Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.Das Thor, durch welches der königliche Zug in die Diese Ungeheuer versinnbildlichten die Allgewalt der Sobald sich der König und der goldene Wagen zeigte, Das Thor, durch welches der königliche Zug in die Dieſe Ungeheuer verſinnbildlichten die Allgewalt der Sobald ſich der König und der goldene Wagen zeigte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0018" n="16"/> <p>Das Thor, durch welches der königliche Zug in die<lb/> Stadt gelangte, hatte vor den hohen Ankömmlingen ſeine<lb/> fünfzig Ellen hohen, ehernen Flügel weit geöffnet. Die-<lb/> ſen Eingang beſchirmte von jeder Seite ein Feſtungsthurm,<lb/> vor je welchem ſich, als Wächter, ein rieſiger, geflügelter<lb/> Stier von Stein mit ernſtem, bärtigem Menſchenkopfe<lb/> ausſtreckte <hi rendition="#sup">14</hi>).</p><lb/> <p>Dieſe Ungeheuer verſinnbildlichten die Allgewalt der<lb/> Gottheit und vereinten in ſich die größte Kraft im Leibe<lb/> des Stiers, die höchſte Einſicht im Menſchenhaupte und<lb/> die größte Schnelligkeit in den Flügeln des Adlers. Stau-<lb/> nend blickte Nitetis auf dieſe Rieſenpforte, freudig bewegt<lb/> in die lange, breite Straße der großen Stadt, welche, ihr<lb/> zu Ehren, im ſchönſten Feſtgewande prangte.</p><lb/> <p>Sobald ſich der König und der goldene Wagen zeigte,<lb/> brach die zuſammengelaufene Menge in lauten Jubel aus;<lb/> dieſer ſteigerte ſich aber zu einem unaufhörlichen, donnern-<lb/> den und kreiſchenden Freudengeſchrei, als man den heim-<lb/> kehrenden Bartja, den Liebling des Volkes, erblickte. Die<lb/> Menge hatte auch Kambyſes lange nicht geſehen, denn der<lb/> König zeigte ſich, nach mediſcher Sitte, nur ſelten in der<lb/> Oeffentlichkeit. Unſichtbar, wie die Gottheit, ſollte er re-<lb/> gieren, und ſein Erſcheinen unter dem Volke gleich einer<lb/> Feſtfreude erwartet werden. So hatte ſich denn auch heute<lb/> ganz Babylon aufgemacht, um den gefürchteten Herrſcher<lb/> und den geliebten Heimkehrenden zu ſehen und zu begrü-<lb/> ßen. Alle Fenſter waren von neugierigen Frauen beſetzt,<lb/> welche den Heranziehenden Blumen vor die Füße warfen<lb/> und wohlriechende Eſſenzen auf dieſelben hernieder goſſen.<lb/> Das ganze Pflaſter war mit Myrten und Palmenzweigen<lb/> beſtreut, grüne Bäume aller Arten ſtanden vor den Thüren,<lb/> Teppiche und Tücher hingen aus den Fenſtern, Blumen-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0018]
Das Thor, durch welches der königliche Zug in die
Stadt gelangte, hatte vor den hohen Ankömmlingen ſeine
fünfzig Ellen hohen, ehernen Flügel weit geöffnet. Die-
ſen Eingang beſchirmte von jeder Seite ein Feſtungsthurm,
vor je welchem ſich, als Wächter, ein rieſiger, geflügelter
Stier von Stein mit ernſtem, bärtigem Menſchenkopfe
ausſtreckte 14).
Dieſe Ungeheuer verſinnbildlichten die Allgewalt der
Gottheit und vereinten in ſich die größte Kraft im Leibe
des Stiers, die höchſte Einſicht im Menſchenhaupte und
die größte Schnelligkeit in den Flügeln des Adlers. Stau-
nend blickte Nitetis auf dieſe Rieſenpforte, freudig bewegt
in die lange, breite Straße der großen Stadt, welche, ihr
zu Ehren, im ſchönſten Feſtgewande prangte.
Sobald ſich der König und der goldene Wagen zeigte,
brach die zuſammengelaufene Menge in lauten Jubel aus;
dieſer ſteigerte ſich aber zu einem unaufhörlichen, donnern-
den und kreiſchenden Freudengeſchrei, als man den heim-
kehrenden Bartja, den Liebling des Volkes, erblickte. Die
Menge hatte auch Kambyſes lange nicht geſehen, denn der
König zeigte ſich, nach mediſcher Sitte, nur ſelten in der
Oeffentlichkeit. Unſichtbar, wie die Gottheit, ſollte er re-
gieren, und ſein Erſcheinen unter dem Volke gleich einer
Feſtfreude erwartet werden. So hatte ſich denn auch heute
ganz Babylon aufgemacht, um den gefürchteten Herrſcher
und den geliebten Heimkehrenden zu ſehen und zu begrü-
ßen. Alle Fenſter waren von neugierigen Frauen beſetzt,
welche den Heranziehenden Blumen vor die Füße warfen
und wohlriechende Eſſenzen auf dieſelben hernieder goſſen.
Das ganze Pflaſter war mit Myrten und Palmenzweigen
beſtreut, grüne Bäume aller Arten ſtanden vor den Thüren,
Teppiche und Tücher hingen aus den Fenſtern, Blumen-
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