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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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"Du tadelst den Gott mit Unrecht," antwortete Phry-
ros, "denn es ist nicht seine Schuld, daß Du in mensch-
licher Eitelkeit seinem Ausspruch eine falsche Deutung
gegeben hast. Er sagte nicht ,das Reich der Perser', son-
dern ,ein Reich' werde durch Deine Kriegslust zerstört
werden. Warum fragtest Du nicht, welches Reich er
meine? Hat er Dir nicht außerdem das Schicksal Deines
Sohnes, der Wahrheit gemäß, vorher gesagt und Dir zu-
gerufen, daß derselbe am Tage des Unheils die Sprache
wieder erlangen würde? Und als Du nach dem Falle von
Sardes Kyros um die Gnade batest, in Delphi anfragen
zu dürfen, ob die griechischen Götter sich's zum Gesetz
gemacht hätten, ihren Wohlthätern Undank zu erweisen,
da hat Dir Loxias geantwortet, er habe das Beste mit
Dir vorgehabt; aber über ihm walte, mächtiger als er,
das unerbittliche Geschick, welches schon Deinem gewaltigen
Ahnherrn 172) vorhersagte, daß der Fünfte nach ihm, und
der warst Du, dem Verderben erlesen sei!"

"Und schon damals," antwortete Krösus, "gab ich
mich zufrieden. Ja, nicht Dein Gott, sondern meine Ei-
telkeit und Selbstsucht richteten meine Macht zu Grunde.
Statt des Reichthums schenkte mir Apollon Zufriedenheit,
und diese genügt mir. Jm Vergleich zu früheren Tagen
bin ich arm; doch Kambyses läßt mich nicht darben, und
ich vermag für euren Bau noch immer ein Talent x) zu
senden."

Phryxos dankte; Phanes aber sagte: "Die Alkmäo-
niden werden ein schönes Werk herstellen, denn sie sind
ehrgeizig, reich, und wollen sich die Gunst der Amphiktyo-
nen erwerben, um, von ihnen unterstützt, den Tyrannen
zu stürzen, mein Geschlecht zu überflügeln und sich der
Lenkung des Staats zu bemächtigen."

x) 173)

„Du tadelſt den Gott mit Unrecht,“ antwortete Phry-
ros, „denn es iſt nicht ſeine Schuld, daß Du in menſch-
licher Eitelkeit ſeinem Ausſpruch eine falſche Deutung
gegeben haſt. Er ſagte nicht ‚das Reich der Perſer‘, ſon-
dern ‚ein Reich‘ werde durch Deine Kriegsluſt zerſtört
werden. Warum fragteſt Du nicht, welches Reich er
meine? Hat er Dir nicht außerdem das Schickſal Deines
Sohnes, der Wahrheit gemäß, vorher geſagt und Dir zu-
gerufen, daß derſelbe am Tage des Unheils die Sprache
wieder erlangen würde? Und als Du nach dem Falle von
Sardes Kyros um die Gnade bateſt, in Delphi anfragen
zu dürfen, ob die griechiſchen Götter ſich’s zum Geſetz
gemacht hätten, ihren Wohlthätern Undank zu erweiſen,
da hat Dir Loxias geantwortet, er habe das Beſte mit
Dir vorgehabt; aber über ihm walte, mächtiger als er,
das unerbittliche Geſchick, welches ſchon Deinem gewaltigen
Ahnherrn 172) vorherſagte, daß der Fünfte nach ihm, und
der warſt Du, dem Verderben erleſen ſei!“

„Und ſchon damals,“ antwortete Kröſus, „gab ich
mich zufrieden. Ja, nicht Dein Gott, ſondern meine Ei-
telkeit und Selbſtſucht richteten meine Macht zu Grunde.
Statt des Reichthums ſchenkte mir Apollon Zufriedenheit,
und dieſe genügt mir. Jm Vergleich zu früheren Tagen
bin ich arm; doch Kambyſes läßt mich nicht darben, und
ich vermag für euren Bau noch immer ein Talent x) zu
ſenden.“

Phryxos dankte; Phanes aber ſagte: „Die Alkmäo-
niden werden ein ſchönes Werk herſtellen, denn ſie ſind
ehrgeizig, reich, und wollen ſich die Gunſt der Amphiktyo-
nen erwerben, um, von ihnen unterſtützt, den Tyrannen
zu ſtürzen, mein Geſchlecht zu überflügeln und ſich der
Lenkung des Staats zu bemächtigen.“

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[125/0143] „Du tadelſt den Gott mit Unrecht,“ antwortete Phry- ros, „denn es iſt nicht ſeine Schuld, daß Du in menſch- licher Eitelkeit ſeinem Ausſpruch eine falſche Deutung gegeben haſt. Er ſagte nicht ‚das Reich der Perſer‘, ſon- dern ‚ein Reich‘ werde durch Deine Kriegsluſt zerſtört werden. Warum fragteſt Du nicht, welches Reich er meine? Hat er Dir nicht außerdem das Schickſal Deines Sohnes, der Wahrheit gemäß, vorher geſagt und Dir zu- gerufen, daß derſelbe am Tage des Unheils die Sprache wieder erlangen würde? Und als Du nach dem Falle von Sardes Kyros um die Gnade bateſt, in Delphi anfragen zu dürfen, ob die griechiſchen Götter ſich’s zum Geſetz gemacht hätten, ihren Wohlthätern Undank zu erweiſen, da hat Dir Loxias geantwortet, er habe das Beſte mit Dir vorgehabt; aber über ihm walte, mächtiger als er, das unerbittliche Geſchick, welches ſchon Deinem gewaltigen Ahnherrn 172) vorherſagte, daß der Fünfte nach ihm, und der warſt Du, dem Verderben erleſen ſei!“ „Und ſchon damals,“ antwortete Kröſus, „gab ich mich zufrieden. Ja, nicht Dein Gott, ſondern meine Ei- telkeit und Selbſtſucht richteten meine Macht zu Grunde. Statt des Reichthums ſchenkte mir Apollon Zufriedenheit, und dieſe genügt mir. Jm Vergleich zu früheren Tagen bin ich arm; doch Kambyſes läßt mich nicht darben, und ich vermag für euren Bau noch immer ein Talent x) zu ſenden.“ Phryxos dankte; Phanes aber ſagte: „Die Alkmäo- niden werden ein ſchönes Werk herſtellen, denn ſie ſind ehrgeizig, reich, und wollen ſich die Gunſt der Amphiktyo- nen erwerben, um, von ihnen unterſtützt, den Tyrannen zu ſtürzen, mein Geſchlecht zu überflügeln und ſich der Lenkung des Staats zu bemächtigen.“ x) 173)

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/143>, abgerufen am 24.11.2024.