Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.Psamtik; die Astrologen haben damals ein Sternenbild über- "O sprich, Vater, sprich!" "Es muß sich zum Guten kehren, wenn Du, alle an- "Winke, mein Vater, und ich werde gehorchen!" "Das gebe die Herrin von Sais, die große Neith!" Psamtik verließ das Gemach des Greises. Wenige "Vortrefflich, mein Sohn. Dir ist Nichts entgangen, Pſamtik; die Aſtrologen haben damals ein Sternenbild über- „O ſprich, Vater, ſprich!“ „Es muß ſich zum Guten kehren, wenn Du, alle an- „Winke, mein Vater, und ich werde gehorchen!“ „Das gebe die Herrin von Sais, die große Neith!“ Pſamtik verließ das Gemach des Greiſes. Wenige „Vortrefflich, mein Sohn. Dir iſt Nichts entgangen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="103"/> Pſamtik; die Aſtrologen haben damals ein Sternenbild über-<lb/> ſehen, welches meinem Blicke nicht entgangen iſt. Dein<lb/> Horoskop war ſchlimm, ſehr ſchlimm, aber es kann ſich<lb/> zum Guten wenden, es kann ...“</p><lb/> <p>„O ſprich, Vater, ſprich!“</p><lb/> <p>„Es muß ſich zum Guten kehren, wenn Du, alle an-<lb/> deren Dinge vergeſſend, einzig für die Götter lebſt und<lb/> ihrer Stimme, welche wir allein im Allerheiligſten ver-<lb/> nehmen, unbedingt Folge leiſteſt.“</p><lb/> <p>„Winke, mein Vater, und ich werde gehorchen!“</p><lb/> <p>„Das gebe die Herrin von Sais, die große Neith!“<lb/> rief der Prieſter mit feierlicher Stimme. „Jetzt aber, mein<lb/> Sohn,“ fuhr er freundlich fort, „laß mich allein, denn<lb/> ich bin müde vom langen Beten und der Laſt meiner Jahre.<lb/> Wenn es möglich iſt, ſo verzögere den Tod des Phanes;<lb/> ich möchte ihn ſprechen, bevor er ſtirbt. Noch eins! —<lb/> Geſtern iſt eine Schaar von Aethiopern hier eingerückt.<lb/> Dieſe Leute ſprechen kein Wort griechiſch. Sie werden<lb/> unter Führung eines treuen Mannes, welcher den Athener<lb/> und die Oertlichkeit kennt, geeignet ſein, den Verurtheilten<lb/> bei Seite zu ſchaffen, denn ihre Unkenntniß der Sprache<lb/> und Verhältniſſe wird Verrath oder Plauderei unmöglich<lb/> machen. Vor ihrem Aufbruche nach Naukratis dürfen dieſe<lb/> Leute nichts von dem Zwecke ihrer Reiſe erfahren; iſt die<lb/> That vollbracht, ſo verſetzen wir ſie nach Aethiopien zu-<lb/> rück. Ein Geheimniß, das merke Dir, kann niemals vor-<lb/> ſichtig genug bewahrt werden. Lebe wohl!“</p><lb/> <p>Pſamtik verließ das Gemach des Greiſes. Wenige<lb/> Augenblicke ſpäter trat ein junger Prieſter, — einer der<lb/> Diener des Königs, — in daſſelbe ein und fragte den<lb/> Alten: „Hab’ ich gut gehorcht, Vater?“</p><lb/> <p>„Vortrefflich, mein Sohn. Dir iſt Nichts entgangen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0121]
Pſamtik; die Aſtrologen haben damals ein Sternenbild über-
ſehen, welches meinem Blicke nicht entgangen iſt. Dein
Horoskop war ſchlimm, ſehr ſchlimm, aber es kann ſich
zum Guten wenden, es kann ...“
„O ſprich, Vater, ſprich!“
„Es muß ſich zum Guten kehren, wenn Du, alle an-
deren Dinge vergeſſend, einzig für die Götter lebſt und
ihrer Stimme, welche wir allein im Allerheiligſten ver-
nehmen, unbedingt Folge leiſteſt.“
„Winke, mein Vater, und ich werde gehorchen!“
„Das gebe die Herrin von Sais, die große Neith!“
rief der Prieſter mit feierlicher Stimme. „Jetzt aber, mein
Sohn,“ fuhr er freundlich fort, „laß mich allein, denn
ich bin müde vom langen Beten und der Laſt meiner Jahre.
Wenn es möglich iſt, ſo verzögere den Tod des Phanes;
ich möchte ihn ſprechen, bevor er ſtirbt. Noch eins! —
Geſtern iſt eine Schaar von Aethiopern hier eingerückt.
Dieſe Leute ſprechen kein Wort griechiſch. Sie werden
unter Führung eines treuen Mannes, welcher den Athener
und die Oertlichkeit kennt, geeignet ſein, den Verurtheilten
bei Seite zu ſchaffen, denn ihre Unkenntniß der Sprache
und Verhältniſſe wird Verrath oder Plauderei unmöglich
machen. Vor ihrem Aufbruche nach Naukratis dürfen dieſe
Leute nichts von dem Zwecke ihrer Reiſe erfahren; iſt die
That vollbracht, ſo verſetzen wir ſie nach Aethiopien zu-
rück. Ein Geheimniß, das merke Dir, kann niemals vor-
ſichtig genug bewahrt werden. Lebe wohl!“
Pſamtik verließ das Gemach des Greiſes. Wenige
Augenblicke ſpäter trat ein junger Prieſter, — einer der
Diener des Königs, — in daſſelbe ein und fragte den
Alten: „Hab’ ich gut gehorcht, Vater?“
„Vortrefflich, mein Sohn. Dir iſt Nichts entgangen,
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