Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schaubühne der Welt.

Sieht man wie sich ein Mensch verwandelt,
Jn eine viehische Gestalt.

Wie ofte sieht man auf der Erden,
Daß Menschen wilde Thiere werden,
Es schäumet ihr vergiftet Blut
Jm Zorn, als wenn sie Löwen, Bären
Und Wölfe, ja noch ärger wären,
Bei ihrer Raserei und Wuth.
Wie viele Menschen sind zu finden,
Die sich in einem Fuchspelz winden,
Mit List und Macht das an sich ziehn;
Wornach sich andre die da leben,
Und sich der Redlichkeit bestreben,
Vergeblich und umsonst bemühn.
Wie ofte auf den Bühnen Affen,
Die listig thun und schmeichelnd gaffen,
Jn Menschen Kleidern zu besehn:
So findet man an allen Enden,
Wohin wir nur die Augen wenden,
Dergleichen hin und wieder gehn.
Die Torheit und ein albern Wesen,
Läst sich oft aus den Mienen lesen,
Die diese Affenmäßig zeigt:
Und jene die von Hochmuts-Orden,
Jst gar ein menschlich Pfau geworden,
Weil sie stets brüstend einher steigt.
So ungereimte Wundersachen,
Die kluge Menschen thöricht machen,
Sind

Die Schaubuͤhne der Welt.

Sieht man wie ſich ein Menſch verwandelt,
Jn eine viehiſche Geſtalt.

Wie ofte ſieht man auf der Erden,
Daß Menſchen wilde Thiere werden,
Es ſchaͤumet ihr vergiftet Blut
Jm Zorn, als wenn ſie Loͤwen, Baͤren
Und Woͤlfe, ja noch aͤrger waͤren,
Bei ihrer Raſerei und Wuth.
Wie viele Menſchen ſind zu finden,
Die ſich in einem Fuchspelz winden,
Mit Liſt und Macht das an ſich ziehn;
Wornach ſich andre die da leben,
Und ſich der Redlichkeit beſtreben,
Vergeblich und umſonſt bemuͤhn.
Wie ofte auf den Buͤhnen Affen,
Die liſtig thun und ſchmeichelnd gaffen,
Jn Menſchen Kleidern zu beſehn:
So findet man an allen Enden,
Wohin wir nur die Augen wenden,
Dergleichen hin und wieder gehn.
Die Torheit und ein albern Weſen,
Laͤſt ſich oft aus den Mienen leſen,
Die dieſe Affenmaͤßig zeigt:
Und jene die von Hochmuts-Orden,
Jſt gar ein menſchlich Pfau geworden,
Weil ſie ſtets bruͤſtend einher ſteigt.
So ungereimte Wunderſachen,
Die kluge Menſchen thoͤricht machen,
Sind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="37">
            <l>
              <pb facs="#f0094" n="82"/>
              <fw place="top" type="header">Die Schaubu&#x0364;hne der Welt.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Sieht man wie &#x017F;ich ein Men&#x017F;ch verwandelt,</l><lb/>
            <l>Jn eine viehi&#x017F;che Ge&#x017F;talt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="38">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie ofte &#x017F;ieht man auf der Erden,</l><lb/>
            <l>Daß Men&#x017F;chen wilde Thiere werden,</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;cha&#x0364;umet ihr vergiftet Blut</l><lb/>
            <l>Jm Zorn, als wenn &#x017F;ie Lo&#x0364;wen, Ba&#x0364;ren</l><lb/>
            <l>Und Wo&#x0364;lfe, ja noch a&#x0364;rger wa&#x0364;ren,</l><lb/>
            <l>Bei ihrer Ra&#x017F;erei und Wuth.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="39">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie viele Men&#x017F;chen &#x017F;ind zu finden,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich in einem Fuchspelz winden,</l><lb/>
            <l>Mit Li&#x017F;t und Macht das an &#x017F;ich ziehn;</l><lb/>
            <l>Wornach &#x017F;ich andre die da leben,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich der Redlichkeit be&#x017F;treben,</l><lb/>
            <l>Vergeblich und um&#x017F;on&#x017F;t bemu&#x0364;hn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="40">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie ofte auf den Bu&#x0364;hnen Affen,</l><lb/>
            <l>Die li&#x017F;tig thun und &#x017F;chmeichelnd gaffen,</l><lb/>
            <l>Jn Men&#x017F;chen Kleidern zu be&#x017F;ehn:</l><lb/>
            <l>So findet man an allen Enden,</l><lb/>
            <l>Wohin wir nur die Augen wenden,</l><lb/>
            <l>Dergleichen hin und wieder gehn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="41">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Torheit und ein albern We&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>La&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich oft aus den Mienen le&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Die die&#x017F;e Affenma&#x0364;ßig zeigt:</l><lb/>
            <l>Und jene die von Hochmuts-Orden,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t gar ein men&#x017F;chlich Pfau geworden,</l><lb/>
            <l>Weil &#x017F;ie &#x017F;tets bru&#x0364;&#x017F;tend einher &#x017F;teigt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="42">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>o ungereimte Wunder&#x017F;achen,</l><lb/>
            <l>Die kluge Men&#x017F;chen tho&#x0364;richt machen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sind</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0094] Die Schaubuͤhne der Welt. Sieht man wie ſich ein Menſch verwandelt, Jn eine viehiſche Geſtalt. Wie ofte ſieht man auf der Erden, Daß Menſchen wilde Thiere werden, Es ſchaͤumet ihr vergiftet Blut Jm Zorn, als wenn ſie Loͤwen, Baͤren Und Woͤlfe, ja noch aͤrger waͤren, Bei ihrer Raſerei und Wuth. Wie viele Menſchen ſind zu finden, Die ſich in einem Fuchspelz winden, Mit Liſt und Macht das an ſich ziehn; Wornach ſich andre die da leben, Und ſich der Redlichkeit beſtreben, Vergeblich und umſonſt bemuͤhn. Wie ofte auf den Buͤhnen Affen, Die liſtig thun und ſchmeichelnd gaffen, Jn Menſchen Kleidern zu beſehn: So findet man an allen Enden, Wohin wir nur die Augen wenden, Dergleichen hin und wieder gehn. Die Torheit und ein albern Weſen, Laͤſt ſich oft aus den Mienen leſen, Die dieſe Affenmaͤßig zeigt: Und jene die von Hochmuts-Orden, Jſt gar ein menſchlich Pfau geworden, Weil ſie ſtets bruͤſtend einher ſteigt. So ungereimte Wunderſachen, Die kluge Menſchen thoͤricht machen, Sind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/94
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/94>, abgerufen am 21.11.2024.