aufsuchen, denn sie haben Dich herzlich lieb gewonnen, und ich wünsche, daß Du dem armen Mädchen freundlich ge- sinnt sein mögest, -- ehe Du mit ihr in das ferne Land und zu den fremden Menschen ziehst, deren Fürstin sie werden soll. Nicht wahr, Du wirst Dich ihrer annehmen?" -- "Verlasse Dich darauf," betheuerte Krösus, den Hände- druck des Amasis erwiedernd. "Jch will Deiner Nitetis gleich einem Vater zur Seite stehen, und sie wird meiner bedürfen, denn die Frauengemächer der persischen Paläste haben gar schlüpfrigen Boden. Uebrigens wird ihr mit vieler Rücksicht begegnet werden. Kambyses darf mit sei- ner Wahl zufrieden sein und wird es hoch aufnehmen, daß Du ihm Dein schönstes Kind anvertraust. Nebenchari hatte nur von Deiner andern Tochter, Tachot, gesprochen."
"Jch aber sende dennoch meine schöne Nitetis. Tachot ist so zart, daß sie die Anstrengungen der Reise und den Schmerz der Trennung kaum ertragen würde. Wenn ich meinem Herzen folgte, so dürfte auch Nitetis nicht nach Persien. Aber Aegypten bedarf des Friedens und ich war König, bevor ich Vater wurde!"
aufſuchen, denn ſie haben Dich herzlich lieb gewonnen, und ich wünſche, daß Du dem armen Mädchen freundlich ge- ſinnt ſein mögeſt, — ehe Du mit ihr in das ferne Land und zu den fremden Menſchen ziehſt, deren Fürſtin ſie werden ſoll. Nicht wahr, Du wirſt Dich ihrer annehmen?“ — „Verlaſſe Dich darauf,“ betheuerte Kröſus, den Hände- druck des Amaſis erwiedernd. „Jch will Deiner Nitetis gleich einem Vater zur Seite ſtehen, und ſie wird meiner bedürfen, denn die Frauengemächer der perſiſchen Paläſte haben gar ſchlüpfrigen Boden. Uebrigens wird ihr mit vieler Rückſicht begegnet werden. Kambyſes darf mit ſei- ner Wahl zufrieden ſein und wird es hoch aufnehmen, daß Du ihm Dein ſchönſtes Kind anvertrauſt. Nebenchari hatte nur von Deiner andern Tochter, Tachot, geſprochen.“
„Jch aber ſende dennoch meine ſchöne Nitetis. Tachot iſt ſo zart, daß ſie die Anſtrengungen der Reiſe und den Schmerz der Trennung kaum ertragen würde. Wenn ich meinem Herzen folgte, ſo dürfte auch Nitetis nicht nach Perſien. Aber Aegypten bedarf des Friedens und ich war König, bevor ich Vater wurde!“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0092"n="74"/>
aufſuchen, denn ſie haben Dich herzlich lieb gewonnen, und<lb/>
ich wünſche, daß Du dem armen Mädchen freundlich ge-<lb/>ſinnt ſein mögeſt, — ehe Du mit ihr in das ferne Land<lb/>
und zu den fremden Menſchen ziehſt, deren Fürſtin ſie<lb/>
werden ſoll. Nicht wahr, Du wirſt Dich ihrer annehmen?“<lb/>—„Verlaſſe Dich darauf,“ betheuerte Kröſus, den Hände-<lb/>
druck des Amaſis erwiedernd. „Jch will Deiner Nitetis<lb/>
gleich einem Vater zur Seite ſtehen, und ſie wird meiner<lb/>
bedürfen, denn die Frauengemächer der perſiſchen Paläſte<lb/>
haben gar ſchlüpfrigen Boden. Uebrigens wird ihr mit<lb/>
vieler Rückſicht begegnet werden. Kambyſes darf mit ſei-<lb/>
ner Wahl zufrieden ſein und wird es hoch aufnehmen, daß<lb/>
Du ihm Dein ſchönſtes Kind anvertrauſt. Nebenchari hatte<lb/>
nur von Deiner andern Tochter, Tachot, geſprochen.“</p><lb/><p>„Jch aber ſende dennoch meine ſchöne Nitetis. Tachot<lb/>
iſt ſo zart, daß ſie die Anſtrengungen der Reiſe und den<lb/>
Schmerz der Trennung kaum ertragen würde. Wenn ich<lb/>
meinem Herzen folgte, ſo dürfte auch Nitetis nicht nach<lb/>
Perſien. Aber Aegypten bedarf des Friedens und ich war<lb/>
König, bevor ich Vater wurde!“</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></body></text></TEI>
[74/0092]
aufſuchen, denn ſie haben Dich herzlich lieb gewonnen, und
ich wünſche, daß Du dem armen Mädchen freundlich ge-
ſinnt ſein mögeſt, — ehe Du mit ihr in das ferne Land
und zu den fremden Menſchen ziehſt, deren Fürſtin ſie
werden ſoll. Nicht wahr, Du wirſt Dich ihrer annehmen?“
— „Verlaſſe Dich darauf,“ betheuerte Kröſus, den Hände-
druck des Amaſis erwiedernd. „Jch will Deiner Nitetis
gleich einem Vater zur Seite ſtehen, und ſie wird meiner
bedürfen, denn die Frauengemächer der perſiſchen Paläſte
haben gar ſchlüpfrigen Boden. Uebrigens wird ihr mit
vieler Rückſicht begegnet werden. Kambyſes darf mit ſei-
ner Wahl zufrieden ſein und wird es hoch aufnehmen, daß
Du ihm Dein ſchönſtes Kind anvertrauſt. Nebenchari hatte
nur von Deiner andern Tochter, Tachot, geſprochen.“
„Jch aber ſende dennoch meine ſchöne Nitetis. Tachot
iſt ſo zart, daß ſie die Anſtrengungen der Reiſe und den
Schmerz der Trennung kaum ertragen würde. Wenn ich
meinem Herzen folgte, ſo dürfte auch Nitetis nicht nach
Perſien. Aber Aegypten bedarf des Friedens und ich war
König, bevor ich Vater wurde!“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/92>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.