Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Das wundernswürdige Verhältnis So ist des Meisters Bild auch darin abgedrük-ket. Es scheint als wenn der Mensch, wenn man ihm recht betracht, Nach einen Zirkelschlag und Masstab sey gemacht; Dies lehrt uns daß ein GOtt der Meister sey zu nennen: Man seh den Leib nur an; aus allen kan man ken- nen, Daß uns ein weiser HErr zum Schönheits Bild ersehn; Jhr Zweifler! die ihr dies nicht wollet eingestehn; Sagt: Ob ein Ohngefehr so Kunstreich uns gefü- get, Das Haupt und Leib und Fuß nach dem Verhält- nis lieget? Wenn ihr euch dieses kühn zu sagen noch getraut; So glaubet ihr auch leicht, ein Haus das schön ge- baut, Sey Körpers ausgemessen, bemerken, daß einjeder sechs-
mahl länger sey, als er breit ist, zehnmahl so lang als er auf seiner Brust dik ist, viermahl so lang, als seine Hand bis an den Ellenbogen reichet. Eben so lang, als er mit seinem beiden Armen abspannen kan. Ein jeder Mensch ist sechsmahl so lang als sein Fuß ist, vier und zwanzigmahl so lang, als seine ausge- strekte platte Hand, zwei und siebenzigmahl so lang, als sein Daumen breit ist, sechs und neunzigmahl so lang als sein Finger breit ist u. s. w. Es kommen also mehr als hundert tausend Verhältnisse des einen Gliedes an den Körper gegen das andre heraus, wenn man sie alle ausrechnen wolte. Und diese sind bey allen ge- sund gebohrnen Menschen richtig, und treffen durch- gehends sehr genaue ein. Das wundernswuͤrdige Verhaͤltnis So iſt des Meiſters Bild auch darin abgedruͤk-ket. Es ſcheint als wenn der Menſch, wenn man ihm recht betracht, Nach einen Zirkelſchlag und Masſtab ſey gemacht; Dies lehrt uns daß ein GOtt der Meiſter ſey zu nennen: Man ſeh den Leib nur an; aus allen kan man ken- nen, Daß uns ein weiſer HErr zum Schoͤnheits Bild erſehn; Jhr Zweifler! die ihr dies nicht wollet eingeſtehn; Sagt: Ob ein Ohngefehr ſo Kunſtreich uns gefuͤ- get, Das Haupt und Leib und Fuß nach dem Verhaͤlt- nis lieget? Wenn ihr euch dieſes kuͤhn zu ſagen noch getraut; So glaubet ihr auch leicht, ein Haus das ſchoͤn ge- baut, Sey Koͤrpers ausgemeſſen, bemerken, daß einjeder ſechs-
mahl laͤnger ſey, als er breit iſt, zehnmahl ſo lang als er auf ſeiner Bruſt dik iſt, viermahl ſo lang, als ſeine Hand bis an den Ellenbogen reichet. Eben ſo lang, als er mit ſeinem beiden Armen abſpannen kan. Ein jeder Menſch iſt ſechsmahl ſo lang als ſein Fuß iſt, vier und zwanzigmahl ſo lang, als ſeine ausge- ſtrekte platte Hand, zwei und ſiebenzigmahl ſo lang, als ſein Daumen breit iſt, ſechs und neunzigmahl ſo lang als ſein Finger breit iſt u. ſ. w. Es kommen alſo mehr als hundert tauſend Verhaͤltniſſe des einen Gliedes an den Koͤrper gegen das andre heraus, wenn man ſie alle ausrechnen wolte. Und dieſe ſind bey allen ge- ſund gebohrnen Menſchen richtig, und treffen durch- gehends ſehr genaue ein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0298" n="282"/> <fw place="top" type="header">Das wundernswuͤrdige Verhaͤltnis</fw><lb/> <l>So iſt des Meiſters Bild auch darin abgedruͤk-<lb/><hi rendition="#et">ket.