Naukratis nach Sigäon segeln will und haben also keine Zeit zu verlieren, wenn sie mich fangen wollen. Dein ganzer Garten, Rhodopis, ist umstellt. Sollt' ich bei Dir bleiben, so wärest Du sicher, daß man Dein Haus durchsuchen und mich in demselben fangen würde. Das phokäische Schiff, welches mich zu den Meinen brin- gen soll, wird ohne Zweifel gleich diesem Hause be- wacht. Um meinetwillen soll kein unnützes Blut vergossen werden."
"Du darfst Dich nicht ergeben!" schrie Aristomachos.
"Jch hab's, ich hab's!" rief plötzlich Theopompos, der milesische Kaufmann. "Morgen bei Sonnenaufgang segelt ein Schiff mit ägyptischem Getreide, nicht von Nau- kratis, sondern von Kanobos aus nach Milet. Nimm das Pferd des edlen Persers und reite dorthin; wir bahnen Dir mit Gewalt den Weg durch den Garten!"
"Unsere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge- waltstreiche nicht genügen," erwiederte Gyges. "Wir sind zehn Männer, von denen nur drei ein Schwert besitzen; -- jene, deren Zahl sich wenigstens auf hundert beläuft, sind bis an die Zähne bewaffnet."
"Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth hast, und wenn ihrer zweimal hundert wären," rief Aristoma- chos, -- "ich kämpfe!"
Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er- bleichte. Der erprobte Held hatte ihn muthlos genannt. -- Wieder fand er keine Worte, sich zu vertheidigen. Bei jeder Erregung des Gemüths versagte die Sprache seiner Zunge; plötzlich rötheten sich aber seine Wangen und schnell und bestimmt rief er: "Folge mir, Athener! Du aber, Spartaner, der Du sonst zu bedenken pflegst, was Du sprichst, nenne in Zukunft Niemanden muthlos, den Du
Naukratis nach Sigäon ſegeln will und haben alſo keine Zeit zu verlieren, wenn ſie mich fangen wollen. Dein ganzer Garten, Rhodopis, iſt umſtellt. Sollt’ ich bei Dir bleiben, ſo wäreſt Du ſicher, daß man Dein Haus durchſuchen und mich in demſelben fangen würde. Das phokäiſche Schiff, welches mich zu den Meinen brin- gen ſoll, wird ohne Zweifel gleich dieſem Hauſe be- wacht. Um meinetwillen ſoll kein unnützes Blut vergoſſen werden.“
„Du darfſt Dich nicht ergeben!“ ſchrie Ariſtomachos.
„Jch hab’s, ich hab’s!“ rief plötzlich Theopompos, der mileſiſche Kaufmann. „Morgen bei Sonnenaufgang ſegelt ein Schiff mit ägyptiſchem Getreide, nicht von Nau- kratis, ſondern von Kanobos aus nach Milet. Nimm das Pferd des edlen Perſers und reite dorthin; wir bahnen Dir mit Gewalt den Weg durch den Garten!“
„Unſere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge- waltſtreiche nicht genügen,“ erwiederte Gyges. „Wir ſind zehn Männer, von denen nur drei ein Schwert beſitzen; — jene, deren Zahl ſich wenigſtens auf hundert beläuft, ſind bis an die Zähne bewaffnet.“
„Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth haſt, und wenn ihrer zweimal hundert wären,“ rief Ariſtoma- chos, — „ich kämpfe!“
Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er- bleichte. Der erprobte Held hatte ihn muthlos genannt. — Wieder fand er keine Worte, ſich zu vertheidigen. Bei jeder Erregung des Gemüths verſagte die Sprache ſeiner Zunge; plötzlich rötheten ſich aber ſeine Wangen und ſchnell und beſtimmt rief er: „Folge mir, Athener! Du aber, Spartaner, der Du ſonſt zu bedenken pflegſt, was Du ſprichſt, nenne in Zukunft Niemanden muthlos, den Du
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Naukratis nach Sigäon ſegeln will und haben alſo keine
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Dir bleiben, ſo wäreſt Du ſicher, daß man Dein
Haus durchſuchen und mich in demſelben fangen würde.
Das phokäiſche Schiff, welches mich zu den Meinen brin-
gen ſoll, wird ohne Zweifel gleich dieſem Hauſe be-
wacht. Um meinetwillen ſoll kein unnützes Blut vergoſſen
werden.“
„Du darfſt Dich nicht ergeben!“ ſchrie Ariſtomachos.
„Jch hab’s, ich hab’s!“ rief plötzlich Theopompos,
der mileſiſche Kaufmann. „Morgen bei Sonnenaufgang
ſegelt ein Schiff mit ägyptiſchem Getreide, nicht von Nau-
kratis, ſondern von Kanobos aus nach Milet. Nimm das
Pferd des edlen Perſers und reite dorthin; wir bahnen
Dir mit Gewalt den Weg durch den Garten!“
„Unſere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge-
waltſtreiche nicht genügen,“ erwiederte Gyges. „Wir ſind
zehn Männer, von denen nur drei ein Schwert beſitzen;
— jene, deren Zahl ſich wenigſtens auf hundert beläuft,
ſind bis an die Zähne bewaffnet.“
„Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth haſt,
und wenn ihrer zweimal hundert wären,“ rief Ariſtoma-
chos, — „ich kämpfe!“
Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er-
bleichte. Der erprobte Held hatte ihn muthlos genannt.
— Wieder fand er keine Worte, ſich zu vertheidigen. Bei
jeder Erregung des Gemüths verſagte die Sprache ſeiner
Zunge; plötzlich rötheten ſich aber ſeine Wangen und ſchnell
und beſtimmt rief er: „Folge mir, Athener! Du aber,
Spartaner, der Du ſonſt zu bedenken pflegſt, was Du
ſprichſt, nenne in Zukunft Niemanden muthlos, den Du
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/150>, abgerufen am 14.06.2024.
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