Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Der Winter. Die sich an denen Dächern drehn; Das Eis daswie ein Silber glüht, Wenn drauf ein matt gebrochner Strahl der weit entfernten Sonne glänzet, Scheint eine Silberblum zu seyn, womit der Dä- cher Rand umkränzet. Der Geist denkt dabei freudig nach: Mein GOtt! wie flüßig, klar und rein, Jst dieses angefrorne Naß, mit seinen blauen Sil- berschein; Wie wunderbahr, wie schön, muß nicht zum hol- den Vorwurf unsrer Sinnen, Durch Trieb der bildenden Natur ein tröpfelnd Naß zusammen rinnen? Dies wird das gierge Auge auch, am Fenstern die gefrorn, gewahr, Da sieht man mit vergnügter Lust, des Morgens wie recht wunderbar, Die starren Scheiben ausgeziert, mit Bildern gleich- sam ausgeschmükket, Worin so mancherlei Figur ohn einen Finger einge- drükket. Dies künstlich Schattenwerk zerfliest, das wie ein Dunst ins Glas geprägt, Wenn des erhizten Ofens Glut, die Kälte aus den Zimmer jägt, Und wenn der Sonnenblik drauf fält, da wir an ihren Schmelzen sehen, Wie bald das Blendwerk eitler Lust, könn, wenn es uns vergnügt, vergehen. Der funkelnde Kristal das Eis der eine rege Flut bebrükt, Schenkt uns auch eine Winterlust, weil drob das Auge wird entzükt, Wie A 4
Der Winter. Die ſich an denen Daͤchern drehn; Das Eis daswie ein Silber gluͤht, Wenn drauf ein matt gebrochner Strahl der weit entfernten Sonne glaͤnzet, Scheint eine Silberblum zu ſeyn, womit der Daͤ- cher Rand umkraͤnzet. Der Geiſt denkt dabei freudig nach: Mein GOtt! wie fluͤßig, klar und rein, Jſt dieſes angefrorne Naß, mit ſeinen blauen Sil- berſchein; Wie wunderbahr, wie ſchoͤn, muß nicht zum hol- den Vorwurf unſrer Sinnen, Durch Trieb der bildenden Natur ein troͤpfelnd Naß zuſammen rinnen? Dies wird das gierge Auge auch, am Fenſtern die gefrorn, gewahr, Da ſieht man mit vergnuͤgter Luſt, des Morgens wie recht wunderbar, Die ſtarren Scheiben ausgeziert, mit Bildern gleich- ſam ausgeſchmuͤkket, Worin ſo mancherlei Figur ohn einen Finger einge- druͤkket. Dies kuͤnſtlich Schattenwerk zerflieſt, das wie ein Dunſt ins Glas gepraͤgt, Wenn des erhizten Ofens Glut, die Kaͤlte aus den Zimmer jaͤgt, Und wenn der Sonnenblik drauf faͤlt, da wir an ihren Schmelzen ſehen, Wie bald das Blendwerk eitler Luſt, koͤnn, wenn es uns vergnuͤgt, vergehen. Der funkelnde Kriſtal das Eis der eine rege Flut bebruͤkt, Schenkt uns auch eine Winterluſt, weil drob das Auge wird entzuͤkt, Wie A 4
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Der Winter.
Die ſich an denen Daͤchern drehn; Das Eis das
wie ein Silber gluͤht,
Wenn drauf ein matt gebrochner Strahl der weit
entfernten Sonne glaͤnzet,
Scheint eine Silberblum zu ſeyn, womit der Daͤ-
cher Rand umkraͤnzet.
Der Geiſt denkt dabei freudig nach: Mein GOtt!
wie fluͤßig, klar und rein,
Jſt dieſes angefrorne Naß, mit ſeinen blauen Sil-
berſchein;
Wie wunderbahr, wie ſchoͤn, muß nicht zum hol-
den Vorwurf unſrer Sinnen,
Durch Trieb der bildenden Natur ein troͤpfelnd
Naß zuſammen rinnen?
Dies wird das gierge Auge auch, am Fenſtern die
gefrorn, gewahr,
Da ſieht man mit vergnuͤgter Luſt, des Morgens
wie recht wunderbar,
Die ſtarren Scheiben ausgeziert, mit Bildern gleich-
ſam ausgeſchmuͤkket,
Worin ſo mancherlei Figur ohn einen Finger einge-
druͤkket.
Dies kuͤnſtlich Schattenwerk zerflieſt, das wie ein
Dunſt ins Glas gepraͤgt,
Wenn des erhizten Ofens Glut, die Kaͤlte aus den
Zimmer jaͤgt,
Und wenn der Sonnenblik drauf faͤlt, da wir an
ihren Schmelzen ſehen,
Wie bald das Blendwerk eitler Luſt, koͤnn, wenn
es uns vergnuͤgt, vergehen.
Der funkelnde Kriſtal das Eis der eine rege Flut
bebruͤkt,
Schenkt uns auch eine Winterluſt, weil drob
das Auge wird entzuͤkt,
Wie
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