Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.aufzubrechen, denn Mitternacht ist längst vorbei und un- Jeder bereitete sich zum Aufbruch. Auch der Syba- Als ihm Rhodopis beim Abschiede die Hand reichen "Begreife doch, Du unmäßiger Sybarit" -- wollte aufzubrechen, denn Mitternacht iſt längſt vorbei und un- Jeder bereitete ſich zum Aufbruch. Auch der Syba- Als ihm Rhodopis beim Abſchiede die Hand reichen „Begreife doch, Du unmäßiger Sybarit“ — wollte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="45"/> aufzubrechen, denn Mitternacht iſt längſt vorbei und un-<lb/> ſere Freude hat ihren Gipfel erreicht. Der wahrhaft<lb/> Gaſtfreie hebt die Tafel auf, wenn die Gäſte ſich am<lb/> wohlſten fühlen. Die angenehme, ungetrübte Erinnerung<lb/> wird Euch bald in dieſes Haus zurückführen, während ihr<lb/> es unlieber beſuchen würdet, — wenn ihr an Stunden der<lb/> Abſpannung gedenken müßtet, welche der Freude folgten.“<lb/> Alle Gäſte ſtimmten Rhodopis bei und Jbykus nannte ſie<lb/> eine echte Schülerin des Pythagoras, die feſtlich freudige<lb/> Erregung des Abends lobend.</p><lb/> <p>Jeder bereitete ſich zum Aufbruch. Auch der Syba-<lb/> rit, welcher, um ſeine Rührung, die ihm höchſt unbequem<lb/> war, zu übertäuben, übermäßig viel getrunken hatte, erhob<lb/> ſich, von ſeinen herbeigerufenen Sclaven <hi rendition="#sup">83</hi>) unterſtützt, aus<lb/> ſeiner bequemen Stellung — indem er von einem Bruch<lb/> des Gaſtrechts faſelte.</p><lb/> <p>Als ihm Rhodopis beim Abſchiede die Hand reichen<lb/> wollte, rief er, vom Geiſte des Weines übermannt: „Beim<lb/> Herkules, Rhodopis, — Du wirfſt uns zur Thür hinaus,<lb/> als wären wir läſtige Gläubiger. Jch bin nicht daran<lb/> gewöhnt, ſo lange ich noch ſtehen kann, von einem Gaſt-<lb/> mahle zu weichen; noch weniger aber, mich gleich einem<lb/> Paraſiten fortweiſen zu laſſen!“</p><lb/> <p>„Begreife doch, Du unmäßiger Sybarit“ — wollte<lb/> Rhodopis lächelnd ſich zu entſchuldigen verſuchen; Oino-<lb/> philos aber, den in ſeiner Weinlaune dieſe Entgegnung<lb/> der Greiſin verdroß, lachte ſpöttiſch auf und rief, der<lb/> Thür entgegentaumelnd: „Unmäßiger Sybarit, ſagſt Du?<lb/> Gut! Jch gebe Dir darauf zur Antwort: ‚Unverſchämte<lb/> Sclavin!‘ — Wahrhaftig, man merkt Dir immer noch<lb/> an, was Du in Deiner Jugend geweſen biſt. Lebe wohl,<lb/> Sclavin des Jadmon und Xanthos, Freigelaſſene des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0063]
aufzubrechen, denn Mitternacht iſt längſt vorbei und un-
ſere Freude hat ihren Gipfel erreicht. Der wahrhaft
Gaſtfreie hebt die Tafel auf, wenn die Gäſte ſich am
wohlſten fühlen. Die angenehme, ungetrübte Erinnerung
wird Euch bald in dieſes Haus zurückführen, während ihr
es unlieber beſuchen würdet, — wenn ihr an Stunden der
Abſpannung gedenken müßtet, welche der Freude folgten.“
Alle Gäſte ſtimmten Rhodopis bei und Jbykus nannte ſie
eine echte Schülerin des Pythagoras, die feſtlich freudige
Erregung des Abends lobend.
Jeder bereitete ſich zum Aufbruch. Auch der Syba-
rit, welcher, um ſeine Rührung, die ihm höchſt unbequem
war, zu übertäuben, übermäßig viel getrunken hatte, erhob
ſich, von ſeinen herbeigerufenen Sclaven 83) unterſtützt, aus
ſeiner bequemen Stellung — indem er von einem Bruch
des Gaſtrechts faſelte.
Als ihm Rhodopis beim Abſchiede die Hand reichen
wollte, rief er, vom Geiſte des Weines übermannt: „Beim
Herkules, Rhodopis, — Du wirfſt uns zur Thür hinaus,
als wären wir läſtige Gläubiger. Jch bin nicht daran
gewöhnt, ſo lange ich noch ſtehen kann, von einem Gaſt-
mahle zu weichen; noch weniger aber, mich gleich einem
Paraſiten fortweiſen zu laſſen!“
„Begreife doch, Du unmäßiger Sybarit“ — wollte
Rhodopis lächelnd ſich zu entſchuldigen verſuchen; Oino-
philos aber, den in ſeiner Weinlaune dieſe Entgegnung
der Greiſin verdroß, lachte ſpöttiſch auf und rief, der
Thür entgegentaumelnd: „Unmäßiger Sybarit, ſagſt Du?
Gut! Jch gebe Dir darauf zur Antwort: ‚Unverſchämte
Sclavin!‘ — Wahrhaftig, man merkt Dir immer noch
an, was Du in Deiner Jugend geweſen biſt. Lebe wohl,
Sclavin des Jadmon und Xanthos, Freigelaſſene des
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