Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Der Winter. Sich und den andern ebenfals den Sturtz zum jähenFall bereiten. Das glitschend schwärmende Gedräng der Läuffer rennt auf tieffen Meer Darin des Abgrunds Kluft verstekt, mit frohen Jauchzen hin und her, Wo sie ein schneller Stoß bedreut, da sie mit stol- pernden Bewegen, Aus ihrem Gleichgewicht gerükt, auf einmahl sich zu Boden legen. Der andre glitschet hinten aus, daß ihm des Kop- fes Wirbel kracht, Und wird von einem Schadenfroh mit falschen Mie- nen noch belacht; Doch eh derselbe sichs versieht; so ist er mit den schnellen Schritten, Auf dieser schlüpfrig glatten Bahn, da er meint, fest zu stehn, geglitten. Dies ist ein Beispiel das uns lehrt, wie leicht die flüchtge Jugend fällt, Auf einer schlüpfrig glatten Bahn in der verfürisch falschen Welt, Und wie nichts desto weniger das eitle Herz ein Lust- spiel suchet, Das man am Ausgang erst erkennt, und als ein Trauerspiel verfluchet. Beglükt ist der der glatten Bahn, bei flüchtiger Ge- fahr entgeht, Und seinen festen Stand behält, wenn er sich schwe- bend darauf dreht, Doch ist vielmehr beglükt der Mensch, der sich darin mit Lust bespiegelt, Das auch so schnell der Lebenslauf, als dessen Lauf der wie beflügelt, Auf A 5
Der Winter. Sich und den andern ebenfals den Sturtz zum jaͤhenFall bereiten. Das glitſchend ſchwaͤrmende Gedraͤng der Laͤuffer rennt auf tieffen Meer Darin des Abgrunds Kluft verſtekt, mit frohen Jauchzen hin und her, Wo ſie ein ſchneller Stoß bedreut, da ſie mit ſtol- pernden Bewegen, Aus ihrem Gleichgewicht geruͤkt, auf einmahl ſich zu Boden legen. Der andre glitſchet hinten aus, daß ihm des Kop- fes Wirbel kracht, Und wird von einem Schadenfroh mit falſchen Mie- nen noch belacht; Doch eh derſelbe ſichs verſieht; ſo iſt er mit den ſchnellen Schritten, Auf dieſer ſchluͤpfrig glatten Bahn, da er meint, feſt zu ſtehn, geglitten. Dies iſt ein Beiſpiel das uns lehrt, wie leicht die fluͤchtge Jugend faͤllt, Auf einer ſchluͤpfrig glatten Bahn in der verfuͤriſch falſchen Welt, Und wie nichts deſto weniger das eitle Herz ein Luſt- ſpiel ſuchet, Das man am Ausgang erſt erkennt, und als ein Trauerſpiel verfluchet. Begluͤkt iſt der der glatten Bahn, bei fluͤchtiger Ge- fahr entgeht, Und ſeinen feſten Stand behaͤlt, wenn er ſich ſchwe- bend darauf dreht, Doch iſt vielmehr begluͤkt der Menſch, der ſich darin mit Luſt beſpiegelt, Das auch ſo ſchnell der Lebenslauf, als deſſen Lauf der wie befluͤgelt, Auf A 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0025" n="9"/> <fw place="top" type="header">Der Winter.</fw><lb/> <l>Sich und den andern ebenfals den Sturtz zum jaͤhen<lb/><hi rendition="#et">Fall bereiten.</hi></l><lb/> <l>Das glitſchend ſchwaͤrmende Gedraͤng der Laͤuffer<lb/><hi rendition="#et">rennt auf tieffen Meer</hi></l><lb/> <l>Darin des Abgrunds Kluft verſtekt, mit frohen<lb/><hi rendition="#et">Jauchzen hin und her,</hi></l><lb/> <l>Wo ſie ein ſchneller Stoß bedreut, da ſie mit ſtol-<lb/><hi rendition="#et">pernden Bewegen,</hi></l><lb/> <l>Aus ihrem Gleichgewicht geruͤkt, auf einmahl ſich<lb/><hi rendition="#et">zu Boden legen.