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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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eines Egyptischen Tempels.
Des Aberglaubens Pracht ward auch daselbst zu
sehn,

An Tempeln, welche sehr der Gözzen Werth erhöhn.
Man baute Häuser auf, worin die Götter wohnen
Aus prächtgen Marmorstein, die gleich den Königs
thronen.

Ein Schimmerreiches Gold verdekte Maur und Wand,
Das innre Heiligthum ward köstlich überspannt
Mit Dekken die gestikt mit Perlen, Edelsteinen
Wer solche Tempel sah, der muste Wunder meinen.
Was vor ein grosser GOtt im Heiligsten verdekt,
Und in der Dunkelheit die Ehrfurcht bringt, verstekt:
Allein wer sich nur wagt, ins Heiligste zu gehen
Der wird nur Corcodil und Affen drinnen sehen;
Die in der Sacristei in finstren Loch verwahrt.
Es fiel mir dabei ein: So ist der Heuchler Art,
Jhr Aussenwerk ist schön, und ihr scheinheiligs We-
sen,

Giebt uns was sonderbahr und herrliches zu lesen:
Man meinet, daß sie recht des Geistes Tempel seyn:
Und in der That ist es ein übergüldter Schein.
Wenn man genau erforscht des Herzens wahre Triebe,
So ist ihr Göz ein Aff; ich mein die Eigenliebe.


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eines Egyptiſchen Tempels.
Des Aberglaubens Pracht ward auch daſelbſt zu
ſehn,

An Tempeln, welche ſehr der Goͤzzen Werth erhoͤhn.
Man baute Haͤuſer auf, worin die Goͤtter wohnen
Aus praͤchtgen Marmorſtein, die gleich den Koͤnigs
thronen.

Ein Schimmerreiches Gold verdekte Maur und Wand,
Das innre Heiligthum ward koͤſtlich uͤberſpannt
Mit Dekken die geſtikt mit Perlen, Edelſteinen
Wer ſolche Tempel ſah, der muſte Wunder meinen.
Was vor ein groſſer GOtt im Heiligſten verdekt,
Und in der Dunkelheit die Ehrfurcht bringt, verſtekt:
Allein wer ſich nur wagt, ins Heiligſte zu gehen
Der wird nur Corcodil und Affen drinnen ſehen;
Die in der Sacriſtei in finſtren Loch verwahrt.
Es fiel mir dabei ein: So iſt der Heuchler Art,
Jhr Auſſenwerk iſt ſchoͤn, und ihr ſcheinheiligs We-
ſen,

Giebt uns was ſonderbahr und herrliches zu leſen:
Man meinet, daß ſie recht des Geiſtes Tempel ſeyn:
Und in der That iſt es ein uͤberguͤldter Schein.
Wenn man genau erforſcht des Herzens wahre Triebe,
So iſt ihr Goͤz ein Aff; ich mein die Eigenliebe.


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[185/0201] eines Egyptiſchen Tempels. Des Aberglaubens Pracht ward auch daſelbſt zu ſehn, An Tempeln, welche ſehr der Goͤzzen Werth erhoͤhn. Man baute Haͤuſer auf, worin die Goͤtter wohnen Aus praͤchtgen Marmorſtein, die gleich den Koͤnigs thronen. Ein Schimmerreiches Gold verdekte Maur und Wand, Das innre Heiligthum ward koͤſtlich uͤberſpannt Mit Dekken die geſtikt mit Perlen, Edelſteinen Wer ſolche Tempel ſah, der muſte Wunder meinen. Was vor ein groſſer GOtt im Heiligſten verdekt, Und in der Dunkelheit die Ehrfurcht bringt, verſtekt: Allein wer ſich nur wagt, ins Heiligſte zu gehen Der wird nur Corcodil und Affen drinnen ſehen; Die in der Sacriſtei in finſtren Loch verwahrt. Es fiel mir dabei ein: So iſt der Heuchler Art, Jhr Auſſenwerk iſt ſchoͤn, und ihr ſcheinheiligs We- ſen, Giebt uns was ſonderbahr und herrliches zu leſen: Man meinet, daß ſie recht des Geiſtes Tempel ſeyn: Und in der That iſt es ein uͤberguͤldter Schein. Wenn man genau erforſcht des Herzens wahre Triebe, So iſt ihr Goͤz ein Aff; ich mein die Eigenliebe. Un- M 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/201>, abgerufen am 22.11.2024.