worbene ruhig genießen mögen. Deßhalb sind wir im Alter immer Aristokraten ohne Ausnahme, wenn wir auch in der Jugend uns zu anderen Gesinnungen hin¬ neigten. Leo spricht über diesen Punkt mit großem Geiste."
"Im ästhetischen Fach sieht es freylich bey uns am schwächsten aus und wir können lange warten, bis wir auf einen Mann wie Carlyle stoßen. Es ist aber sehr artig, daß wir jetzt, bey dem engen Verkehr zwi¬ schen Franzosen, Engländern und Deutschen, in den Fall kommen uns einander zu corrigiren. Das ist der große Nutzen, der bey einer Weltliteratur herauskommt und der sich immer mehr zeigen wird. Carlyle hat das Leben von Schiller geschrieben und ihn überall so beurtheilt, wie ihn nicht leicht ein Deutscher beurtheilen wird. Dagegen sind wir über Shakspeare und Byron im Klaren und wissen deren Verdienste vielleicht besser zu schätzen als die Engländer selber."
Mittwoch den 18. July 1827.
"Ich habe Ihnen zu verkündigen, war heute Goethe's erstes Wort bey Tisch, daß Manzoni's Roman alles überflügelt, was wir in dieser Art kennen. Ich brauche Ihnen nichts weiter zu sagen, als daß das Innere, alles was aus der Seele des Dichters kommt, durchaus
worbene ruhig genießen moͤgen. Deßhalb ſind wir im Alter immer Ariſtokraten ohne Ausnahme, wenn wir auch in der Jugend uns zu anderen Geſinnungen hin¬ neigten. Leo ſpricht uͤber dieſen Punkt mit großem Geiſte.“
„Im aͤſthetiſchen Fach ſieht es freylich bey uns am ſchwaͤchſten aus und wir koͤnnen lange warten, bis wir auf einen Mann wie Carlyle ſtoßen. Es iſt aber ſehr artig, daß wir jetzt, bey dem engen Verkehr zwi¬ ſchen Franzoſen, Englaͤndern und Deutſchen, in den Fall kommen uns einander zu corrigiren. Das iſt der große Nutzen, der bey einer Weltliteratur herauskommt und der ſich immer mehr zeigen wird. Carlyle hat das Leben von Schiller geſchrieben und ihn uͤberall ſo beurtheilt, wie ihn nicht leicht ein Deutſcher beurtheilen wird. Dagegen ſind wir uͤber Shakſpeare und Byron im Klaren und wiſſen deren Verdienſte vielleicht beſſer zu ſchaͤtzen als die Englaͤnder ſelber.“
Mittwoch den 18. July 1827.
„Ich habe Ihnen zu verkuͤndigen, war heute Goethe's erſtes Wort bey Tiſch, daß Manzoni's Roman alles uͤberfluͤgelt, was wir in dieſer Art kennen. Ich brauche Ihnen nichts weiter zu ſagen, als daß das Innere, alles was aus der Seele des Dichters kommt, durchaus
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worbene ruhig genießen moͤgen. Deßhalb ſind wir im
Alter immer Ariſtokraten ohne Ausnahme, wenn wir
auch in der Jugend uns zu anderen Geſinnungen hin¬
neigten. Leo ſpricht uͤber dieſen Punkt mit großem
Geiſte.“
„Im aͤſthetiſchen Fach ſieht es freylich bey uns
am ſchwaͤchſten aus und wir koͤnnen lange warten, bis
wir auf einen Mann wie Carlyle ſtoßen. Es iſt aber
ſehr artig, daß wir jetzt, bey dem engen Verkehr zwi¬
ſchen Franzoſen, Englaͤndern und Deutſchen, in den Fall
kommen uns einander zu corrigiren. Das iſt der große
Nutzen, der bey einer Weltliteratur herauskommt und
der ſich immer mehr zeigen wird. Carlyle hat das Leben
von Schiller geſchrieben und ihn uͤberall ſo beurtheilt,
wie ihn nicht leicht ein Deutſcher beurtheilen wird.
Dagegen ſind wir uͤber Shakſpeare und Byron im
Klaren und wiſſen deren Verdienſte vielleicht beſſer zu
ſchaͤtzen als die Englaͤnder ſelber.“
Mittwoch den 18. July 1827.
„Ich habe Ihnen zu verkuͤndigen, war heute Goethe's
erſtes Wort bey Tiſch, daß Manzoni's Roman alles
uͤberfluͤgelt, was wir in dieſer Art kennen. Ich brauche
Ihnen nichts weiter zu ſagen, als daß das Innere,
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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