Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Lehrreiche Kirchhoff.

Jn seinen Todeskampf verschlungen,
Da er uns ewgen Sieg errungen.

Der Schauplaz unser Eitelkeit,
Der Kirchhof hat mit seinen Knochen,
Die Lust und Last, die Freud das Leid
Bei vielen heilsam unterbrochen:
Er zeigt uns wie die Welt ein Land,
Darin des Wechsels Unbestand;
Wie bald die Lust und Leidensstunden
Der Flügelschnellen Zeit, verschwunden.
Wie viele liegen hier verdekt,
Die manchen guten Tag genossen;
Wie viele sind hier auch verstekt,
Aus deren Augen Thränen flossen:
Und dieses führet meinen Sinn,
Auf meines Lebens Vorwurf hin:
Es wechselt darin Leid und Freude:
Jm Todt verschwinden alle beide.
Und daraus ziehe ich den Schlus:
Es soll kein irdisches Vergnügen,
Und auch kein zeitlicher Verdrus,
Mich ganz betäuben und besiegen.
Der Kirchhoff zeigt mir deutlich an,
Wie Freud und Leid sich ändern kan;
Wenn mich der Todt wird in die Zellen
Zu der erblichnen Schaar gesellen.
Mein GOtt! gib das ein jeder Blik,
Der hie durch Aug das Herze rühret,
Und auf das traurige Geschik,
Das innre Angedenken führet,
Zu-

Der Lehrreiche Kirchhoff.

Jn ſeinen Todeskampf verſchlungen,
Da er uns ewgen Sieg errungen.

Der Schauplaz unſer Eitelkeit,
Der Kirchhof hat mit ſeinen Knochen,
Die Luſt und Laſt, die Freud das Leid
Bei vielen heilſam unterbrochen:
Er zeigt uns wie die Welt ein Land,
Darin des Wechſels Unbeſtand;
Wie bald die Luſt und Leidensſtunden
Der Fluͤgelſchnellen Zeit, verſchwunden.
Wie viele liegen hier verdekt,
Die manchen guten Tag genoſſen;
Wie viele ſind hier auch verſtekt,
Aus deren Augen Thraͤnen floſſen:
Und dieſes fuͤhret meinen Sinn,
Auf meines Lebens Vorwurf hin:
Es wechſelt darin Leid und Freude:
Jm Todt verſchwinden alle beide.
Und daraus ziehe ich den Schlus:
Es ſoll kein irdiſches Vergnuͤgen,
Und auch kein zeitlicher Verdrus,
Mich ganz betaͤuben und beſiegen.
Der Kirchhoff zeigt mir deutlich an,
Wie Freud und Leid ſich aͤndern kan;
Wenn mich der Todt wird in die Zellen
Zu der erblichnen Schaar geſellen.
Mein GOtt! gib das ein jeder Blik,
Der hie durch Aug das Herze ruͤhret,
Und auf das traurige Geſchik,
Das innre Angedenken fuͤhret,
Zu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="39">
            <l>
              <pb facs="#f0332" n="320"/>
              <fw place="top" type="header">Der Lehrreiche Kirchhoff.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;einen Todeskampf ver&#x017F;chlungen,</l><lb/>
            <l>Da er uns ewgen Sieg errungen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="40">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>er Schauplaz un&#x017F;er Eitelkeit,</l><lb/>
            <l>Der Kirchhof hat mit &#x017F;einen Knochen,</l><lb/>
            <l>Die Lu&#x017F;t und La&#x017F;t, die Freud das Leid</l><lb/>
            <l>Bei vielen heil&#x017F;am unterbrochen:</l><lb/>
            <l>Er zeigt uns wie die Welt ein Land,</l><lb/>
            <l>Darin des Wech&#x017F;els Unbe&#x017F;tand;</l><lb/>
            <l>Wie bald die Lu&#x017F;t und Leidens&#x017F;tunden</l><lb/>
            <l>Der Flu&#x0364;gel&#x017F;chnellen Zeit, ver&#x017F;chwunden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="41">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie viele liegen hier verdekt,</l><lb/>
            <l>Die manchen guten Tag geno&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Wie viele &#x017F;ind hier auch ver&#x017F;tekt,</l><lb/>
            <l>Aus deren Augen Thra&#x0364;nen flo&#x017F;&#x017F;en:</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;es fu&#x0364;hret meinen Sinn,</l><lb/>
            <l>Auf meines Lebens Vorwurf hin:</l><lb/>
            <l>Es wech&#x017F;elt darin Leid und Freude:</l><lb/>
            <l>Jm Todt ver&#x017F;chwinden alle beide.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="42">
            <l><hi rendition="#in">U</hi>nd daraus ziehe ich den Schlus:</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;oll kein irdi&#x017F;ches Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Und auch kein zeitlicher Verdrus,</l><lb/>
            <l>Mich ganz beta&#x0364;uben und be&#x017F;iegen.</l><lb/>
            <l>Der Kirchhoff zeigt mir deutlich an,</l><lb/>
            <l>Wie Freud und Leid &#x017F;ich a&#x0364;ndern kan;</l><lb/>
            <l>Wenn mich der Todt wird in die Zellen</l><lb/>
            <l>Zu der erblichnen Schaar ge&#x017F;ellen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="43">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>ein <hi rendition="#fr">GOtt!</hi> gib das ein jeder Blik,</l><lb/>
            <l>Der hie durch Aug das Herze ru&#x0364;hret,</l><lb/>
            <l>Und auf das traurige Ge&#x017F;chik,</l><lb/>
            <l>Das innre Angedenken fu&#x0364;hret,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zu-</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0332] Der Lehrreiche Kirchhoff. Jn ſeinen Todeskampf verſchlungen, Da er uns ewgen Sieg errungen. Der Schauplaz unſer Eitelkeit, Der Kirchhof hat mit ſeinen Knochen, Die Luſt und Laſt, die Freud das Leid Bei vielen heilſam unterbrochen: Er zeigt uns wie die Welt ein Land, Darin des Wechſels Unbeſtand; Wie bald die Luſt und Leidensſtunden Der Fluͤgelſchnellen Zeit, verſchwunden. Wie viele liegen hier verdekt, Die manchen guten Tag genoſſen; Wie viele ſind hier auch verſtekt, Aus deren Augen Thraͤnen floſſen: Und dieſes fuͤhret meinen Sinn, Auf meines Lebens Vorwurf hin: Es wechſelt darin Leid und Freude: Jm Todt verſchwinden alle beide. Und daraus ziehe ich den Schlus: Es ſoll kein irdiſches Vergnuͤgen, Und auch kein zeitlicher Verdrus, Mich ganz betaͤuben und beſiegen. Der Kirchhoff zeigt mir deutlich an, Wie Freud und Leid ſich aͤndern kan; Wenn mich der Todt wird in die Zellen Zu der erblichnen Schaar geſellen. Mein GOtt! gib das ein jeder Blik, Der hie durch Aug das Herze ruͤhret, Und auf das traurige Geſchik, Das innre Angedenken fuͤhret, Zu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/332
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/332>, abgerufen am 11.10.2024.