"Jntaphernes zog uns geschickt genug aus der Schlinge," lachte Zopyros, "denn er rief dem Könige zu: ,Wir denken, daß Du den Vorzug verdienst, weil Du das Gebiet des Kyros nicht nur ohne Schmälerung besitzest, sondern auch unser Reich über das Meer hinaus durch die Eroberung von Aegypten vergrößert hast!' Diese Antwort behagte jedoch dem Könige nicht, denn er schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: "Schmeichler, elende Schmeichler!" Jntaphernes erschrak nicht wenig über diesen unerwarte- ten Angriff; -- der König aber wandte sich an Krösus und befragte diesen um seine Meinung.
"Mir scheint," antwortete unser kluger Freund, "als hättest Du den Werth Deines Vaters noch nicht erreicht; fehlt Dir doch," fügte er begütigend hinzu, "ein Sohn, wie ihn der hohe Verstorbene in Dir hinterließ 117)."
"Schön, schön," rief die Greisin dem Freunde lä- chelnd zu, indem sie in die Hände klatschte, "diese Worte hätten dem vielgewandten Odysseus Ehre gemacht! Aber wie nahm der König diese mit süßem Honig bestrichene Pille der Wahrheit auf?"
"Mit großem Beifall. Er dankte dem Krösus und nannte ihn seinen Freund."
"Jch aber," fuhr der Greis, das Wort ergreifend, fort, "benutzte die Gelegenheit, um ihn von seinem Vor- haben, die lange lebenden Athiopen, Ammonier und Kar- thager zu bekriegen, abzubringen. Von ersterem Volke weiß man nur märchenhafte Dinge und wird, bekriegt man dasselbe, mit großen Opfern einen kleinen Gewinn erkaufen. Die Oase des Ammon ist wegen der Wüste, welche dieselbe von Aegypten trennt, für ein größeres Heer kaum zugänglich, und es scheint mir sündhaft, gegen einen Gott und die Schätze eines solchen, möge man auch nicht
„Jntaphernes zog uns geſchickt genug aus der Schlinge,“ lachte Zopyros, „denn er rief dem Könige zu: ‚Wir denken, daß Du den Vorzug verdienſt, weil Du das Gebiet des Kyros nicht nur ohne Schmälerung beſitzeſt, ſondern auch unſer Reich über das Meer hinaus durch die Eroberung von Aegypten vergrößert haſt!‘ Dieſe Antwort behagte jedoch dem Könige nicht, denn er ſchlug mit der Fauſt auf den Tiſch und rief: „Schmeichler, elende Schmeichler!“ Jntaphernes erſchrak nicht wenig über dieſen unerwarte- ten Angriff; — der König aber wandte ſich an Kröſus und befragte dieſen um ſeine Meinung.
„Mir ſcheint,“ antwortete unſer kluger Freund, „als hätteſt Du den Werth Deines Vaters noch nicht erreicht; fehlt Dir doch,“ fügte er begütigend hinzu, „ein Sohn, wie ihn der hohe Verſtorbene in Dir hinterließ 117).“
„Schön, ſchön,“ rief die Greiſin dem Freunde lä- chelnd zu, indem ſie in die Hände klatſchte, „dieſe Worte hätten dem vielgewandten Odyſſeus Ehre gemacht! Aber wie nahm der König dieſe mit ſüßem Honig beſtrichene Pille der Wahrheit auf?“
„Mit großem Beifall. Er dankte dem Kröſus und nannte ihn ſeinen Freund.“
„Jch aber,“ fuhr der Greis, das Wort ergreifend, fort, „benutzte die Gelegenheit, um ihn von ſeinem Vor- haben, die lange lebenden Athiopen, Ammonier und Kar- thager zu bekriegen, abzubringen. Von erſterem Volke weiß man nur märchenhafte Dinge und wird, bekriegt man daſſelbe, mit großen Opfern einen kleinen Gewinn erkaufen. Die Oaſe des Ammon iſt wegen der Wüſte, welche dieſelbe von Aegypten trennt, für ein größeres Heer kaum zugänglich, und es ſcheint mir ſündhaft, gegen einen Gott und die Schätze eines ſolchen, möge man auch nicht
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„Jntaphernes zog uns geſchickt genug aus der Schlinge,“
lachte Zopyros, „denn er rief dem Könige zu: ‚Wir denken,
daß Du den Vorzug verdienſt, weil Du das Gebiet des
Kyros nicht nur ohne Schmälerung beſitzeſt, ſondern auch
unſer Reich über das Meer hinaus durch die Eroberung
von Aegypten vergrößert haſt!‘ Dieſe Antwort behagte
jedoch dem Könige nicht, denn er ſchlug mit der Fauſt auf
den Tiſch und rief: „Schmeichler, elende Schmeichler!“
Jntaphernes erſchrak nicht wenig über dieſen unerwarte-
ten Angriff; — der König aber wandte ſich an Kröſus
und befragte dieſen um ſeine Meinung.
„Mir ſcheint,“ antwortete unſer kluger Freund, „als
hätteſt Du den Werth Deines Vaters noch nicht erreicht;
fehlt Dir doch,“ fügte er begütigend hinzu, „ein Sohn,
wie ihn der hohe Verſtorbene in Dir hinterließ 117).“
„Schön, ſchön,“ rief die Greiſin dem Freunde lä-
chelnd zu, indem ſie in die Hände klatſchte, „dieſe Worte hätten
dem vielgewandten Odyſſeus Ehre gemacht! Aber wie
nahm der König dieſe mit ſüßem Honig beſtrichene Pille
der Wahrheit auf?“
„Mit großem Beifall. Er dankte dem Kröſus und
nannte ihn ſeinen Freund.“
„Jch aber,“ fuhr der Greis, das Wort ergreifend,
fort, „benutzte die Gelegenheit, um ihn von ſeinem Vor-
haben, die lange lebenden Athiopen, Ammonier und Kar-
thager zu bekriegen, abzubringen. Von erſterem Volke
weiß man nur märchenhafte Dinge und wird, bekriegt
man daſſelbe, mit großen Opfern einen kleinen Gewinn
erkaufen. Die Oaſe des Ammon iſt wegen der Wüſte,
welche dieſelbe von Aegypten trennt, für ein größeres Heer
kaum zugänglich, und es ſcheint mir ſündhaft, gegen einen
Gott und die Schätze eines ſolchen, möge man auch nicht
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/184>, abgerufen am 17.06.2024.
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