Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864."O daß ich mit Dir könnte! O, daß ich einmal von "O, verlaß mich noch nicht!" "Gehorsam ist auch eine persische Tugend!" "Und meine Rose?" "Hier hast Du sie." "Wirst Du Dich meiner erinnern?" "Wie sollt ich nicht?" "Liebes Mädchen, verzeih mir, wenn ich Dich um "Schnell, schnell, die Großmutter ruft wieder!" "Nimm diesen Stern von Diamanten zum Andenken "Jch darf nicht!" "O bitte, bitte, nimm ihn an! Mein Vater gab ihn Der Jüngling nahm die Kette mit dem Sterne von Rhodopis rief zum Drittenmale. Sappho entzog „O daß ich mit Dir könnte! O, daß ich einmal von „O, verlaß mich noch nicht!“ „Gehorſam iſt auch eine perſiſche Tugend!“ „Und meine Roſe?“ „Hier haſt Du ſie.“ „Wirſt Du Dich meiner erinnern?“ „Wie ſollt ich nicht?“ „Liebes Mädchen, verzeih mir, wenn ich Dich um „Schnell, ſchnell, die Großmutter ruft wieder!“ „Nimm dieſen Stern von Diamanten zum Andenken „Jch darf nicht!“ „O bitte, bitte, nimm ihn an! Mein Vater gab ihn Der Jüngling nahm die Kette mit dem Sterne von Rhodopis rief zum Drittenmale. Sappho entzog <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0164" n="146"/> <p>„O daß ich mit Dir könnte! O, daß ich einmal von<lb/> einem Berge hinunterſchauen dürfte, auf alle Thäler und<lb/> Flüſſe und Wälder und Wieſen! Jch glaube, daß ich mich<lb/> da oben, wo ſich nichts meinen Blicken verbergen könnte,<lb/> fühlen würde, als ſei ich ſelbſt eine Alles ſchauende Gott-<lb/> heit. — Aber, was war das? — Die Großmutter ruft;<lb/> ich muß gehen!“</p><lb/> <p>„O, verlaß mich noch nicht!“</p><lb/> <p>„Gehorſam iſt auch eine perſiſche Tugend!“</p><lb/> <p>„Und meine Roſe?“</p><lb/> <p>„Hier haſt Du ſie.“</p><lb/> <p>„Wirſt Du Dich meiner erinnern?“</p><lb/> <p>„Wie ſollt ich nicht?“</p><lb/> <p>„Liebes Mädchen, verzeih mir, wenn ich Dich um<lb/> eine zweite Gunſt erſuche.“</p><lb/> <p>„Schnell, ſchnell, die Großmutter ruft wieder!“</p><lb/> <p>„Nimm dieſen Stern von Diamanten zum Andenken<lb/> an dieſe Stunde.“</p><lb/> <p>„Jch darf nicht!“</p><lb/> <p>„O bitte, bitte, nimm ihn an! Mein Vater gab ihn<lb/> mir zum Lohn, als ich den erſten Bären mit eigner Hand<lb/> erlegt <hi rendition="#sup">191</hi>); er war bisher mein Liebſtes, jetzt ſollſt Du<lb/> ihn haben, — denn jetzt kenne ich nichts Lieberes als Dich!“</p><lb/> <p>Der Jüngling nahm die Kette mit dem Sterne von<lb/> ſeiner Bruſt, und wollte ſie dem Mädchen um den Hals<lb/> hängen. Sappho ſträubte ſich, die koſtbare Gabe anzu-<lb/> nehmen; Bartja aber ſchlang ſeinen Arm um ſie her,<lb/> küßte ihre Stirn, nannte ſie ſeine einzige Geliebte, legte<lb/> mit freundlicher Gewalt den Schmuck um ihren Hals und<lb/> ſchaute tief in die dunklen Augen des zitternden Kindes.</p><lb/> <p>Rhodopis rief zum Drittenmale. Sappho entzog<lb/> ſich den Armen des Königsſohnes und wollte fliehen; aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0164]
„O daß ich mit Dir könnte! O, daß ich einmal von
einem Berge hinunterſchauen dürfte, auf alle Thäler und
Flüſſe und Wälder und Wieſen! Jch glaube, daß ich mich
da oben, wo ſich nichts meinen Blicken verbergen könnte,
fühlen würde, als ſei ich ſelbſt eine Alles ſchauende Gott-
heit. — Aber, was war das? — Die Großmutter ruft;
ich muß gehen!“
„O, verlaß mich noch nicht!“
„Gehorſam iſt auch eine perſiſche Tugend!“
„Und meine Roſe?“
„Hier haſt Du ſie.“
„Wirſt Du Dich meiner erinnern?“
„Wie ſollt ich nicht?“
„Liebes Mädchen, verzeih mir, wenn ich Dich um
eine zweite Gunſt erſuche.“
„Schnell, ſchnell, die Großmutter ruft wieder!“
„Nimm dieſen Stern von Diamanten zum Andenken
an dieſe Stunde.“
„Jch darf nicht!“
„O bitte, bitte, nimm ihn an! Mein Vater gab ihn
mir zum Lohn, als ich den erſten Bären mit eigner Hand
erlegt 191); er war bisher mein Liebſtes, jetzt ſollſt Du
ihn haben, — denn jetzt kenne ich nichts Lieberes als Dich!“
Der Jüngling nahm die Kette mit dem Sterne von
ſeiner Bruſt, und wollte ſie dem Mädchen um den Hals
hängen. Sappho ſträubte ſich, die koſtbare Gabe anzu-
nehmen; Bartja aber ſchlang ſeinen Arm um ſie her,
küßte ihre Stirn, nannte ſie ſeine einzige Geliebte, legte
mit freundlicher Gewalt den Schmuck um ihren Hals und
ſchaute tief in die dunklen Augen des zitternden Kindes.
Rhodopis rief zum Drittenmale. Sappho entzog
ſich den Armen des Königsſohnes und wollte fliehen; aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |