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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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"Jetzt muß ich dem Schlusse dieses Briefes entgegen-
eilen, denn der Bote harrt desselben schon lange.

"Jch möchte Dir so gern etwas Erfreuliches mittheilen.
Aber wohin ich auch blicke, sehe ich Nichts als Trübes.
Dein Bruder verfällt immer mehr der Herrschsucht unsrer
Priesterkaste und besorgt, von Neithoteph geleitet, die
Geschäfte der Regierung für Deinen armen blinden Vater.

"Amasis läßt Psamtik volle Freiheit und sagt, daß es
ihn wenig kümmern könne, ob der Thronfolger einige
Tage früher oder später seine Stelle einnehme.

"Er hinderte Deinen Bruder nicht, die Kinder des
früheren Leibwachenobersten Phanes aus dem Hause der
Hellenin Rhodopis gewaltsamer Weise zu entführen, und
billigte es sogar, daß sein Sohn mit den Nachkommen der
zur Zeit des ersten Psamtik, wegen der Bevorzugung der
ionischen Söldner, nach Aethiopien ausgewanderten zwei-
malhunderttausend Krieger 75) in Verhandlung trat, um,
falls sie sich bereit erklären sollten, in ihre Heimat zurück-
zukehren, die hellenischen Soldaten entlassen zu können.
Die Verhandlungen blieben ohne Erfolg; Psamtik aber
hatte die Griechen, weil er die Kinder des Phanes un-
würdig behandelte, schwer beleidigt.

"Aristomachos drohte mit zehntausend der besten Söld-
ner Aegypten zu verlassen; ja er verlangte seinen Abschied,
als der Knabe des Phanes, auf Geheiß Deines Bruders,
umgebracht worden war. Da verschwand Aristomachos plötzlich,
Niemand weiß wohin; die Hellenen aber ließen sich durch
große Summen bestechen und blieben in Aegypten.

"Amasis schwieg zu alledem und sah opfernd und be-
tend ruhig zu, wie sein Sohn alle Theile des Volkes
bald beleidigte, bald in unwürdiger Weise zu verhöhnen
suchte. -- Hellenische und ägyptische Kriegsobersten, sowie

„Jetzt muß ich dem Schluſſe dieſes Briefes entgegen-
eilen, denn der Bote harrt deſſelben ſchon lange.

„Jch möchte Dir ſo gern etwas Erfreuliches mittheilen.
Aber wohin ich auch blicke, ſehe ich Nichts als Trübes.
Dein Bruder verfällt immer mehr der Herrſchſucht unſrer
Prieſterkaſte und beſorgt, von Neithoteph geleitet, die
Geſchäfte der Regierung für Deinen armen blinden Vater.

„Amaſis läßt Pſamtik volle Freiheit und ſagt, daß es
ihn wenig kümmern könne, ob der Thronfolger einige
Tage früher oder ſpäter ſeine Stelle einnehme.

„Er hinderte Deinen Bruder nicht, die Kinder des
früheren Leibwachenoberſten Phanes aus dem Hauſe der
Hellenin Rhodopis gewaltſamer Weiſe zu entführen, und
billigte es ſogar, daß ſein Sohn mit den Nachkommen der
zur Zeit des erſten Pſamtik, wegen der Bevorzugung der
ioniſchen Söldner, nach Aethiopien ausgewanderten zwei-
malhunderttauſend Krieger 75) in Verhandlung trat, um,
falls ſie ſich bereit erklären ſollten, in ihre Heimat zurück-
zukehren, die helleniſchen Soldaten entlaſſen zu können.
Die Verhandlungen blieben ohne Erfolg; Pſamtik aber
hatte die Griechen, weil er die Kinder des Phanes un-
würdig behandelte, ſchwer beleidigt.

„Ariſtomachos drohte mit zehntauſend der beſten Söld-
ner Aegypten zu verlaſſen; ja er verlangte ſeinen Abſchied,
als der Knabe des Phanes, auf Geheiß Deines Bruders,
umgebracht worden war. Da verſchwand Ariſtomachos plötzlich,
Niemand weiß wohin; die Hellenen aber ließen ſich durch
große Summen beſtechen und blieben in Aegypten.

„Amaſis ſchwieg zu alledem und ſah opfernd und be-
tend ruhig zu, wie ſein Sohn alle Theile des Volkes
bald beleidigte, bald in unwürdiger Weiſe zu verhöhnen
ſuchte. — Helleniſche und ägyptiſche Kriegsoberſten, ſowie

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[96/0098] „Jetzt muß ich dem Schluſſe dieſes Briefes entgegen- eilen, denn der Bote harrt deſſelben ſchon lange. „Jch möchte Dir ſo gern etwas Erfreuliches mittheilen. Aber wohin ich auch blicke, ſehe ich Nichts als Trübes. Dein Bruder verfällt immer mehr der Herrſchſucht unſrer Prieſterkaſte und beſorgt, von Neithoteph geleitet, die Geſchäfte der Regierung für Deinen armen blinden Vater. „Amaſis läßt Pſamtik volle Freiheit und ſagt, daß es ihn wenig kümmern könne, ob der Thronfolger einige Tage früher oder ſpäter ſeine Stelle einnehme. „Er hinderte Deinen Bruder nicht, die Kinder des früheren Leibwachenoberſten Phanes aus dem Hauſe der Hellenin Rhodopis gewaltſamer Weiſe zu entführen, und billigte es ſogar, daß ſein Sohn mit den Nachkommen der zur Zeit des erſten Pſamtik, wegen der Bevorzugung der ioniſchen Söldner, nach Aethiopien ausgewanderten zwei- malhunderttauſend Krieger 75) in Verhandlung trat, um, falls ſie ſich bereit erklären ſollten, in ihre Heimat zurück- zukehren, die helleniſchen Soldaten entlaſſen zu können. Die Verhandlungen blieben ohne Erfolg; Pſamtik aber hatte die Griechen, weil er die Kinder des Phanes un- würdig behandelte, ſchwer beleidigt. „Ariſtomachos drohte mit zehntauſend der beſten Söld- ner Aegypten zu verlaſſen; ja er verlangte ſeinen Abſchied, als der Knabe des Phanes, auf Geheiß Deines Bruders, umgebracht worden war. Da verſchwand Ariſtomachos plötzlich, Niemand weiß wohin; die Hellenen aber ließen ſich durch große Summen beſtechen und blieben in Aegypten. „Amaſis ſchwieg zu alledem und ſah opfernd und be- tend ruhig zu, wie ſein Sohn alle Theile des Volkes bald beleidigte, bald in unwürdiger Weiſe zu verhöhnen ſuchte. — Helleniſche und ägyptiſche Kriegsoberſten, ſowie

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/98>, abgerufen am 24.11.2024.