Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Völlerei.
Wer zu den wahren GOtt will einen Mammon
sezen,

Der will zwei Herrn verehrn: und das geht nim-
mer an,

Weil kein berauschtes Herz den Schöpfer dienen
kan;

Der ein Gemüth verlangt, das heilig sich erhebet,
Und nach der Fürschrifft sich, die er uns giebt, be-
strebet.

Ein Herz das sich zum Tisch, der woll besezt, stets
lenkt

Jst dem Magnete gleich der sich zum Eisen schwenkt;
Ein Herz das sich zum Trunk zu übermäßig neiget,
Das sieht sein höchstes Gut, wenn man ein Wein-
glas zeiget.

So wie ein Wasserhuhn sein Elemente liebt,
Und sich gar offte nicht aus seinem Schlam begiebt;
So machts ein Trunkenbold er bleibt in seinen
Pfüzen,

Bei einem vollen Glas, ganz ohngestöret sizen,
Und fraget nichts nach GOtt, der unser Herscher
ist;

Weil er bei den Gesöff denselben gar vergißt;
Sein taumelnder Verstand, und die berauschten
Sinnen,

Die können keinen GOtt, den geistisch lieb ge-
winnen.

Und wacht der Schwelger auf, denkt er an einen
GOtt,

Der alles Böse strafft, und der ein Zebaoth;
So ist sein Gottesdienst ein unbedachtsam Plappern,
Ein eiteles Geräusch, als wenn die Störche klappern.
Jndem ein Trunkenbold den grossen Schöpfer ehrt,
Der seinen Leib betäubt, und sein Gemüth be-
schwert;

So
Die Voͤllerei.
Wer zu den wahren GOtt will einen Mammon
ſezen,

Der will zwei Herrn verehrn: und das geht nim-
mer an,

Weil kein berauſchtes Herz den Schoͤpfer dienen
kan;

Der ein Gemuͤth verlangt, das heilig ſich erhebet,
Und nach der Fuͤrſchrifft ſich, die er uns giebt, be-
ſtrebet.

Ein Herz das ſich zum Tiſch, der woll beſezt, ſtets
lenkt

Jſt dem Magnete gleich der ſich zum Eiſen ſchwenkt;
Ein Herz das ſich zum Trunk zu uͤbermaͤßig neiget,
Das ſieht ſein hoͤchſtes Gut, wenn man ein Wein-
glas zeiget.

So wie ein Waſſerhuhn ſein Elemente liebt,
Und ſich gar offte nicht aus ſeinem Schlam begiebt;
So machts ein Trunkenbold er bleibt in ſeinen
Pfuͤzen,

Bei einem vollen Glas, ganz ohngeſtoͤret ſizen,
Und fraget nichts nach GOtt, der unſer Herſcher
iſt;

Weil er bei den Geſoͤff denſelben gar vergißt;
Sein taumelnder Verſtand, und die berauſchten
Sinnen,

Die koͤnnen keinen GOtt, den geiſtiſch lieb ge-
winnen.

Und wacht der Schwelger auf, denkt er an einen
GOtt,

Der alles Boͤſe ſtrafft, und der ein Zebaoth;
So iſt ſein Gottesdienſt ein unbedachtſam Plappern,
Ein eiteles Geraͤuſch, als wenn die Stoͤrche klappern.
Jndem ein Trunkenbold den groſſen Schoͤpfer ehrt,
Der ſeinen Leib betaͤubt, und ſein Gemuͤth be-
ſchwert;

