Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Der Winter. Wie gütig unser Schöpfer sey, der uns auch kanim Winter laben, Mit einem grünen Gartenkraut. Sieht er daß nun der Weg erstarrt, Und daß der Schnee noch nicht zerschmelzt, der Pfü- zen Eis noch fest und hart: So spannt er seine Pferde an, und schleppt auf de- nen weiten Schlitten, Das Holtz noch ferner hurtig zu, in die vom Frost umringten Hütten. Die Kälte macht die Finger steif, wenn er es aus dem Schnee gewühlt, Doch wenn er in der starren Hand ein sehr empfind- lich Krimmeln fühlt: So strekt er seine Arme aus, womit er seine Schul- tern schläget, Wie einer der sich büssend peitscht, bis er sich wie- der warm beweget. Er zieht nach seiner Wohnung zu, da er das Holz mit Fleis zerschlägt, Und als der höchsten Macht Geschenk zu dem noch warmen Heerdte trägt. Er hat sein Tagewerk vollbracht, und leget seine Axe nieder, Und strekket, wenn er hat gespeist, die etwas schon erwärmten Glieder, Bei einem heissen Ofen aus; Er siehet in der schwü- len Ruh, Wie sein Gesinde dreht und spinnt, mit innigen Ergötzen zu; Er sucht durch munteres Geschwäz den langen A- bend zu verkürzen, Und weiß auf unterschiedne Art der sauren Arbeit Last zu würzen. So
Der Winter. Wie guͤtig unſer Schoͤpfer ſey, der uns auch kanim Winter laben, Mit einem gruͤnen Gartenkraut. Sieht er daß nun der Weg erſtarrt, Und daß der Schnee noch nicht zerſchmelzt, der Pfuͤ- zen Eis noch feſt und hart: So ſpannt er ſeine Pferde an, und ſchleppt auf de- nen weiten Schlitten, Das Holtz noch ferner hurtig zu, in die vom Froſt umringten Huͤtten. Die Kaͤlte macht die Finger ſteif, wenn er es aus dem Schnee gewuͤhlt, Doch wenn er in der ſtarren Hand ein ſehr empfind- lich Krimmeln fuͤhlt: So ſtrekt er ſeine Arme aus, womit er ſeine Schul- tern ſchlaͤget, Wie einer der ſich buͤſſend peitſcht, bis er ſich wie- der warm beweget. Er zieht nach ſeiner Wohnung zu, da er das Holz mit Fleis zerſchlaͤgt, Und als der hoͤchſten Macht Geſchenk zu dem noch warmen Heerdte traͤgt. Er hat ſein Tagewerk vollbracht, und leget ſeine Axe nieder, Und ſtrekket, wenn er hat geſpeiſt, die etwas ſchon erwaͤrmten Glieder, Bei einem heiſſen Ofen aus; Er ſiehet in der ſchwuͤ- len Ruh, Wie ſein Geſinde dreht und ſpinnt, mit innigen Ergoͤtzen zu; Er ſucht durch munteres Geſchwaͤz den langen A- bend zu verkuͤrzen, Und weiß auf unterſchiedne Art der ſauren Arbeit Laſt zu wuͤrzen. So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0031" n="15"/> <fw place="top" type="header">Der Winter.</fw><lb/> <l>Wie guͤtig unſer Schoͤpfer ſey, der uns auch kan<lb/><hi rendition="#et">im Winter laben,</hi></l><lb/> <l>Mit einem gruͤnen Gartenkraut. Sieht er daß nun<lb/><hi rendition="#et">der Weg erſtarrt,</hi></l><lb/> <l>Und daß der Schnee noch nicht zerſchmelzt, der Pfuͤ-<lb/><hi rendition="#et">zen Eis noch feſt und hart:</hi></l><lb/> <l>So ſpannt er ſeine Pferde an, und ſchleppt auf de-<lb/><hi rendition="#et">nen weiten Schlitten,</hi></l><lb/> <l>Das Holtz noch ferner hurtig zu, in die vom Froſt<lb/><hi rendition="#et">umringten Huͤtten.