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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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werden. Jch habe viel in meinem Leben gefehlt, und
dennoch werden mich die Aegypter beweinen, denn ich kannte
stets ihre Bedürfnisse und war wie ein Vater auf ihr
Wohl bedacht. Für einen König, der seine Pflichten kennt,
ist es leicht und schön, sich die Liebe des Volkes, undank-
bar, den Beifall der Großen, beinahe unmöglich, die Zu-
friedenheit Beider zu erwerben.

"Erinnere Dich stets daran, daß Du und die Priester
für das Volk und nicht das Volk für Dich und die Priester
da ist. Ehre die Religion um ihrer selbst willen und als
die wesentlichste Stütze des Gehorsams der Völker gegen
die Könige; zeige aber den Verkündigern derselben, daß
Du sie nicht als Gefässe, sondern als Diener der Gottheit
betrachtest. Halte, wie das Gesetz befiehlt, am Alten fest;
verschließe aber niemals dem besseren Neuen das Thor des
Reiches. Frevler brechen schnell mit dem Hergebrachten,
Narren finden nur Fremdes und Neues wünschenswerth;
beschränkte Thoren oder eigennützige Bevorzugte klammern
sich unbedingt an das Alte und nennen den Fortschritt
Sünde; Weise bemühen sich, durch die Vergangenheit Be-
währtes festzuhalten, schadhaft Gewordenes zu beseitigen,
Gutes, möge es stammen woher es wolle, aufzunehmen.
Darnach handle, mein Sohn! Die Priester werden Dich
rückwärts zu drängen, die Hellenen Dich vorwärts zu trei-
ben versuchen. Schließe Dich dem einen oder dem andern
Theile an; hüte Dich aber, in der Mitte stehen zu bleiben
und heute diesen, morgen jenen nachzugeben. Eine Partei
sei Dein Freund, die andre Dein Feind, -- denn versuchst
Du es mit Beiden zu halten, so werden sehr bald Beide
Deine Feinde werden. Die Menschen sind einmal so, daß
sie Diejenigen hassen, welche ihren Gegnern Gutes er-
weisen.

werden. Jch habe viel in meinem Leben gefehlt, und
dennoch werden mich die Aegypter beweinen, denn ich kannte
ſtets ihre Bedürfniſſe und war wie ein Vater auf ihr
Wohl bedacht. Für einen König, der ſeine Pflichten kennt,
iſt es leicht und ſchön, ſich die Liebe des Volkes, undank-
bar, den Beifall der Großen, beinahe unmöglich, die Zu-
friedenheit Beider zu erwerben.

„Erinnere Dich ſtets daran, daß Du und die Prieſter
für das Volk und nicht das Volk für Dich und die Prieſter
da iſt. Ehre die Religion um ihrer ſelbſt willen und als
die weſentlichſte Stütze des Gehorſams der Völker gegen
die Könige; zeige aber den Verkündigern derſelben, daß
Du ſie nicht als Gefäſſe, ſondern als Diener der Gottheit
betrachteſt. Halte, wie das Geſetz befiehlt, am Alten feſt;
verſchließe aber niemals dem beſſeren Neuen das Thor des
Reiches. Frevler brechen ſchnell mit dem Hergebrachten,
Narren finden nur Fremdes und Neues wünſchenswerth;
beſchränkte Thoren oder eigennützige Bevorzugte klammern
ſich unbedingt an das Alte und nennen den Fortſchritt
Sünde; Weiſe bemühen ſich, durch die Vergangenheit Be-
währtes feſtzuhalten, ſchadhaft Gewordenes zu beſeitigen,
Gutes, möge es ſtammen woher es wolle, aufzunehmen.
Darnach handle, mein Sohn! Die Prieſter werden Dich
rückwärts zu drängen, die Hellenen Dich vorwärts zu trei-
ben verſuchen. Schließe Dich dem einen oder dem andern
Theile an; hüte Dich aber, in der Mitte ſtehen zu bleiben
und heute dieſen, morgen jenen nachzugeben. Eine Partei
ſei Dein Freund, die andre Dein Feind, — denn verſuchſt
Du es mit Beiden zu halten, ſo werden ſehr bald Beide
Deine Feinde werden. Die Menſchen ſind einmal ſo, daß
ſie Diejenigen haſſen, welche ihren Gegnern Gutes er-
weiſen.

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[125/0135] werden. Jch habe viel in meinem Leben gefehlt, und dennoch werden mich die Aegypter beweinen, denn ich kannte ſtets ihre Bedürfniſſe und war wie ein Vater auf ihr Wohl bedacht. Für einen König, der ſeine Pflichten kennt, iſt es leicht und ſchön, ſich die Liebe des Volkes, undank- bar, den Beifall der Großen, beinahe unmöglich, die Zu- friedenheit Beider zu erwerben. „Erinnere Dich ſtets daran, daß Du und die Prieſter für das Volk und nicht das Volk für Dich und die Prieſter da iſt. Ehre die Religion um ihrer ſelbſt willen und als die weſentlichſte Stütze des Gehorſams der Völker gegen die Könige; zeige aber den Verkündigern derſelben, daß Du ſie nicht als Gefäſſe, ſondern als Diener der Gottheit betrachteſt. Halte, wie das Geſetz befiehlt, am Alten feſt; verſchließe aber niemals dem beſſeren Neuen das Thor des Reiches. Frevler brechen ſchnell mit dem Hergebrachten, Narren finden nur Fremdes und Neues wünſchenswerth; beſchränkte Thoren oder eigennützige Bevorzugte klammern ſich unbedingt an das Alte und nennen den Fortſchritt Sünde; Weiſe bemühen ſich, durch die Vergangenheit Be- währtes feſtzuhalten, ſchadhaft Gewordenes zu beſeitigen, Gutes, möge es ſtammen woher es wolle, aufzunehmen. Darnach handle, mein Sohn! Die Prieſter werden Dich rückwärts zu drängen, die Hellenen Dich vorwärts zu trei- ben verſuchen. Schließe Dich dem einen oder dem andern Theile an; hüte Dich aber, in der Mitte ſtehen zu bleiben und heute dieſen, morgen jenen nachzugeben. Eine Partei ſei Dein Freund, die andre Dein Feind, — denn verſuchſt Du es mit Beiden zu halten, ſo werden ſehr bald Beide Deine Feinde werden. Die Menſchen ſind einmal ſo, daß ſie Diejenigen haſſen, welche ihren Gegnern Gutes er- weiſen.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/135>, abgerufen am 26.11.2024.