schaften aufgefaßt und mit diesem Begriff wirken sie fort. Man kann ihre Bilder nicht gut und nicht schlecht nennen. Sie sind nicht schlecht, weil überall ein tüch¬ tiges Muster hindurchblickt. Aber man kann sie nicht gut heißen, weil den Künstlern gewöhnlich Poussin's große Persönlichkeit fehlt. Es ist unter den Poeten nicht anders, und es giebt deren, die sich z. B. in Shakspeare's großer Manier sehr unzulänglich ausnehmen würden."
Zum Schluß Rauch's Modell zu Goethe's Sta¬ tue, für Frankfurt bestimmt, lange betrachtet und be¬ sprochen.
Dienstag den 24. Februar 1824.
Heute um ein Uhr zu Goethe. Er legte mir Ma¬ nuscripte vor, die er für das erste Heft des fünften Bandes von Kunst und Alterthum dictirt hatte. Zu meiner Beurtheilung des deutschen Paria fand ich von ihm einen Anhang gemacht, sowohl in Bezug auf das französische Trauerspiel, als seine eigene lyrische Trilogie, wodurch denn dieser Gegenstand gewissermaßen in sich geschlossen war.
"Es ist gut, sagte Goethe, daß Sie bey Gelegen¬ heit Ihrer Recension sich die indischen Zustände zu eigen gemacht haben; denn wir behalten von unsern Studien am Ende doch nur das, was wir practisch anwenden."
ſchaften aufgefaßt und mit dieſem Begriff wirken ſie fort. Man kann ihre Bilder nicht gut und nicht ſchlecht nennen. Sie ſind nicht ſchlecht, weil uͤberall ein tuͤch¬ tiges Muſter hindurchblickt. Aber man kann ſie nicht gut heißen, weil den Kuͤnſtlern gewoͤhnlich Pouſſin's große Perſoͤnlichkeit fehlt. Es iſt unter den Poeten nicht anders, und es giebt deren, die ſich z. B. in Shakſpeare's großer Manier ſehr unzulaͤnglich ausnehmen wuͤrden.“
Zum Schluß Rauch's Modell zu Goethe's Sta¬ tue, fuͤr Frankfurt beſtimmt, lange betrachtet und be¬ ſprochen.
Dienſtag den 24. Februar 1824.
Heute um ein Uhr zu Goethe. Er legte mir Ma¬ nuſcripte vor, die er fuͤr das erſte Heft des fuͤnften Bandes von Kunſt und Alterthum dictirt hatte. Zu meiner Beurtheilung des deutſchen Paria fand ich von ihm einen Anhang gemacht, ſowohl in Bezug auf das franzoͤſiſche Trauerſpiel, als ſeine eigene lyriſche Trilogie, wodurch denn dieſer Gegenſtand gewiſſermaßen in ſich geſchloſſen war.
„Es iſt gut, ſagte Goethe, daß Sie bey Gelegen¬ heit Ihrer Recenſion ſich die indiſchen Zuſtaͤnde zu eigen gemacht haben; denn wir behalten von unſern Studien am Ende doch nur das, was wir practiſch anwenden.“
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ſchaften aufgefaßt und mit dieſem Begriff wirken ſie
fort. Man kann ihre Bilder nicht gut und nicht ſchlecht
nennen. Sie ſind nicht ſchlecht, weil uͤberall ein tuͤch¬
tiges Muſter hindurchblickt. Aber man kann ſie nicht
gut heißen, weil den Kuͤnſtlern gewoͤhnlich Pouſſin's
große Perſoͤnlichkeit fehlt. Es iſt unter den Poeten
nicht anders, und es giebt deren, die ſich z. B. in
Shakſpeare's großer Manier ſehr unzulaͤnglich ausnehmen
wuͤrden.“
Zum Schluß Rauch's Modell zu Goethe's Sta¬
tue, fuͤr Frankfurt beſtimmt, lange betrachtet und be¬
ſprochen.
Dienſtag den 24. Februar 1824.
Heute um ein Uhr zu Goethe. Er legte mir Ma¬
nuſcripte vor, die er fuͤr das erſte Heft des fuͤnften
Bandes von Kunſt und Alterthum dictirt hatte.
Zu meiner Beurtheilung des deutſchen Paria fand ich
von ihm einen Anhang gemacht, ſowohl in Bezug auf
das franzoͤſiſche Trauerſpiel, als ſeine eigene lyriſche
Trilogie, wodurch denn dieſer Gegenſtand gewiſſermaßen
in ſich geſchloſſen war.
„Es iſt gut, ſagte Goethe, daß Sie bey Gelegen¬
heit Ihrer Recenſion ſich die indiſchen Zuſtaͤnde zu eigen
gemacht haben; denn wir behalten von unſern Studien
am Ende doch nur das, was wir practiſch anwenden.“
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/131>, abgerufen am 27.11.2024.
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