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0278" n="266"/>
          <fw place="top" type="header">Die Vo&#x0364;llerei.</fw><lb/>
          <l>Wer zu den wahren <hi rendition="#fr">GOtt</hi> will einen Mammon<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ezen,</hi></l><lb/>
          <l>Der will zwei Herrn verehrn: und das geht nim-<lb/><hi rendition="#et">mer an,</hi></l><lb/>
          <l>Weil kein berau&#x017F;chtes Herz den Scho&#x0364;pfer dienen<lb/><hi rendition="#et">kan;</hi></l><lb/>
          <l>Der ein Gemu&#x0364;th verlangt, das heilig &#x017F;ich erhebet,</l><lb/>
          <l>Und nach der Fu&#x0364;r&#x017F;chrifft &#x017F;ich, die er uns giebt, be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trebet.</hi></l><lb/>
          <l>Ein Herz das &#x017F;ich zum Ti&#x017F;ch, der woll be&#x017F;ezt, &#x017F;tets<lb/><hi rendition="#et">lenkt</hi></l><lb/>
          <l>J&#x017F;t dem Magnete gleich der &#x017F;ich zum Ei&#x017F;en &#x017F;chwenkt;</l><lb/>
          <l>Ein Herz das &#x017F;ich zum Trunk zu u&#x0364;berma&#x0364;ßig neiget,</l><lb/>
          <l>Das &#x017F;ieht &#x017F;ein ho&#x0364;ch&#x017F;tes Gut, wenn man ein Wein-<lb/><hi rendition="#et">glas zeiget.</hi></l><lb/>
          <l>So wie ein Wa&#x017F;&#x017F;erhuhn &#x017F;ein Elemente liebt,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ich gar offte nicht aus &#x017F;einem Schlam begiebt;</l><lb/>
          <l>So machts ein Trunkenbold er bleibt in &#x017F;einen<lb/><hi rendition="#et">Pfu&#x0364;zen,</hi></l><lb/>
          <l>Bei einem vollen Glas, ganz ohnge&#x017F;to&#x0364;ret &#x017F;izen,</l><lb/>
          <l>Und fraget nichts nach <hi rendition="#fr">GOtt,</hi> der un&#x017F;er Her&#x017F;cher<lb/><hi rendition="#et">i&#x017F;t;</hi></l><lb/>
          <l>Weil er bei den Ge&#x017F;o&#x0364;ff den&#x017F;elben gar vergißt;</l><lb/>
          <l>Sein taumelnder Ver&#x017F;tand, und die berau&#x017F;chten<lb/><hi rendition="#et">Sinnen,</hi></l><lb/>
          <l>Die ko&#x0364;nnen keinen <hi rendition="#fr">GOtt,</hi> den gei&#x017F;ti&#x017F;ch lieb ge-<lb/><hi rendition="#et">winnen.</hi></l><lb/>
          <l>Und wacht der Schwelger auf, denkt er an einen<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">GOtt,</hi></hi></l><lb/>
          <l>Der alles Bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;trafft, und der ein Zebaoth;</l><lb/>
          <l>So i&#x017F;t &#x017F;ein Gottesdien&#x017F;t ein unbedacht&#x017F;am Plappern,</l><lb/>
          <l>Ein eiteles Gera&#x0364;u&#x017F;ch, als wenn die Sto&#x0364;rche klappern.</l><lb/>
          <l>Jndem ein Trunkenbold den gro&#x017F;&#x017F;en Scho&#x0364;pfer ehrt,</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;einen Leib beta&#x0364;ubt, und &#x017F;ein Gemu&#x0364;th be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chwert;</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0278] Die Voͤllerei. Wer zu den wahren GOtt will einen Mammon ſezen, Der will zwei Herrn verehrn: und das geht nim- mer an, Weil kein berauſchtes Herz den Schoͤpfer dienen kan; Der ein Gemuͤth verlangt, das heilig ſich erhebet, Und nach der Fuͤrſchrifft ſich, die er uns giebt, be- ſtrebet. Ein Herz das ſich zum Tiſch, der woll beſezt, ſtets lenkt Jſt dem Magnete gleich der ſich zum Eiſen ſchwenkt; Ein Herz das ſich zum Trunk zu uͤbermaͤßig neiget, Das ſieht ſein hoͤchſtes Gut, wenn man ein Wein- glas zeiget. So wie ein Waſſerhuhn ſein Elemente liebt, Und ſich gar offte nicht aus ſeinem Schlam begiebt; So machts ein Trunkenbold er bleibt in ſeinen Pfuͤzen, Bei einem vollen Glas, ganz ohngeſtoͤret ſizen, Und fraget nichts nach GOtt, der unſer Herſcher iſt; Weil er bei den Geſoͤff denſelben gar vergißt; Sein taumelnder Verſtand, und die berauſchten Sinnen, Die koͤnnen keinen GOtt, den geiſtiſch lieb ge- winnen. Und wacht der Schwelger auf, denkt er an einen GOtt, Der alles Boͤſe ſtrafft, und der ein Zebaoth; So iſt ſein Gottesdienſt ein unbedachtſam Plappern, Ein eiteles Geraͤuſch, als wenn die Stoͤrche klappern. Jndem ein Trunkenbold den groſſen Schoͤpfer ehrt, Der ſeinen Leib betaͤubt, und ſein Gemuͤth be- ſchwert; So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/278
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/278>, abgerufen am 07.10.2024.