Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Ged. über dieaufrecht gestellte Figur der Menschen. Und an dem Himmlischen find er nur sein Ergöz-zen: Er denkt die Kreatur, die theils vom Himmel stammt, Die findet ihre Ruh nicht bei dem Erden-Schäz- zen. Ein Mensch, der wie ein Wurm im Koth der Erde wühlt, Und mit gebükten Haupt stets nach dem Staube blikket; Und keinen andern Trieb, als nur zu Dingen fühlt, Die auf der Erde sind, und sich damit verstrikket, Der ist ein menschlich Thier. Wie viele sind nun nicht, Die ihr erhabnes Haupt, blos nach dem Kothe len- ken, Sie sind aufrecht gemacht mit ihren Angesicht: Und wollen als ein Thier sich doch zur Erde sen- ken. Jhr Menschen! denkt daran, so offt ihr euch an- seht; Eur Adel zeigt sich auch in dem erhabnen Haupte, Der Kopf ist aufgericht, zum Himmlischen erhöht, Dies sieht ein jeder an: O! woll dem der auch glaubte: Es sey nun seine Pflicht, die Eitelkeit zu fliehn, So ferne sie das Herz vom rechten Ziel verrük- ket; Ein Mensch der müsse sich nach solchem Gut be- mühn, Wodurch die Seele wird, nicht blos der Leib be- glükket. O! woll dem dessen Aug stets nach den Ziele schaut, Und
Ged. uͤber dieaufrecht geſtellte Figur der Menſchen. Und an dem Himmliſchen find er nur ſein Ergoͤz-zen: Er denkt die Kreatur, die theils vom Himmel ſtammt, Die findet ihre Ruh nicht bei dem Erden-Schaͤz- zen. Ein Menſch, der wie ein Wurm im Koth der Erde wuͤhlt, Und mit gebuͤkten Haupt ſtets nach dem Staube blikket; Und keinen andern Trieb, als nur zu Dingen fuͤhlt, Die auf der Erde ſind, und ſich damit verſtrikket, Der iſt ein menſchlich Thier. Wie viele ſind nun nicht, Die ihr erhabnes Haupt, blos nach dem Kothe len- ken, Sie ſind aufrecht gemacht mit ihren Angeſicht: Und wollen als ein Thier ſich doch zur Erde ſen- ken. Jhr Menſchen! denkt daran, ſo offt ihr euch an- ſeht; Eur Adel zeigt ſich auch in dem erhabnen Haupte, Der Kopf iſt aufgericht, zum Himmliſchen erhoͤht, Dies ſieht ein jeder an: O! woll dem der auch glaubte: Es ſey nun ſeine Pflicht, die Eitelkeit zu fliehn, So ferne ſie das Herz vom rechten Ziel verruͤk- ket; Ein Menſch der muͤſſe ſich nach ſolchem Gut be- muͤhn, Wodurch die Seele wird, nicht blos der Leib be- gluͤkket. O! woll dem deſſen Aug ſtets nach den Ziele ſchaut, Und
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Ged. uͤber dieaufrecht geſtellte Figur der Menſchen.
Und an dem Himmliſchen find er nur ſein Ergoͤz-
zen:
Er denkt die Kreatur, die theils vom Himmel ſtammt,
Die findet ihre Ruh nicht bei dem Erden-Schaͤz-
zen.
Ein Menſch, der wie ein Wurm im Koth der Erde
wuͤhlt,
Und mit gebuͤkten Haupt ſtets nach dem Staube
blikket;
Und keinen andern Trieb, als nur zu Dingen fuͤhlt,
Die auf der Erde ſind, und ſich damit verſtrikket,
Der iſt ein menſchlich Thier. Wie viele ſind nun
nicht,
Die ihr erhabnes Haupt, blos nach dem Kothe len-
ken,
Sie ſind aufrecht gemacht mit ihren Angeſicht:
Und wollen als ein Thier ſich doch zur Erde ſen-
ken.
Jhr Menſchen! denkt daran, ſo offt ihr euch an-
ſeht;
Eur Adel zeigt ſich auch in dem erhabnen Haupte,
Der Kopf iſt aufgericht, zum Himmliſchen erhoͤht,
Dies ſieht ein jeder an: O! woll dem der auch
glaubte:
Es ſey nun ſeine Pflicht, die Eitelkeit zu fliehn,
So ferne ſie das Herz vom rechten Ziel verruͤk-
ket;
Ein Menſch der muͤſſe ſich nach ſolchem Gut be-
muͤhn,
Wodurch die Seele wird, nicht blos der Leib be-
gluͤkket.
O! woll dem deſſen Aug ſtets nach den Ziele
ſchaut,
Und
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