und Bosheit dich betruͤben: So ſieh ſtets auf der Vorſichts Spur Beherſche des Gemuͤths Natur; Und ſuche den bewegten Willen, Durch des Verſtandes Licht zu ſtillen: Denn durch deſſelben Heiterkeit, Wird alles Traur-Gewoͤlk zerſtreut. Beden- X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/339
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/339>, abgerufen am 24.11.2024.