</hi></l><lb/> <l>Die Kaͤlte macht die Finger ſteif, wenn er es aus<lb/><hi rendition="#et">dem Schnee gewuͤhlt,</hi></l><lb/> <l>Doch wenn er in der ſtarren Hand ein ſehr empfind-<lb/><hi rendition="#et">lich Krimmeln fuͤhlt:</hi></l><lb/> <l>So ſtrekt er ſeine Arme aus, womit er ſeine Schul-<lb/><hi rendition="#et">tern ſchlaͤget,</hi></l><lb/> <l>Wie einer der ſich buͤſſend peitſcht, bis er ſich wie-<lb/><hi rendition="#et">der warm beweget.</hi></l><lb/> <l>Er zieht nach ſeiner Wohnung zu, da er das Holz<lb/><hi rendition="#et">mit Fleis zerſchlaͤgt,</hi></l><lb/> <l>Und als der hoͤchſten Macht Geſchenk zu dem noch<lb/><hi rendition="#et">warmen Heerdte traͤgt.</hi></l><lb/> <l>Er hat ſein Tagewerk vollbracht, und leget ſeine<lb/><hi rendition="#et">Axe nieder,</hi></l><lb/> <l>Und ſtrekket, wenn er hat geſpeiſt, die etwas ſchon<lb/><hi rendition="#et">erwaͤrmten Glieder,</hi></l><lb/> <l>Bei einem heiſſen Ofen aus; Er ſiehet in der ſchwuͤ-<lb/><hi rendition="#et">len Ruh,</hi></l><lb/> <l>Wie ſein Geſinde dreht und ſpinnt, mit innigen<lb/><hi rendition="#et">Ergoͤtzen zu;</hi></l><lb/> <l>Er ſucht durch munteres Geſchwaͤz den langen A-<lb/><hi rendition="#et">bend zu verkuͤrzen,</hi></l><lb/> <l>Und weiß auf unterſchiedne Art der ſauren Arbeit<lb/><hi rendition="#et">Laſt zu wuͤrzen.</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [15/0031]
Der Winter.
Wie guͤtig unſer Schoͤpfer ſey, der uns auch kan
im Winter laben,
Mit einem gruͤnen Gartenkraut. Sieht er daß nun
der Weg erſtarrt,
Und daß der Schnee noch nicht zerſchmelzt, der Pfuͤ-
zen Eis noch feſt und hart:
So ſpannt er ſeine Pferde an, und ſchleppt auf de-
nen weiten Schlitten,
Das Holtz noch ferner hurtig zu, in die vom Froſt
umringten Huͤtten.
Die Kaͤlte macht die Finger ſteif, wenn er es aus
dem Schnee gewuͤhlt,
Doch wenn er in der ſtarren Hand ein ſehr empfind-
lich Krimmeln fuͤhlt:
So ſtrekt er ſeine Arme aus, womit er ſeine Schul-
tern ſchlaͤget,
Wie einer der ſich buͤſſend peitſcht, bis er ſich wie-
der warm beweget.
Er zieht nach ſeiner Wohnung zu, da er das Holz
mit Fleis zerſchlaͤgt,
Und als der hoͤchſten Macht Geſchenk zu dem noch
warmen Heerdte traͤgt.
Er hat ſein Tagewerk vollbracht, und leget ſeine
Axe nieder,
Und ſtrekket, wenn er hat geſpeiſt, die etwas ſchon
erwaͤrmten Glieder,
Bei einem heiſſen Ofen aus; Er ſiehet in der ſchwuͤ-
len Ruh,
Wie ſein Geſinde dreht und ſpinnt, mit innigen
Ergoͤtzen zu;
Er ſucht durch munteres Geſchwaͤz den langen A-
bend zu verkuͤrzen,
Und weiß auf unterſchiedne Art der ſauren Arbeit
Laſt zu wuͤrzen.
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |