Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Vorrede. mit zufriedenen Gemüthe dieselbigen ansehenköntest. Allein ich zweifle an deiner Zufrie- denheit, weil ich mit meinen eignen Gebur- then, und ihrer Gestalt gar nicht zu frieden bin, welche man nach Art der Menschen doch gar leicht vor gut hält; weil sie von uns herstammen. Jch wil dir ein aufrich- tiges Urtheil zum voraus davon fällen: Da- mit du, dir, die Mühe nicht nehmen darfst, dieselbigen nach ihren Werthe zu richten. Es sind unreiffe Früchte, und denen Gewäch- sen zu vergleichen, welche in denen Treib- häusern, durch Gewalt der Hizze heraus ge- trieben werden, ehe sie durch die Natur zei- tig gemacht. Diese Gewächse haben nie die Gestalt und den Geschmak, als welche die freiwillige Natur, zu einer, ihr gelegnen Zeit liefert. Und so ist er auch mit den Früchten unsers Geistes beschaffen, und vornemlich mit denen, die in gebundner Schreibart sol- len
Vorrede. mit zufriedenen Gemuͤthe dieſelbigen anſehenkoͤnteſt. Allein ich zweifle an deiner Zufrie- denheit, weil ich mit meinen eignen Gebur- then, und ihrer Geſtalt gar nicht zu frieden bin, welche man nach Art der Menſchen doch gar leicht vor gut haͤlt; weil ſie von uns herſtammen. Jch wil dir ein aufrich- tiges Urtheil zum voraus davon faͤllen: Da- mit du, dir, die Muͤhe nicht nehmen darfſt, dieſelbigen nach ihren Werthe zu richten. Es ſind unreiffe Fruͤchte, und denen Gewaͤch- ſen zu vergleichen, welche in denen Treib- haͤuſern, durch Gewalt der Hizze heraus ge- trieben werden, ehe ſie durch die Natur zei- tig gemacht. Dieſe Gewaͤchſe haben nie die Geſtalt und den Geſchmak, als welche die freiwillige Natur, zu einer, ihr gelegnen Zeit liefert. Und ſo iſt er auch mit den Fruͤchten unſers Geiſtes beſchaffen, und vornemlich mit denen, die in gebundner Schreibart ſol- len
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Vorrede.
mit zufriedenen Gemuͤthe dieſelbigen anſehen
koͤnteſt. Allein ich zweifle an deiner Zufrie-
denheit, weil ich mit meinen eignen Gebur-
then, und ihrer Geſtalt gar nicht zu frieden
bin, welche man nach Art der Menſchen
doch gar leicht vor gut haͤlt; weil ſie von
uns herſtammen. Jch wil dir ein aufrich-
tiges Urtheil zum voraus davon faͤllen: Da-
mit du, dir, die Muͤhe nicht nehmen darfſt,
dieſelbigen nach ihren Werthe zu richten.
Es ſind unreiffe Fruͤchte, und denen Gewaͤch-
ſen zu vergleichen, welche in denen Treib-
haͤuſern, durch Gewalt der Hizze heraus ge-
trieben werden, ehe ſie durch die Natur zei-
tig gemacht. Dieſe Gewaͤchſe haben nie die
Geſtalt und den Geſchmak, als welche die
freiwillige Natur, zu einer, ihr gelegnen Zeit
liefert. Und ſo iſt er auch mit den Fruͤchten
unſers Geiſtes beſchaffen, und vornemlich
mit denen, die in gebundner Schreibart ſol-
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