Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Keuschheit.
Auch in dem Bund geschlossner Ehen,
Jst ihre Reinligkeit zu sehen,
Sie sieht den Zwek des Schöpfers an,
Warum der Ehebund geschlossen;
Wie man nach GOttes Ordnung Sprossen,
Der wahren Liebe zeugen kan:
Sie folgt dem eingepflanzten Triebe,
Und ihre Lust bleibt keusche Liebe.
O! Tugend wo bist du zu finden,
Wo sind die die sich so verbinden,
Auf GOttes Zwek allein zu sehn;
Wo sind die keuschen Seltenheiten,
Die Fleisch und Blute widerstreiten
Jn der umschränkten Ordnung gehn;
Die durch ein unermüdet Kämpfen,
Die Regung böser Lüste dämpfen?
Wie viele die mit reinen Wangen,
Wie Lilljen ohne Flekken prangen,
Sind auch im Herzen also rein;
Die ihr euch keusche Seelen nennet,
Und diese Tugend nicht recht kennet,
Jhr liebet nur den äusren Schein;
Hingegen ist das wahre Wesen,
Jn eurer Seele nicht zu lesen.
Jhr rühmt euch dieser Himmels Gaben,
Und wünscht doch gerne das zu haben,
Was GOttes Recht euch hat versagt;
Jhr ziehet die entbrandtnen Blikke,
Nie von den Vorwurff gern zurükke,
Der eure innre Lust behagt;
Wie
Die Keuſchheit.
Auch in dem Bund geſchloſſner Ehen,
Jſt ihre Reinligkeit zu ſehen,
Sie ſieht den Zwek des Schoͤpfers an,
Warum der Ehebund geſchloſſen;
Wie man nach GOttes Ordnung Sproſſen,
Der wahren Liebe zeugen kan:
Sie folgt dem eingepflanzten Triebe,
Und ihre Luſt bleibt keuſche Liebe.
O! Tugend wo biſt du zu finden,
Wo ſind die die ſich ſo verbinden,
Auf GOttes Zwek allein zu ſehn;
Wo ſind die keuſchen Seltenheiten,
Die Fleiſch und Blute widerſtreiten
Jn der umſchraͤnkten Ordnung gehn;
Die durch ein unermuͤdet Kaͤmpfen,
Die Regung boͤſer Luͤſte daͤmpfen?
Wie viele die mit reinen Wangen,
Wie Lilljen ohne Flekken prangen,
Sind auch im Herzen alſo rein;
Die ihr euch keuſche Seelen nennet,
Und dieſe Tugend nicht recht kennet,
Jhr liebet nur den aͤuſren Schein;
Hingegen iſt das wahre Weſen,
Jn eurer Seele nicht zu leſen.
Jhr ruͤhmt euch dieſer Himmels Gaben,
Und wuͤnſcht doch gerne das zu haben,
Was GOttes Recht euch hat verſagt;
Jhr ziehet die entbrandtnen Blikke,
Nie von den Vorwurff gern zuruͤkke,
Der eure innre Luſt behagt;
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0260" n="148[248]"/>
          <fw place="top" type="header">Die Keu&#x017F;chheit.</fw><lb/>
          <lg n="15">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>uch in dem Bund ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ner Ehen,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t ihre Reinligkeit zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;ieht den Zwek des Scho&#x0364;pfers an,</l><lb/>
            <l>Warum der Ehebund ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Wie man nach <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Ordnung Spro&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Der wahren Liebe zeugen kan:</l><lb/>
            <l>Sie folgt dem eingepflanzten Triebe,</l><lb/>
            <l>Und ihre Lu&#x017F;t bleibt keu&#x017F;che Liebe.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l><hi rendition="#in">O!</hi> Tugend wo bi&#x017F;t du zu finden,</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ind die die &#x017F;ich &#x017F;o verbinden,</l><lb/>
            <l>Auf <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Zwek allein zu &#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ind die keu&#x017F;chen Seltenheiten,</l><lb/>
            <l>Die Flei&#x017F;ch und Blute wider&#x017F;treiten</l><lb/>
            <l>Jn der um&#x017F;chra&#x0364;nkten Ordnung gehn;</l><lb/>
            <l>Die durch ein unermu&#x0364;det Ka&#x0364;mpfen,</l><lb/>
            <l>Die Regung bo&#x0364;&#x017F;er Lu&#x0364;&#x017F;te da&#x0364;mpfen?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie viele die mit reinen Wangen,</l><lb/>
            <l>Wie Lilljen ohne Flekken prangen,</l><lb/>
            <l>Sind auch im Herzen al&#x017F;o rein;</l><lb/>
            <l>Die ihr euch keu&#x017F;che Seelen nennet,</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;e Tugend nicht recht kennet,</l><lb/>
            <l>Jhr liebet nur den a&#x0364;u&#x017F;ren Schein;</l><lb/>
            <l>Hingegen i&#x017F;t das wahre We&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Jn eurer Seele nicht zu le&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>hr ru&#x0364;hmt euch die&#x017F;er Himmels Gaben,</l><lb/>
            <l>Und wu&#x0364;n&#x017F;cht doch gerne das zu haben,</l><lb/>
            <l>Was <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Recht euch hat ver&#x017F;agt;</l><lb/>
            <l>Jhr ziehet die entbrandtnen Blikke,</l><lb/>
            <l>Nie von den Vorwurff gern zuru&#x0364;kke,</l><lb/>
            <l>Der eure innre Lu&#x017F;t behagt;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148[248]/0260] Die Keuſchheit. Auch in dem Bund geſchloſſner Ehen, Jſt ihre Reinligkeit zu ſehen, Sie ſieht den Zwek des Schoͤpfers an, Warum der Ehebund geſchloſſen; Wie man nach GOttes Ordnung Sproſſen, Der wahren Liebe zeugen kan: Sie folgt dem eingepflanzten Triebe, Und ihre Luſt bleibt keuſche Liebe. O! Tugend wo biſt du zu finden, Wo ſind die die ſich ſo verbinden, Auf GOttes Zwek allein zu ſehn; Wo ſind die keuſchen Seltenheiten, Die Fleiſch und Blute widerſtreiten Jn der umſchraͤnkten Ordnung gehn; Die durch ein unermuͤdet Kaͤmpfen, Die Regung boͤſer Luͤſte daͤmpfen? Wie viele die mit reinen Wangen, Wie Lilljen ohne Flekken prangen, Sind auch im Herzen alſo rein; Die ihr euch keuſche Seelen nennet, Und dieſe Tugend nicht recht kennet, Jhr liebet nur den aͤuſren Schein; Hingegen iſt das wahre Weſen, Jn eurer Seele nicht zu leſen. Jhr ruͤhmt euch dieſer Himmels Gaben, Und wuͤnſcht doch gerne das zu haben, Was GOttes Recht euch hat verſagt; Jhr ziehet die entbrandtnen Blikke, Nie von den Vorwurff gern zuruͤkke, Der eure innre Luſt behagt; Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/260
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 148[248]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/260>, abgerufen am 22.12.2024.