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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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Wasser verhärtete sich und statt des Flusses lag eine rie-
sengroße Mumie vor mir. Die Städte an den Ufern
schrumpften zusammen und wurden zu mächtigen Todten-
Urnen, -- welche, wie in einem Grabe, den ungeheuren
Leichnam des Nils umstanden. Da erwachte ich, und ließ
die Traumdeuter kommen. Keiner vermochte das wunder-
bare Gesicht zu erklären, bis mir endlich die Priester des
Libyschen Ammon folgende Deutung gaben: ,Teutcheta ist
durch die Geburt eines Sohnes getödtet worden.' Diesen,
einen finstern unseligen Menschen, stellt die ihre Mutter
mordende Cypresse dar. Unter seiner Regierung wird ein
Volk von Osten den Nil, das sind die Aegypter, zu
Leichen, und ihre Städte zu Trümmerhaufen, das sind
die Todtenurnen, machen."

Psamtik stand seinem Vater wie ein Steinbild ge-
genüber, als dieser fortfuhr: "Deine Mutter starb bei
Deiner Geburt, brandrothes Haar, das Zeichen der Söhne
des Typhon 143), umwuchs Deine Schläfe, Du wurdest ein
düsterer Mann; -- das Unglück verfolgte Dich, denn es
raubte Dir ein geliebtes Weib und vier Deiner Kinder.
-- Wie ich unter dem glücklichen Zeichen des Ammon, so
wurdest Du, die Astrologen berechneten es, beim Aufgange
des schrecklichen Planeten Seb geboren 144), Du ..."

Amasis unterbrach seine Rede, denn heftig schluch-
zend, überwältigt von der Fülle des Furchtbaren, das er
vernommen, brach Psamtik zusammen und rief mehr stöh-
nend als sprechend:

"Höre auf, grausamer Vater, und verschweige wenig-
stens, daß ich der einzige Sohn in Aegypten bin, den der
Haß seines Vaters schuldlos verfolgt!"

Amasis schaute auf den bleichen Mann hernieder,
der, das Angesicht in die Falten seines Gewandes verber-

Waſſer verhärtete ſich und ſtatt des Fluſſes lag eine rie-
ſengroße Mumie vor mir. Die Städte an den Ufern
ſchrumpften zuſammen und wurden zu mächtigen Todten-
Urnen, — welche, wie in einem Grabe, den ungeheuren
Leichnam des Nils umſtanden. Da erwachte ich, und ließ
die Traumdeuter kommen. Keiner vermochte das wunder-
bare Geſicht zu erklären, bis mir endlich die Prieſter des
Libyſchen Ammon folgende Deutung gaben: ‚Teutcheta iſt
durch die Geburt eines Sohnes getödtet worden.‘ Dieſen,
einen finſtern unſeligen Menſchen, ſtellt die ihre Mutter
mordende Cypreſſe dar. Unter ſeiner Regierung wird ein
Volk von Oſten den Nil, das ſind die Aegypter, zu
Leichen, und ihre Städte zu Trümmerhaufen, das ſind
die Todtenurnen, machen.“

Pſamtik ſtand ſeinem Vater wie ein Steinbild ge-
genüber, als dieſer fortfuhr: „Deine Mutter ſtarb bei
Deiner Geburt, brandrothes Haar, das Zeichen der Söhne
des Typhon 143), umwuchs Deine Schläfe, Du wurdeſt ein
düſterer Mann; — das Unglück verfolgte Dich, denn es
raubte Dir ein geliebtes Weib und vier Deiner Kinder.
— Wie ich unter dem glücklichen Zeichen des Ammon, ſo
wurdeſt Du, die Aſtrologen berechneten es, beim Aufgange
des ſchrecklichen Planeten Seb geboren 144), Du ...“

Amaſis unterbrach ſeine Rede, denn heftig ſchluch-
zend, überwältigt von der Fülle des Furchtbaren, das er
vernommen, brach Pſamtik zuſammen und rief mehr ſtöh-
nend als ſprechend:

„Höre auf, grauſamer Vater, und verſchweige wenig-
ſtens, daß ich der einzige Sohn in Aegypten bin, den der
Haß ſeines Vaters ſchuldlos verfolgt!“

Amaſis ſchaute auf den bleichen Mann hernieder,
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[93/0111] Waſſer verhärtete ſich und ſtatt des Fluſſes lag eine rie- ſengroße Mumie vor mir. Die Städte an den Ufern ſchrumpften zuſammen und wurden zu mächtigen Todten- Urnen, — welche, wie in einem Grabe, den ungeheuren Leichnam des Nils umſtanden. Da erwachte ich, und ließ die Traumdeuter kommen. Keiner vermochte das wunder- bare Geſicht zu erklären, bis mir endlich die Prieſter des Libyſchen Ammon folgende Deutung gaben: ‚Teutcheta iſt durch die Geburt eines Sohnes getödtet worden.‘ Dieſen, einen finſtern unſeligen Menſchen, ſtellt die ihre Mutter mordende Cypreſſe dar. Unter ſeiner Regierung wird ein Volk von Oſten den Nil, das ſind die Aegypter, zu Leichen, und ihre Städte zu Trümmerhaufen, das ſind die Todtenurnen, machen.“ Pſamtik ſtand ſeinem Vater wie ein Steinbild ge- genüber, als dieſer fortfuhr: „Deine Mutter ſtarb bei Deiner Geburt, brandrothes Haar, das Zeichen der Söhne des Typhon 143), umwuchs Deine Schläfe, Du wurdeſt ein düſterer Mann; — das Unglück verfolgte Dich, denn es raubte Dir ein geliebtes Weib und vier Deiner Kinder. — Wie ich unter dem glücklichen Zeichen des Ammon, ſo wurdeſt Du, die Aſtrologen berechneten es, beim Aufgange des ſchrecklichen Planeten Seb geboren 144), Du ...“ Amaſis unterbrach ſeine Rede, denn heftig ſchluch- zend, überwältigt von der Fülle des Furchtbaren, das er vernommen, brach Pſamtik zuſammen und rief mehr ſtöh- nend als ſprechend: „Höre auf, grauſamer Vater, und verſchweige wenig- ſtens, daß ich der einzige Sohn in Aegypten bin, den der Haß ſeines Vaters ſchuldlos verfolgt!“ Amaſis ſchaute auf den bleichen Mann hernieder, der, das Angeſicht in die Falten ſeines Gewandes verber-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/111>, abgerufen am 27.11.2024.