Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.Naukratis nach Sigäon segeln will und haben also keine "Du darfst Dich nicht ergeben!" schrie Aristomachos. "Jch hab's, ich hab's!" rief plötzlich Theopompos, "Unsere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge- "Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth hast, Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er- Naukratis nach Sigäon ſegeln will und haben alſo keine „Du darfſt Dich nicht ergeben!“ ſchrie Ariſtomachos. „Jch hab’s, ich hab’s!“ rief plötzlich Theopompos, „Unſere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge- „Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth haſt, Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="132"/> Naukratis nach Sigäon ſegeln will und haben alſo keine<lb/> Zeit zu verlieren, wenn ſie mich fangen wollen. Dein<lb/> ganzer Garten, Rhodopis, iſt umſtellt. Sollt’ ich bei<lb/> Dir bleiben, ſo wäreſt Du ſicher, daß man Dein<lb/> Haus durchſuchen und mich in demſelben fangen würde.<lb/> Das phokäiſche Schiff, welches mich zu den Meinen brin-<lb/> gen ſoll, wird ohne Zweifel gleich dieſem Hauſe be-<lb/> wacht. Um meinetwillen ſoll kein unnützes Blut vergoſſen<lb/> werden.“</p><lb/> <p>„Du darfſt Dich nicht ergeben!“ ſchrie Ariſtomachos.</p><lb/> <p>„Jch hab’s, ich hab’s!“ rief plötzlich Theopompos,<lb/> der mileſiſche Kaufmann. „Morgen bei Sonnenaufgang<lb/> ſegelt ein Schiff mit ägyptiſchem Getreide, nicht von Nau-<lb/> kratis, ſondern von Kanobos aus nach Milet. Nimm das<lb/> Pferd des edlen Perſers und reite dorthin; wir bahnen<lb/> Dir mit Gewalt den Weg durch den Garten!“</p><lb/> <p>„Unſere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge-<lb/> waltſtreiche nicht genügen,“ erwiederte Gyges. „Wir ſind<lb/> zehn Männer, von denen nur drei ein Schwert beſitzen;<lb/> — jene, deren Zahl ſich wenigſtens auf hundert beläuft,<lb/> ſind bis an die Zähne bewaffnet.“</p><lb/> <p>„Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth haſt,<lb/> und wenn ihrer zweimal hundert wären,“ rief Ariſtoma-<lb/> chos, — „ich kämpfe!“</p><lb/> <p>Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er-<lb/> bleichte. Der erprobte Held hatte ihn muthlos genannt.<lb/> — Wieder fand er keine Worte, ſich zu vertheidigen. Bei<lb/> jeder Erregung des Gemüths verſagte die Sprache ſeiner<lb/> Zunge; plötzlich rötheten ſich aber ſeine Wangen und ſchnell<lb/> und beſtimmt rief er: „Folge mir, Athener! Du aber,<lb/> Spartaner, der Du ſonſt zu bedenken pflegſt, was Du<lb/> ſprichſt, nenne in Zukunft Niemanden muthlos, den Du<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0150]
Naukratis nach Sigäon ſegeln will und haben alſo keine
Zeit zu verlieren, wenn ſie mich fangen wollen. Dein
ganzer Garten, Rhodopis, iſt umſtellt. Sollt’ ich bei
Dir bleiben, ſo wäreſt Du ſicher, daß man Dein
Haus durchſuchen und mich in demſelben fangen würde.
Das phokäiſche Schiff, welches mich zu den Meinen brin-
gen ſoll, wird ohne Zweifel gleich dieſem Hauſe be-
wacht. Um meinetwillen ſoll kein unnützes Blut vergoſſen
werden.“
„Du darfſt Dich nicht ergeben!“ ſchrie Ariſtomachos.
„Jch hab’s, ich hab’s!“ rief plötzlich Theopompos,
der mileſiſche Kaufmann. „Morgen bei Sonnenaufgang
ſegelt ein Schiff mit ägyptiſchem Getreide, nicht von Nau-
kratis, ſondern von Kanobos aus nach Milet. Nimm das
Pferd des edlen Perſers und reite dorthin; wir bahnen
Dir mit Gewalt den Weg durch den Garten!“
„Unſere unbewaffnete Schaar würde zu einem Ge-
waltſtreiche nicht genügen,“ erwiederte Gyges. „Wir ſind
zehn Männer, von denen nur drei ein Schwert beſitzen;
— jene, deren Zahl ſich wenigſtens auf hundert beläuft,
ſind bis an die Zähne bewaffnet.“
„Und wenn Du, Lyder, zehnmal keinen Muth haſt,
und wenn ihrer zweimal hundert wären,“ rief Ariſtoma-
chos, — „ich kämpfe!“
Phanes drückte dem Freunde die Hand. Gyges er-
bleichte. Der erprobte Held hatte ihn muthlos genannt.
— Wieder fand er keine Worte, ſich zu vertheidigen. Bei
jeder Erregung des Gemüths verſagte die Sprache ſeiner
Zunge; plötzlich rötheten ſich aber ſeine Wangen und ſchnell
und beſtimmt rief er: „Folge mir, Athener! Du aber,
Spartaner, der Du ſonſt zu bedenken pflegſt, was Du
ſprichſt, nenne in Zukunft Niemanden muthlos, den Du
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