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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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bilder; doch, wenn sie auch wirklich von den Göttern ge-
sandt werden, so sind doch Diejenigen, welche sie deuten,
menschlichen Jrrthümern unterworfen. Deine Hand zittert
noch immer? -- Jch war zu hart, viel zu hart gegen
Dich; aber ich will Alles wieder gut machen! Nimm den
Phanes; laß ihn fangen, und sorge dafür, daß er un-
schädlich werde; zweierlei bitte ich mir aber aus: Der
Rhodopis darf kein Härchen gekrümmt werden, und, was
Du mit dem Athener vor hast, muß auf's Geheimnißvollste
geschehen. Kein Grieche darf das Mindeste von Deinem
Anschlage erfahren. -- Richte die Sache ein, wie Du
willst; ich vertraue Deiner Einsicht; bedenke aber wohl,
daß, wenn Du auch klug als Aegypter sein magst, Pha-
nes als Hellene klug ist! Besonders erinnere Dich an
Dein Versprechen, jedem Gedanken an die Enkelin der
Rhodopis zu entsagen. Der Ersatz, welchen ich Dir biete,
ist, meine ich, annehmbar; denn, kenne ich Dich recht, so
erscheint Dir die Rache schätzbarer als die Liebe! Was
endlich Aegypten anbelangt, so wiederhole ich Dir, daß
es niemals glücklicher war, als jetzt. Das Gegentheil zu
behaupten fällt niemandem ein, außer den unzufriedenen
Priestern und denen, welche ihnen nachplappern. Du
möchtest auch die Geschichte von der Herkunft der Nitetis
erfahren? So höre denn; aber schweige!"

Psamtik lauschte gespannten Ohres der Mittheilung
seines Vaters, und dankte diesem, als er geendet hatte,
durch einen starken Händedruck.

"Jetzt lebe wohl!" schloß Amasis die Unterredung mit
seinem Sohne. "Vergiß Nichts von dem, was ich Dir
gesagt habe, und, darum bitte ich Dich besonders, ver-
gieße kein Blut! Geschehe mit Phanes, was da wolle, --
ich mag Nichts davon wissen, denn ich hasse die Grausam-

bilder; doch, wenn ſie auch wirklich von den Göttern ge-
ſandt werden, ſo ſind doch Diejenigen, welche ſie deuten,
menſchlichen Jrrthümern unterworfen. Deine Hand zittert
noch immer? — Jch war zu hart, viel zu hart gegen
Dich; aber ich will Alles wieder gut machen! Nimm den
Phanes; laß ihn fangen, und ſorge dafür, daß er un-
ſchädlich werde; zweierlei bitte ich mir aber aus: Der
Rhodopis darf kein Härchen gekrümmt werden, und, was
Du mit dem Athener vor haſt, muß auf’s Geheimnißvollſte
geſchehen. Kein Grieche darf das Mindeſte von Deinem
Anſchlage erfahren. — Richte die Sache ein, wie Du
willſt; ich vertraue Deiner Einſicht; bedenke aber wohl,
daß, wenn Du auch klug als Aegypter ſein magſt, Pha-
nes als Hellene klug iſt! Beſonders erinnere Dich an
Dein Verſprechen, jedem Gedanken an die Enkelin der
Rhodopis zu entſagen. Der Erſatz, welchen ich Dir biete,
iſt, meine ich, annehmbar; denn, kenne ich Dich recht, ſo
erſcheint Dir die Rache ſchätzbarer als die Liebe! Was
endlich Aegypten anbelangt, ſo wiederhole ich Dir, daß
es niemals glücklicher war, als jetzt. Das Gegentheil zu
behaupten fällt niemandem ein, außer den unzufriedenen
Prieſtern und denen, welche ihnen nachplappern. Du
möchteſt auch die Geſchichte von der Herkunft der Nitetis
erfahren? So höre denn; aber ſchweige!“

Pſamtik lauſchte geſpannten Ohres der Mittheilung
ſeines Vaters, und dankte dieſem, als er geendet hatte,
durch einen ſtarken Händedruck.

„Jetzt lebe wohl!“ ſchloß Amaſis die Unterredung mit
ſeinem Sohne. „Vergiß Nichts von dem, was ich Dir
geſagt habe, und, darum bitte ich Dich beſonders, ver-
gieße kein Blut! Geſchehe mit Phanes, was da wolle, —
ich mag Nichts davon wiſſen, denn ich haſſe die Grauſam-

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[95/0113] bilder; doch, wenn ſie auch wirklich von den Göttern ge- ſandt werden, ſo ſind doch Diejenigen, welche ſie deuten, menſchlichen Jrrthümern unterworfen. Deine Hand zittert noch immer? — Jch war zu hart, viel zu hart gegen Dich; aber ich will Alles wieder gut machen! Nimm den Phanes; laß ihn fangen, und ſorge dafür, daß er un- ſchädlich werde; zweierlei bitte ich mir aber aus: Der Rhodopis darf kein Härchen gekrümmt werden, und, was Du mit dem Athener vor haſt, muß auf’s Geheimnißvollſte geſchehen. Kein Grieche darf das Mindeſte von Deinem Anſchlage erfahren. — Richte die Sache ein, wie Du willſt; ich vertraue Deiner Einſicht; bedenke aber wohl, daß, wenn Du auch klug als Aegypter ſein magſt, Pha- nes als Hellene klug iſt! Beſonders erinnere Dich an Dein Verſprechen, jedem Gedanken an die Enkelin der Rhodopis zu entſagen. Der Erſatz, welchen ich Dir biete, iſt, meine ich, annehmbar; denn, kenne ich Dich recht, ſo erſcheint Dir die Rache ſchätzbarer als die Liebe! Was endlich Aegypten anbelangt, ſo wiederhole ich Dir, daß es niemals glücklicher war, als jetzt. Das Gegentheil zu behaupten fällt niemandem ein, außer den unzufriedenen Prieſtern und denen, welche ihnen nachplappern. Du möchteſt auch die Geſchichte von der Herkunft der Nitetis erfahren? So höre denn; aber ſchweige!“ Pſamtik lauſchte geſpannten Ohres der Mittheilung ſeines Vaters, und dankte dieſem, als er geendet hatte, durch einen ſtarken Händedruck. „Jetzt lebe wohl!“ ſchloß Amaſis die Unterredung mit ſeinem Sohne. „Vergiß Nichts von dem, was ich Dir geſagt habe, und, darum bitte ich Dich beſonders, ver- gieße kein Blut! Geſchehe mit Phanes, was da wolle, — ich mag Nichts davon wiſſen, denn ich haſſe die Grauſam-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/113>, abgerufen am 27.11.2024.