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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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Die Falschheit der Welt.
Menschen! wollen Schaffe heissen,
Und als Wölffe doch zerreissen,
Den der sich zu sehr vertraut;
O! betrügrisch falsche Wolle
Der Verdammten Heuchler-Rolle,
Da man solche Klauen schaut,
Die sich in dem Pelz verhüllen,
Damit sie den Rachen füllen.
Die wie Crocodille weinen,
Und wie die Sirenen scheinen,
Sind fast keine Menschen mehr;
Denn die süssen Augenblikke,
Die voll innrer Wuth und Tükke,
Stammen von dem Teufel her;
Man giebt ihnen ihren Nahmen,
Wenn sie heissen Schlangen-Saamen.
Falsche Welt! du Zauberinne,
Sieh einmahl nach jener Zinne,
Wo die Redligkeit noch thront;
Wende dein verstellt Gesichte
Einmahl nach den Sternen Lichte
Und bedenke wer da wohnt:
Da herscht GOtt vor dessen Augen,
Deine Thaten gar nichts taugen.
Dieser Herscher sieht die Tükke,
Dieses Königs helle Blikke,
Sehen
Die Falſchheit der Welt.
Menſchen! wollen Schaffe heiſſen,
Und als Woͤlffe doch zerreiſſen,
Den der ſich zu ſehr vertraut;
O! betruͤgriſch falſche Wolle
Der Verdammten Heuchler-Rolle,
Da man ſolche Klauen ſchaut,
Die ſich in dem Pelz verhuͤllen,
Damit ſie den Rachen fuͤllen.
Die wie Crocodille weinen,
Und wie die Sirenen ſcheinen,
Sind faſt keine Menſchen mehr;
Denn die ſuͤſſen Augenblikke,
Die voll innrer Wuth und Tuͤkke,
Stammen von dem Teufel her;
Man giebt ihnen ihren Nahmen,
Wenn ſie heiſſen Schlangen-Saamen.
Falſche Welt! du Zauberinne,
Sieh einmahl nach jener Zinne,
Wo die Redligkeit noch thront;
Wende dein verſtellt Geſichte
Einmahl nach den Sternen Lichte
Und bedenke wer da wohnt:
Da herſcht GOtt vor deſſen Augen,
Deine Thaten gar nichts taugen.
Dieſer Herſcher ſieht die Tuͤkke,
Dieſes Koͤnigs helle Blikke,
Sehen
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[271/0287] Die Falſchheit der Welt. Menſchen! wollen Schaffe heiſſen, Und als Woͤlffe doch zerreiſſen, Den der ſich zu ſehr vertraut; O! betruͤgriſch falſche Wolle Der Verdammten Heuchler-Rolle, Da man ſolche Klauen ſchaut, Die ſich in dem Pelz verhuͤllen, Damit ſie den Rachen fuͤllen. Die wie Crocodille weinen, Und wie die Sirenen ſcheinen, Sind faſt keine Menſchen mehr; Denn die ſuͤſſen Augenblikke, Die voll innrer Wuth und Tuͤkke, Stammen von dem Teufel her; Man giebt ihnen ihren Nahmen, Wenn ſie heiſſen Schlangen-Saamen. Falſche Welt! du Zauberinne, Sieh einmahl nach jener Zinne, Wo die Redligkeit noch thront; Wende dein verſtellt Geſichte Einmahl nach den Sternen Lichte Und bedenke wer da wohnt: Da herſcht GOtt vor deſſen Augen, Deine Thaten gar nichts taugen. Dieſer Herſcher ſieht die Tuͤkke, Dieſes Koͤnigs helle Blikke, Sehen

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/287>, abgerufen am 26.06.2024.