</hi></l><lb/> <l>Der andre glitſchet hinten aus, daß ihm des Kop-<lb/><hi rendition="#et">fes Wirbel kracht,</hi></l><lb/> <l>Und wird von einem Schadenfroh mit falſchen Mie-<lb/><hi rendition="#et">nen noch belacht;</hi></l><lb/> <l>Doch eh derſelbe ſichs verſieht; ſo iſt er mit den<lb/><hi rendition="#et">ſchnellen Schritten,</hi></l><lb/> <l>Auf dieſer ſchluͤpfrig glatten Bahn, da er meint,<lb/><hi rendition="#et">feſt zu ſtehn, geglitten.</hi></l><lb/> <l>Dies iſt ein Beiſpiel das uns lehrt, wie leicht die<lb/><hi rendition="#et">fluͤchtge Jugend faͤllt,</hi></l><lb/> <l>Auf einer ſchluͤpfrig glatten Bahn in der verfuͤriſch<lb/><hi rendition="#et">falſchen Welt,</hi></l><lb/> <l>Und wie nichts deſto weniger das eitle Herz ein Luſt-<lb/><hi rendition="#et">ſpiel ſuchet,</hi></l><lb/> <l>Das man am Ausgang erſt erkennt, und als ein<lb/><hi rendition="#et">Trauerſpiel verfluchet.</hi></l><lb/> <l>Begluͤkt iſt der der glatten Bahn, bei fluͤchtiger Ge-<lb/><hi rendition="#et">fahr entgeht,</hi></l><lb/> <l>Und ſeinen feſten Stand behaͤlt, wenn er ſich ſchwe-<lb/><hi rendition="#et">bend darauf dreht,</hi></l><lb/> <l>Doch iſt vielmehr begluͤkt der Menſch, der ſich<lb/><hi rendition="#et">darin mit Luſt beſpiegelt,</hi></l><lb/> <l>Das auch ſo ſchnell der Lebenslauf, als deſſen Lauf<lb/><hi rendition="#et">der wie befluͤgelt,</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Auf</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [9/0025]
Der Winter.
Sich und den andern ebenfals den Sturtz zum jaͤhen
Fall bereiten.
Das glitſchend ſchwaͤrmende Gedraͤng der Laͤuffer
rennt auf tieffen Meer
Darin des Abgrunds Kluft verſtekt, mit frohen
Jauchzen hin und her,
Wo ſie ein ſchneller Stoß bedreut, da ſie mit ſtol-
pernden Bewegen,
Aus ihrem Gleichgewicht geruͤkt, auf einmahl ſich
zu Boden legen.
Der andre glitſchet hinten aus, daß ihm des Kop-
fes Wirbel kracht,
Und wird von einem Schadenfroh mit falſchen Mie-
nen noch belacht;
Doch eh derſelbe ſichs verſieht; ſo iſt er mit den
ſchnellen Schritten,
Auf dieſer ſchluͤpfrig glatten Bahn, da er meint,
feſt zu ſtehn, geglitten.
Dies iſt ein Beiſpiel das uns lehrt, wie leicht die
fluͤchtge Jugend faͤllt,
Auf einer ſchluͤpfrig glatten Bahn in der verfuͤriſch
falſchen Welt,
Und wie nichts deſto weniger das eitle Herz ein Luſt-
ſpiel ſuchet,
Das man am Ausgang erſt erkennt, und als ein
Trauerſpiel verfluchet.
Begluͤkt iſt der der glatten Bahn, bei fluͤchtiger Ge-
fahr entgeht,
Und ſeinen feſten Stand behaͤlt, wenn er ſich ſchwe-
bend darauf dreht,
Doch iſt vielmehr begluͤkt der Menſch, der ſich
darin mit Luſt beſpiegelt,
Das auch ſo ſchnell der Lebenslauf, als deſſen Lauf
der wie befluͤgelt,
Auf
A 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |