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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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Zehntes Kapitel.


Amasis empfing seinen Sohn mit einem schallenden
Gelächter und rief, nicht achtend auf das bleiche, verstörte
Antlitz desselben: "Hab ich Dir nicht gleich gesagt, daß
es für einen schlichten Aegypter keine leichte Arbeit sei, --
solchen hellenischen Fuchs zu fangen? Jch gäbe zehn Städte
meines Reiches darum, hätte ich dabei sein können, wie Du
in dem vermeinten schnellzüngigen Athener den stotternden
Lyder erkanntest!"

Psamtik wurde immer bleicher. -- Er zitterte vor
Zorn und erwiederte mit gepreßter Stimme: "Es ist nicht
schön, mein Vater, daß dieser Deinem Sohne angethane
Schimpf, Dich erfreut. Wäre es nicht um Kambyses
willen, -- so hätte der unverschämte Lyder, bei den ewi-
gen Göttern, heute zum Letztenmale das Licht der Sonne
gesehen! Aber was kümmert's Dich, wenn ich, Dein Sohn,
zur Zielscheibe des Spottes dieses griechischen Bettlerpacks
werde!"

"Schmähe nicht diejenigen, welche Dir bewiesen ha-
ben, daß sie klüger sind als Du."

"Klüger -- klüger? -- Mein Plan war so fein und
kunstvoll angelegt, -- daß ..."

Zehntes Kapitel.


Amaſis empfing ſeinen Sohn mit einem ſchallenden
Gelächter und rief, nicht achtend auf das bleiche, verſtörte
Antlitz deſſelben: „Hab ich Dir nicht gleich geſagt, daß
es für einen ſchlichten Aegypter keine leichte Arbeit ſei, —
ſolchen helleniſchen Fuchs zu fangen? Jch gäbe zehn Städte
meines Reiches darum, hätte ich dabei ſein können, wie Du
in dem vermeinten ſchnellzüngigen Athener den ſtotternden
Lyder erkannteſt!“

Pſamtik wurde immer bleicher. — Er zitterte vor
Zorn und erwiederte mit gepreßter Stimme: „Es iſt nicht
ſchön, mein Vater, daß dieſer Deinem Sohne angethane
Schimpf, Dich erfreut. Wäre es nicht um Kambyſes
willen, — ſo hätte der unverſchämte Lyder, bei den ewi-
gen Göttern, heute zum Letztenmale das Licht der Sonne
geſehen! Aber was kümmert’s Dich, wenn ich, Dein Sohn,
zur Zielſcheibe des Spottes dieſes griechiſchen Bettlerpacks
werde!“

„Schmähe nicht diejenigen, welche Dir bewieſen ha-
ben, daß ſie klüger ſind als Du.“

„Klüger — klüger? — Mein Plan war ſo fein und
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[[148]/0166] Zehntes Kapitel. Amaſis empfing ſeinen Sohn mit einem ſchallenden Gelächter und rief, nicht achtend auf das bleiche, verſtörte Antlitz deſſelben: „Hab ich Dir nicht gleich geſagt, daß es für einen ſchlichten Aegypter keine leichte Arbeit ſei, — ſolchen helleniſchen Fuchs zu fangen? Jch gäbe zehn Städte meines Reiches darum, hätte ich dabei ſein können, wie Du in dem vermeinten ſchnellzüngigen Athener den ſtotternden Lyder erkannteſt!“ Pſamtik wurde immer bleicher. — Er zitterte vor Zorn und erwiederte mit gepreßter Stimme: „Es iſt nicht ſchön, mein Vater, daß dieſer Deinem Sohne angethane Schimpf, Dich erfreut. Wäre es nicht um Kambyſes willen, — ſo hätte der unverſchämte Lyder, bei den ewi- gen Göttern, heute zum Letztenmale das Licht der Sonne geſehen! Aber was kümmert’s Dich, wenn ich, Dein Sohn, zur Zielſcheibe des Spottes dieſes griechiſchen Bettlerpacks werde!“ „Schmähe nicht diejenigen, welche Dir bewieſen ha- ben, daß ſie klüger ſind als Du.“ „Klüger — klüger? — Mein Plan war ſo fein und kunſtvoll angelegt, — daß ...“

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. [148]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/166>, abgerufen am 23.11.2024.