</hi></l><lb/> <l>Es ſcheint als wenn der Menſch, wenn man ihm<lb/><hi rendition="#et">recht betracht,</hi></l><lb/> <l>Nach einen Zirkelſchlag und Masſtab ſey gemacht;</l><lb/> <l>Dies lehrt uns daß ein <hi rendition="#fr">GOtt</hi> der Meiſter ſey zu<lb/><hi rendition="#et">nennen:</hi></l><lb/> <l>Man ſeh den Leib nur an; aus allen kan man ken-<lb/><hi rendition="#et">nen,</hi></l><lb/> <l>Daß uns ein weiſer HErr zum Schoͤnheits Bild<lb/><hi rendition="#et">erſehn;</hi></l><lb/> <l>Jhr Zweifler! die ihr dies nicht wollet eingeſtehn;</l><lb/> <l>Sagt: Ob ein Ohngefehr ſo Kunſtreich uns gefuͤ-<lb/><hi rendition="#et">get,</hi></l><lb/> <l>Das Haupt und Leib und Fuß nach dem Verhaͤlt-<lb/><hi rendition="#et">nis lieget?</hi></l><lb/> <l>Wenn ihr euch dieſes kuͤhn zu ſagen noch getraut;</l><lb/> <l>So glaubet ihr auch leicht, ein Haus das ſchoͤn ge-<lb/><hi rendition="#et">baut,</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sey</fw><lb/> <l> <note xml:id="f06" prev="#f05" place="foot" n="(*)">Koͤrpers ausgemeſſen, bemerken, daß einjeder ſechs-<lb/> mahl laͤnger ſey, als er breit iſt, zehnmahl ſo lang<lb/> als er auf ſeiner Bruſt dik iſt, viermahl ſo lang, als<lb/> ſeine Hand bis an den Ellenbogen reichet. Eben ſo<lb/> lang, als er mit ſeinem beiden Armen abſpannen kan.<lb/> Ein jeder Menſch iſt ſechsmahl ſo lang als ſein Fuß<lb/> iſt, vier und zwanzigmahl ſo lang, als ſeine ausge-<lb/> ſtrekte platte Hand, zwei und ſiebenzigmahl ſo lang,<lb/> als ſein Daumen breit iſt, ſechs und neunzigmahl ſo lang<lb/> als ſein Finger breit iſt u. ſ. w. Es kommen alſo mehr<lb/> als hundert tauſend Verhaͤltniſſe des einen Gliedes<lb/> an den Koͤrper gegen das andre heraus, wenn man<lb/> ſie alle ausrechnen wolte. Und dieſe ſind bey allen ge-<lb/> ſund gebohrnen Menſchen richtig, und treffen durch-<lb/> gehends ſehr genaue ein.</note> </l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [282/0298]
Das wundernswuͤrdige Verhaͤltnis
So iſt des Meiſters Bild auch darin abgedruͤk-
ket.
Es ſcheint als wenn der Menſch, wenn man ihm
recht betracht,
Nach einen Zirkelſchlag und Masſtab ſey gemacht;
Dies lehrt uns daß ein GOtt der Meiſter ſey zu
nennen:
Man ſeh den Leib nur an; aus allen kan man ken-
nen,
Daß uns ein weiſer HErr zum Schoͤnheits Bild
erſehn;
Jhr Zweifler! die ihr dies nicht wollet eingeſtehn;
Sagt: Ob ein Ohngefehr ſo Kunſtreich uns gefuͤ-
get,
Das Haupt und Leib und Fuß nach dem Verhaͤlt-
nis lieget?
Wenn ihr euch dieſes kuͤhn zu ſagen noch getraut;
So glaubet ihr auch leicht, ein Haus das ſchoͤn ge-
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(*) Koͤrpers ausgemeſſen, bemerken, daß einjeder ſechs-
mahl laͤnger ſey, als er breit iſt, zehnmahl ſo lang
als er auf ſeiner Bruſt dik iſt, viermahl ſo lang, als
ſeine Hand bis an den Ellenbogen reichet. Eben ſo
lang, als er mit ſeinem beiden Armen abſpannen kan.
Ein jeder Menſch iſt ſechsmahl ſo lang als ſein Fuß
iſt, vier und zwanzigmahl ſo lang, als ſeine ausge-
ſtrekte platte Hand, zwei und ſiebenzigmahl ſo lang,
als ſein Daumen breit iſt, ſechs und neunzigmahl ſo lang
als ſein Finger breit iſt u. ſ. w. Es kommen alſo mehr
als hundert tauſend Verhaͤltniſſe des einen Gliedes
an den Koͤrper gegen das andre heraus, wenn man
ſie alle ausrechnen wolte. Und dieſe ſind bey allen ge-
ſund gebohrnen Menſchen richtig, und treffen durch-
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