Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864."Binde ihn, feßle ihn, Bischen! Führt den Verräther Weiter konnte der König nicht sprechen, denn er sank, Während dieses Entsetzen erregenden Schauspiels trat Krösus eilte der hohen Frau sofort entgegen, theilte Die Krämpfe desselben dauerten dießmal nicht lange. „Binde ihn, feßle ihn, Biſchen! Führt den Verräther Weiter konnte der König nicht ſprechen, denn er ſank, Während dieſes Entſetzen erregenden Schauſpiels trat Kröſus eilte der hohen Frau ſofort entgegen, theilte Die Krämpfe deſſelben dauerten dießmal nicht lange. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0168" n="166"/> <p>„Binde ihn, feßle ihn, Biſchen! Führt den Verräther<lb/> und die falſchen Zeugen in den Kerker! Morgen werden<lb/> ſie erdroſſelt! Tod iſt die Strafe für den Meineid! Wenn<lb/> ſie entwiſchen, ſo fallen die Köpfe der Wächter. Kein<lb/> Wort will ich hören; hinaus, ihr meineidigen Schurken.<lb/> Du eilſt auf die hängenden Gärten, Boges, und bringſt<lb/> die Aegypterin zu mir. Aber nein, ich will die Schlange<lb/> nicht mehr ſehn! Bald graut der Morgen. Zur Mittags-<lb/> zeit ſoll die Verrätherin durch die Stadt gepeitſcht wer-<lb/> den. Dann will ich ...“</p><lb/> <p>Weiter konnte der König nicht ſprechen, denn er ſank,<lb/> einem neuen epileptiſchen Krampfe verfallend, auf den<lb/> marmornen Fußboden der Halle nieder.</p><lb/> <p>Während dieſes Entſetzen erregenden Schauſpiels trat<lb/> die blinde Kaſſandane, geführt von dem greiſen Feldherrn<lb/> Megabyzos, in den Saal. Die Kunde des Geſchehenen<lb/> war in ihre einſamen Gemächer gedrungen; darum hatte<lb/> ſie ſich, trotz der nächtlichen Stunde, aufgemacht, um die<lb/> Wahrheit zu ergründen und ihren Sohn vor Uebereilungen<lb/> zu warnen. Feſt und unerſchütterlich glaubte ſie an die<lb/> Unſchuld des Bartja und der Nitetis, wenn ſie ſich das<lb/> Vorgefallene auch nicht erklären konnte. Zu mehreren<lb/> Malen hatte ſie verſucht, ſich mit der Letzteren in Verbin-<lb/> dung zu ſetzen, aber es war ihr nicht gelungen; denn die<lb/> Wächter hatten die Kühnheit gehabt, ihr, als ſie endlich<lb/> in eigner Perſon zu den hängenden Gärten kam, den Ein-<lb/> tritt zu unterſagen.</p><lb/> <p>Kröſus eilte der hohen Frau ſofort entgegen, theilte<lb/> ihr in ſchonender Weiſe das Vorgefallene mit, beſtärkte<lb/> ſie in dem Glauben an die Unſchuld der Angeklagten und<lb/> führte ſie zum Lager ihres Sohnes, des Königs.</p><lb/> <p>Die Krämpfe deſſelben dauerten dießmal nicht lange.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0168]
„Binde ihn, feßle ihn, Biſchen! Führt den Verräther
und die falſchen Zeugen in den Kerker! Morgen werden
ſie erdroſſelt! Tod iſt die Strafe für den Meineid! Wenn
ſie entwiſchen, ſo fallen die Köpfe der Wächter. Kein
Wort will ich hören; hinaus, ihr meineidigen Schurken.
Du eilſt auf die hängenden Gärten, Boges, und bringſt
die Aegypterin zu mir. Aber nein, ich will die Schlange
nicht mehr ſehn! Bald graut der Morgen. Zur Mittags-
zeit ſoll die Verrätherin durch die Stadt gepeitſcht wer-
den. Dann will ich ...“
Weiter konnte der König nicht ſprechen, denn er ſank,
einem neuen epileptiſchen Krampfe verfallend, auf den
marmornen Fußboden der Halle nieder.
Während dieſes Entſetzen erregenden Schauſpiels trat
die blinde Kaſſandane, geführt von dem greiſen Feldherrn
Megabyzos, in den Saal. Die Kunde des Geſchehenen
war in ihre einſamen Gemächer gedrungen; darum hatte
ſie ſich, trotz der nächtlichen Stunde, aufgemacht, um die
Wahrheit zu ergründen und ihren Sohn vor Uebereilungen
zu warnen. Feſt und unerſchütterlich glaubte ſie an die
Unſchuld des Bartja und der Nitetis, wenn ſie ſich das
Vorgefallene auch nicht erklären konnte. Zu mehreren
Malen hatte ſie verſucht, ſich mit der Letzteren in Verbin-
dung zu ſetzen, aber es war ihr nicht gelungen; denn die
Wächter hatten die Kühnheit gehabt, ihr, als ſie endlich
in eigner Perſon zu den hängenden Gärten kam, den Ein-
tritt zu unterſagen.
Kröſus eilte der hohen Frau ſofort entgegen, theilte
ihr in ſchonender Weiſe das Vorgefallene mit, beſtärkte
ſie in dem Glauben an die Unſchuld der Angeklagten und
führte ſie zum Lager ihres Sohnes, des Königs.
Die Krämpfe deſſelben dauerten dießmal nicht lange.
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