Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864."Noch Eins, mein König: Du weißt, daß morgen "Kandaulos wird seine Augen offen halten, wenn ihm Boges verneigte sich tief und verließ das Gemach Kambyses ging bis zum Morgen in seinen Gemächern Bartja, der Vernichter seines Glücks, sollte sogleich Zwei Stunden nach dem Aufgange der Sonne „Noch Eins, mein König: Du weißt, daß morgen „Kandaulos wird ſeine Augen offen halten, wenn ihm Boges verneigte ſich tief und verließ das Gemach Kambyſes ging bis zum Morgen in ſeinen Gemächern Bartja, der Vernichter ſeines Glücks, ſollte ſogleich Zwei Stunden nach dem Aufgange der Sonne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0138" n="136"/> <p>„Noch Eins, mein König: Du weißt, daß morgen<lb/> Nacht in den hängenden Gärten die ſeltne blaue Lilie<lb/> erblüht. Hyſtaspes, Jntaphernes, Gobryas, Kröſus und<lb/> Oropaſtes, die größten Gartenkünſtler an Deinem Hofe,<lb/> möchten dieſelbe ‚gern in Augenſchein nehmen. Dür-<lb/> fen ſie auf wenige Minuten die hängenden Gärten betre-<lb/> ten? Kandaulos ſoll Acht haben, daß ſie nicht mit der<lb/> Aegypterin verkehren.“</p><lb/> <p>„Kandaulos wird ſeine Augen offen halten, wenn ihm<lb/> ſein Leben lieb iſt. — Geh!“</p><lb/> <p>Boges verneigte ſich tief und verließ das Gemach<lb/> des Königs. Den Sclaven, welche ihm mit Fackeln vor-<lb/> anleuchteten, warf er einige Goldſtücke zu. Er war gar<lb/> zu fröhlich! All ſeine Pläne glückten über jede Er-<lb/> wartung, denn das Schickſal der Nitetis ſchien ſo<lb/> gut als entſchieden, und er hielt das Leben des Kan-<lb/> daulos, ſeines Standesgenoſſen, den er haßte, in ſeinen<lb/> Händen.</p><lb/> <p>Kambyſes ging bis zum Morgen in ſeinen Gemächern<lb/> auf und nieder. Als die Hähne krähten, hatte er feſt<lb/> beſchloſſen, Nitetis zu einem Geſtändniſſe zu zwingen und<lb/> ſie dann, als Magd der Kebsweiber, in das große<lb/> Harem zu ſenden.</p><lb/> <p>Bartja, der Vernichter ſeines Glücks, ſollte ſogleich<lb/> nach Aegypten reiſen, und ſpäter, als Satrap, entfernte<lb/> Provinzen verwalten. Er ſcheute das Verbrechen des<lb/> Brudermords, aber er kannte ſich ſelber gut genug, um<lb/> zu wiſſen, daß er in einem Augenblicke des Jähzorns <hi rendition="#g">d e</hi>n<lb/> Verhaßten tödten würde, wenn er ihn nicht aus dem Be-<lb/> reiche ſeiner Leidenſchaft entfernte.</p><lb/> <p>Zwei Stunden nach dem Aufgange der Sonne<lb/> jagte Kambyſes auf ſchnaubendem Hengſte ſeinem unab-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0138]
„Noch Eins, mein König: Du weißt, daß morgen
Nacht in den hängenden Gärten die ſeltne blaue Lilie
erblüht. Hyſtaspes, Jntaphernes, Gobryas, Kröſus und
Oropaſtes, die größten Gartenkünſtler an Deinem Hofe,
möchten dieſelbe ‚gern in Augenſchein nehmen. Dür-
fen ſie auf wenige Minuten die hängenden Gärten betre-
ten? Kandaulos ſoll Acht haben, daß ſie nicht mit der
Aegypterin verkehren.“
„Kandaulos wird ſeine Augen offen halten, wenn ihm
ſein Leben lieb iſt. — Geh!“
Boges verneigte ſich tief und verließ das Gemach
des Königs. Den Sclaven, welche ihm mit Fackeln vor-
anleuchteten, warf er einige Goldſtücke zu. Er war gar
zu fröhlich! All ſeine Pläne glückten über jede Er-
wartung, denn das Schickſal der Nitetis ſchien ſo
gut als entſchieden, und er hielt das Leben des Kan-
daulos, ſeines Standesgenoſſen, den er haßte, in ſeinen
Händen.
Kambyſes ging bis zum Morgen in ſeinen Gemächern
auf und nieder. Als die Hähne krähten, hatte er feſt
beſchloſſen, Nitetis zu einem Geſtändniſſe zu zwingen und
ſie dann, als Magd der Kebsweiber, in das große
Harem zu ſenden.
Bartja, der Vernichter ſeines Glücks, ſollte ſogleich
nach Aegypten reiſen, und ſpäter, als Satrap, entfernte
Provinzen verwalten. Er ſcheute das Verbrechen des
Brudermords, aber er kannte ſich ſelber gut genug, um
zu wiſſen, daß er in einem Augenblicke des Jähzorns d en
Verhaßten tödten würde, wenn er ihn nicht aus dem Be-
reiche ſeiner Leidenſchaft entfernte.
Zwei Stunden nach dem Aufgange der Sonne
jagte Kambyſes auf ſchnaubendem Hengſte ſeinem unab-
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