Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Die Seele. Dies Kleinod giebet uns den Adel, Der uns vor andern Thieren schmükt, Und ist es gleich nicht ohne Tadel, Weil draus so mancher Mangel blikt; So bleibt doch der geprießne Schimmer, Der daraus strahlt in uns noch immer, Bei alles Jrrthums Dunkelheit; So ist es uns annoch ein Siegel, Daß wir ein unvollkomner Spiegel Von GOttes lichten Herrligkeit. Die Thiere die auch Othem hauchen, Und sinnlich von Natur beseelt, Die können diese Welt nicht brauchen, Weil die Vernunfft denselben fehlt. Sie sehen ohne Ueberlegen, Jhr Athmen ist ein blosses Regen, Sie wissen nicht was herrlich, schön, Es wird von ihnen zwar verspüret, Was ihre Sinnligkeit berühret: Allein sie könnens nicht verstehn. Sie sehen, wie in dunklen Träumen Das Strahlenreiche Firmament; Sie schmekken die geblühten Keimen, Darnach der Sinnen Sehnsucht rennt; Die Lust ist nur ein wildes Scherzen, Und die Empfindung von dem Schmerzen, Prägt sich der Einbildung nur ein, Die Werke die sie künstlich weben, Dadurch sie ihren Wiz erheben, Die können einerlei nur seyn. Wie D 3
Die Seele. Dies Kleinod giebet uns den Adel, Der uns vor andern Thieren ſchmuͤkt, Und iſt es gleich nicht ohne Tadel, Weil draus ſo mancher Mangel blikt; So bleibt doch der geprießne Schimmer, Der daraus ſtrahlt in uns noch immer, Bei alles Jrrthums Dunkelheit; So iſt es uns annoch ein Siegel, Daß wir ein unvollkomner Spiegel Von GOttes lichten Herrligkeit. Die Thiere die auch Othem hauchen, Und ſinnlich von Natur beſeelt, Die koͤnnen dieſe Welt nicht brauchen, Weil die Vernunfft denſelben fehlt. Sie ſehen ohne Ueberlegen, Jhr Athmen iſt ein bloſſes Regen, Sie wiſſen nicht was herrlich, ſchoͤn, Es wird von ihnen zwar verſpuͤret, Was ihre Sinnligkeit beruͤhret: Allein ſie koͤnnens nicht verſtehn. Sie ſehen, wie in dunklen Traͤumen Das Strahlenreiche Firmament; Sie ſchmekken die gebluͤhten Keimen, Darnach der Sinnen Sehnſucht rennt; Die Luſt iſt nur ein wildes Scherzen, Und die Empfindung von dem Schmerzen, Praͤgt ſich der Einbildung nur ein, Die Werke die ſie kuͤnſtlich weben, Dadurch ſie ihren Wiz erheben, Die koͤnnen einerlei nur ſeyn. Wie D 3
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Die Seele.
Dies Kleinod giebet uns den Adel,
Der uns vor andern Thieren ſchmuͤkt,
Und iſt es gleich nicht ohne Tadel,
Weil draus ſo mancher Mangel blikt;
So bleibt doch der geprießne Schimmer,
Der daraus ſtrahlt in uns noch immer,
Bei alles Jrrthums Dunkelheit;
So iſt es uns annoch ein Siegel,
Daß wir ein unvollkomner Spiegel
Von GOttes lichten Herrligkeit.
Die Thiere die auch Othem hauchen,
Und ſinnlich von Natur beſeelt,
Die koͤnnen dieſe Welt nicht brauchen,
Weil die Vernunfft denſelben fehlt.
Sie ſehen ohne Ueberlegen,
Jhr Athmen iſt ein bloſſes Regen,
Sie wiſſen nicht was herrlich, ſchoͤn,
Es wird von ihnen zwar verſpuͤret,
Was ihre Sinnligkeit beruͤhret:
Allein ſie koͤnnens nicht verſtehn.
Sie ſehen, wie in dunklen Traͤumen
Das Strahlenreiche Firmament;
Sie ſchmekken die gebluͤhten Keimen,
Darnach der Sinnen Sehnſucht rennt;
Die Luſt iſt nur ein wildes Scherzen,
Und die Empfindung von dem Schmerzen,
Praͤgt ſich der Einbildung nur ein,
Die Werke die ſie kuͤnſtlich weben,
Dadurch ſie ihren Wiz erheben,
Die koͤnnen einerlei nur ſeyn.
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