zehnfach verwirkt hast. Jch schulde Dir nichts mehr! Flieh' jetzt und meide mein Reich, denn von morgen an gehört Dein Haupt meinem Henker!"
Phanes verneigte sich schweigend, küßte das Gewand des Königs und stieg gemessenen Schrittes in den Hof hinab. Psamtik schaute ihm bebend nach und sprang an die Brüstung des Altans, sank aber, eh' er seine Lippen zu einem Fluche öffnen konnte, kraftlos zusammen.
Kambyses winkte seinem Gefolge und befahl dem Jägermeister, Vorbereitungen zu einer Löwenjagd in den libyschen Bergen zu treffen.
Wenige Tage später bekam er die Nachricht, daß sich Phanes ohne Aufenthalt nach Naukratis begeben und dort eine segelfertige sybaritische Triere bestiegen habe. Das Schreiben, in welchem ihm der Athener dieses mittheilte, schloß mit den Worten: "Auch danke ich Dir dafür, daß Du den von mir gemachten Schuh der Rache so willig angezogen hast. Du hieltest mich für Dein Werkzeug; Du aber bist das meine gewesen. Dieß theile ich Dir mit, um Dich vor Selbstüberhebung zu warnen. Uebrigens werde ich nie vergessen, daß ich Deiner Huld mein Leben verdanke. Sei glücklich und lerne das, was Dir vor Allem abgeht: ,Mäßigung!'"
zehnfach verwirkt haſt. Jch ſchulde Dir nichts mehr! Flieh’ jetzt und meide mein Reich, denn von morgen an gehört Dein Haupt meinem Henker!“
Phanes verneigte ſich ſchweigend, küßte das Gewand des Königs und ſtieg gemeſſenen Schrittes in den Hof hinab. Pſamtik ſchaute ihm bebend nach und ſprang an die Brüſtung des Altans, ſank aber, eh’ er ſeine Lippen zu einem Fluche öffnen konnte, kraftlos zuſammen.
Kambyſes winkte ſeinem Gefolge und befahl dem Jägermeiſter, Vorbereitungen zu einer Löwenjagd in den libyſchen Bergen zu treffen.
Wenige Tage ſpäter bekam er die Nachricht, daß ſich Phanes ohne Aufenthalt nach Naukratis begeben und dort eine ſegelfertige ſybaritiſche Triere beſtiegen habe. Das Schreiben, in welchem ihm der Athener dieſes mittheilte, ſchloß mit den Worten: „Auch danke ich Dir dafür, daß Du den von mir gemachten Schuh der Rache ſo willig angezogen haſt. Du hielteſt mich für Dein Werkzeug; Du aber biſt das meine geweſen. Dieß theile ich Dir mit, um Dich vor Selbſtüberhebung zu warnen. Uebrigens werde ich nie vergeſſen, daß ich Deiner Huld mein Leben verdanke. Sei glücklich und lerne das, was Dir vor Allem abgeht: ‚Mäßigung!‘“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0179"n="169"/>
zehnfach verwirkt haſt. Jch ſchulde Dir nichts mehr!<lb/>
Flieh’ jetzt und meide mein Reich, denn von morgen an<lb/>
gehört Dein Haupt meinem Henker!“</p><lb/><p>Phanes verneigte ſich ſchweigend, küßte das Gewand<lb/>
des Königs und ſtieg gemeſſenen Schrittes in den Hof<lb/>
hinab. Pſamtik ſchaute ihm bebend nach und ſprang an<lb/>
die Brüſtung des Altans, ſank aber, eh’ er ſeine Lippen<lb/>
zu einem Fluche öffnen konnte, kraftlos zuſammen.</p><lb/><p>Kambyſes winkte ſeinem Gefolge und befahl dem<lb/>
Jägermeiſter, Vorbereitungen zu einer Löwenjagd in den<lb/>
libyſchen Bergen zu treffen.</p><lb/><p>Wenige Tage ſpäter bekam er die Nachricht, daß ſich<lb/>
Phanes ohne Aufenthalt nach Naukratis begeben und dort<lb/>
eine ſegelfertige ſybaritiſche Triere beſtiegen habe. Das<lb/>
Schreiben, in welchem ihm der Athener dieſes mittheilte,<lb/>ſchloß mit den Worten: „Auch danke ich Dir dafür, daß<lb/>
Du den von mir gemachten Schuh der Rache ſo willig<lb/>
angezogen haſt. Du hielteſt mich für Dein Werkzeug;<lb/>
Du aber biſt das meine geweſen. Dieß theile ich Dir<lb/>
mit, um Dich vor Selbſtüberhebung zu warnen. Uebrigens<lb/>
werde ich nie vergeſſen, daß ich Deiner Huld mein Leben<lb/>
verdanke. Sei glücklich und lerne das, was Dir vor<lb/>
Allem abgeht: ‚Mäßigung!‘“</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></body></text></TEI>
[169/0179]
zehnfach verwirkt haſt. Jch ſchulde Dir nichts mehr!
Flieh’ jetzt und meide mein Reich, denn von morgen an
gehört Dein Haupt meinem Henker!“
Phanes verneigte ſich ſchweigend, küßte das Gewand
des Königs und ſtieg gemeſſenen Schrittes in den Hof
hinab. Pſamtik ſchaute ihm bebend nach und ſprang an
die Brüſtung des Altans, ſank aber, eh’ er ſeine Lippen
zu einem Fluche öffnen konnte, kraftlos zuſammen.
Kambyſes winkte ſeinem Gefolge und befahl dem
Jägermeiſter, Vorbereitungen zu einer Löwenjagd in den
libyſchen Bergen zu treffen.
Wenige Tage ſpäter bekam er die Nachricht, daß ſich
Phanes ohne Aufenthalt nach Naukratis begeben und dort
eine ſegelfertige ſybaritiſche Triere beſtiegen habe. Das
Schreiben, in welchem ihm der Athener dieſes mittheilte,
ſchloß mit den Worten: „Auch danke ich Dir dafür, daß
Du den von mir gemachten Schuh der Rache ſo willig
angezogen haſt. Du hielteſt mich für Dein Werkzeug;
Du aber biſt das meine geweſen. Dieß theile ich Dir
mit, um Dich vor Selbſtüberhebung zu warnen. Uebrigens
werde ich nie vergeſſen, daß ich Deiner Huld mein Leben
verdanke. Sei glücklich und lerne das, was Dir vor
Allem abgeht: ‚Mäßigung!‘“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/179>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.