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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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wie die Art und Weise, wie Goethe mir die Scene
vortrug, ergriff mich wundersam, so daß ich mich ganz
in die Lage von Faust versetzt fühlte, den bey der
Mittheilung des Mephistopheles gleichfalls ein Schauer
überläuft.

Ich hatte das Dargestellte wohl gehört und wohl
empfunden, aber es blieb mir so vieles räthselhaft, daß
ich mich gedrungen fühlte, Goethe um einigen Ausschluß
zu bitten. Er aber, in seiner gewöhnlichen Art, hüllte
sich in Geheimnisse, indem er mich mit großen Augen
anblickte und mir die Worte wiederholte:
Die Mütter! Mütter! 's klingt so wunderlich! --

"Ich kann Ihnen weiter nichts verrathen, sagte er
darauf, als daß ich beym Plutarch gefunden, daß im
griechischen Alterthume von Müttern, als Gottheiten,
die Rede gewesen. Dieß ist alles was ich der Überlie¬
ferung verdanke, das Übrige ist meine eigene Erfindung.
Ich gebe Ihnen das Manuscript mit nach Hause, studi¬
ren Sie alles wohl und sehen Sie zu wie Sie zurecht
kommen."

Ich war darauf glücklich bey wiederholter ruhiger
Betrachtung dieser merkwürdigen Scene, und entwickelte
mir über der Mütter eigentliches Wesen und Wirken,
über ihre Umgebung und Aufenthalt, die nachfolgende
Ansicht.

Könnte man sich den ungeheuren Weltkörper unserer
Erde im Innern als leeren Raum denken, so daß man

wie die Art und Weiſe, wie Goethe mir die Scene
vortrug, ergriff mich wunderſam, ſo daß ich mich ganz
in die Lage von Fauſt verſetzt fuͤhlte, den bey der
Mittheilung des Mephiſtopheles gleichfalls ein Schauer
uͤberlaͤuft.

Ich hatte das Dargeſtellte wohl gehoͤrt und wohl
empfunden, aber es blieb mir ſo vieles raͤthſelhaft, daß
ich mich gedrungen fuͤhlte, Goethe um einigen Auſſchluß
zu bitten. Er aber, in ſeiner gewoͤhnlichen Art, huͤllte
ſich in Geheimniſſe, indem er mich mit großen Augen
anblickte und mir die Worte wiederholte:
Die Muͤtter! Muͤtter! 's klingt ſo wunderlich!

„Ich kann Ihnen weiter nichts verrathen, ſagte er
darauf, als daß ich beym Plutarch gefunden, daß im
griechiſchen Alterthume von Muͤttern, als Gottheiten,
die Rede geweſen. Dieß iſt alles was ich der Überlie¬
ferung verdanke, das Übrige iſt meine eigene Erfindung.
Ich gebe Ihnen das Manuſcript mit nach Hauſe, ſtudi¬
ren Sie alles wohl und ſehen Sie zu wie Sie zurecht
kommen.“

Ich war darauf gluͤcklich bey wiederholter ruhiger
Betrachtung dieſer merkwuͤrdigen Scene, und entwickelte
mir uͤber der Muͤtter eigentliches Weſen und Wirken,
uͤber ihre Umgebung und Aufenthalt, die nachfolgende
Anſicht.

Koͤnnte man ſich den ungeheuren Weltkoͤrper unſerer
Erde im Innern als leeren Raum denken, ſo daß man

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[171/0181] wie die Art und Weiſe, wie Goethe mir die Scene vortrug, ergriff mich wunderſam, ſo daß ich mich ganz in die Lage von Fauſt verſetzt fuͤhlte, den bey der Mittheilung des Mephiſtopheles gleichfalls ein Schauer uͤberlaͤuft. Ich hatte das Dargeſtellte wohl gehoͤrt und wohl empfunden, aber es blieb mir ſo vieles raͤthſelhaft, daß ich mich gedrungen fuͤhlte, Goethe um einigen Auſſchluß zu bitten. Er aber, in ſeiner gewoͤhnlichen Art, huͤllte ſich in Geheimniſſe, indem er mich mit großen Augen anblickte und mir die Worte wiederholte: Die Muͤtter! Muͤtter! 's klingt ſo wunderlich! — „Ich kann Ihnen weiter nichts verrathen, ſagte er darauf, als daß ich beym Plutarch gefunden, daß im griechiſchen Alterthume von Muͤttern, als Gottheiten, die Rede geweſen. Dieß iſt alles was ich der Überlie¬ ferung verdanke, das Übrige iſt meine eigene Erfindung. Ich gebe Ihnen das Manuſcript mit nach Hauſe, ſtudi¬ ren Sie alles wohl und ſehen Sie zu wie Sie zurecht kommen.“ Ich war darauf gluͤcklich bey wiederholter ruhiger Betrachtung dieſer merkwuͤrdigen Scene, und entwickelte mir uͤber der Muͤtter eigentliches Weſen und Wirken, uͤber ihre Umgebung und Aufenthalt, die nachfolgende Anſicht. Koͤnnte man ſich den ungeheuren Weltkoͤrper unſerer Erde im Innern als leeren Raum denken, ſo daß man

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/181>, abgerufen am 23.11.2024.