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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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Siebentes Kapitel.


Psamtik ging, aus den Zimmern seines Vaters kom-
mend, ohne Aufenthalt in den Tempel der Göttin Neith.
Am Eingange desselben fragte er nach dem Oberpriester.
Die Tempeldiener baten ihn zu warten, denn der große
Neithoteph befinde sich soeben betend im Allerheiligsten 145)
der erhabenen Herrin des Himmels.

Ein junger Priester erschien nach kurzer Zeit und
meldete, sein Gebieter erwarte den Prinzen.

Psamtik verließ sofort den kühlen Platz, welchen er
im Schatten der Silberpappeln des Götterhains, am Ufer
des der großen Neith geheiligten Teiches 146), eingenommen
hatte. Er überschritt das mit Asphalt überzogene Stein-
pflaster des Tempelhofes, welches von blendenden Sonnen-
strahlen, wie von glühenden Pfeilen, getroffen wurde, und
hielt sich dabei in einer der langen Sphinxalleen, die zu
den frei stehenden Pylonen des riesigen Hauses der Göttin
führten. Dann schritt er durch das ungeheure Hauptthor,
welches, wie alle ägyptischen Tempelpforten, mit dem breit-
beschwingten Sonnenei geschmückt war. Die weitgeöffneten
Thorflügel wurden zu beiden Seiten von thurmartigen
Bauten, schlanken Obelisken und flatternden Fahnen über-

Ebers, Eine ägyptische Königstochter. I. 7
Siebentes Kapitel.


Pſamtik ging, aus den Zimmern ſeines Vaters kom-
mend, ohne Aufenthalt in den Tempel der Göttin Neith.
Am Eingange deſſelben fragte er nach dem Oberprieſter.
Die Tempeldiener baten ihn zu warten, denn der große
Neithoteph befinde ſich ſoeben betend im Allerheiligſten 145)
der erhabenen Herrin des Himmels.

Ein junger Prieſter erſchien nach kurzer Zeit und
meldete, ſein Gebieter erwarte den Prinzen.

Pſamtik verließ ſofort den kühlen Platz, welchen er
im Schatten der Silberpappeln des Götterhains, am Ufer
des der großen Neith geheiligten Teiches 146), eingenommen
hatte. Er überſchritt das mit Asphalt überzogene Stein-
pflaſter des Tempelhofes, welches von blendenden Sonnen-
ſtrahlen, wie von glühenden Pfeilen, getroffen wurde, und
hielt ſich dabei in einer der langen Sphinxalleen, die zu
den frei ſtehenden Pylonen des rieſigen Hauſes der Göttin
führten. Dann ſchritt er durch das ungeheure Hauptthor,
welches, wie alle ägyptiſchen Tempelpforten, mit dem breit-
beſchwingten Sonnenei geſchmückt war. Die weitgeöffneten
Thorflügel wurden zu beiden Seiten von thurmartigen
Bauten, ſchlanken Obelisken und flatternden Fahnen über-

Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. I. 7
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[[97]/0115] Siebentes Kapitel. Pſamtik ging, aus den Zimmern ſeines Vaters kom- mend, ohne Aufenthalt in den Tempel der Göttin Neith. Am Eingange deſſelben fragte er nach dem Oberprieſter. Die Tempeldiener baten ihn zu warten, denn der große Neithoteph befinde ſich ſoeben betend im Allerheiligſten 145) der erhabenen Herrin des Himmels. Ein junger Prieſter erſchien nach kurzer Zeit und meldete, ſein Gebieter erwarte den Prinzen. Pſamtik verließ ſofort den kühlen Platz, welchen er im Schatten der Silberpappeln des Götterhains, am Ufer des der großen Neith geheiligten Teiches 146), eingenommen hatte. Er überſchritt das mit Asphalt überzogene Stein- pflaſter des Tempelhofes, welches von blendenden Sonnen- ſtrahlen, wie von glühenden Pfeilen, getroffen wurde, und hielt ſich dabei in einer der langen Sphinxalleen, die zu den frei ſtehenden Pylonen des rieſigen Hauſes der Göttin führten. Dann ſchritt er durch das ungeheure Hauptthor, welches, wie alle ägyptiſchen Tempelpforten, mit dem breit- beſchwingten Sonnenei geſchmückt war. Die weitgeöffneten Thorflügel wurden zu beiden Seiten von thurmartigen Bauten, ſchlanken Obelisken und flatternden Fahnen über- Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. I. 7

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. [97]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/115>, abgerufen am 27.11.2024.