Mit Goethe zu Tisch. Er zeigt mir die Luftpflanze die ich mit großem Interesse betrachte. Ich bemerke darin ein Bestreben, ihre Existenz so lange wie möglich fortzusetzen, ehe sie einem folgenden Individuum erlaubt, sich zu manifestiren.
"Ich habe mir vorgenommen, sagte Goethe darauf, in vier Wochen so wenig den Temps als Globe zu lesen. Die Sachen stehen so, daß sich innerhalb dieser Periode etwas ereignen muß, und so will ich die Zeit erwarten, bis mir von Außen eine solche Nachricht kommt. Meine classische Walpurgisnacht wird dabey gewinnen, und ohnehin sind Jenes Interessen wovon man nichts hat, welches in manchen Fällen nicht genug bedacht wird."
Er giebt mir sodann einen Brief von Boisseree aus München, der ihm Freude gemacht und den ich gleichfalls mit hohem Vergnügen lese. Boisseree spricht besonders über den zweyten Aufenthalt in Rom, so wie über einige Punkte des letzten Heftes von Kunst und Alterthum. Er urtheilt über diese Dinge so wohl¬ wollend als gründlich, und wir finden Veranlassung, über die seltene Bildung und Thätigkeit dieses bedeu¬ tenden Mannes viel zu reden.
Goethe erzählt mir darauf von einem neuen Bilde von Cornelius, als sehr brav durchdacht und ausge¬
Sonntag, den 21. Februar 1830.
Mit Goethe zu Tiſch. Er zeigt mir die Luftpflanze die ich mit großem Intereſſe betrachte. Ich bemerke darin ein Beſtreben, ihre Exiſtenz ſo lange wie moͤglich fortzuſetzen, ehe ſie einem folgenden Individuum erlaubt, ſich zu manifeſtiren.
„Ich habe mir vorgenommen, ſagte Goethe darauf, in vier Wochen ſo wenig den Temps als Globe zu leſen. Die Sachen ſtehen ſo, daß ſich innerhalb dieſer Periode etwas ereignen muß, und ſo will ich die Zeit erwarten, bis mir von Außen eine ſolche Nachricht kommt. Meine claſſiſche Walpurgisnacht wird dabey gewinnen, und ohnehin ſind Jenes Intereſſen wovon man nichts hat, welches in manchen Faͤllen nicht genug bedacht wird.“
Er giebt mir ſodann einen Brief von Boiſſerée aus Muͤnchen, der ihm Freude gemacht und den ich gleichfalls mit hohem Vergnuͤgen leſe. Boiſſerée ſpricht beſonders uͤber den zweyten Aufenthalt in Rom, ſo wie uͤber einige Punkte des letzten Heftes von Kunſt und Alterthum. Er urtheilt uͤber dieſe Dinge ſo wohl¬ wollend als gruͤndlich, und wir finden Veranlaſſung, uͤber die ſeltene Bildung und Thaͤtigkeit dieſes bedeu¬ tenden Mannes viel zu reden.
Goethe erzaͤhlt mir darauf von einem neuen Bilde von Cornelius, als ſehr brav durchdacht und ausge¬
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Sonntag, den 21. Februar 1830.
Mit Goethe zu Tiſch. Er zeigt mir die Luftpflanze
die ich mit großem Intereſſe betrachte. Ich bemerke
darin ein Beſtreben, ihre Exiſtenz ſo lange wie moͤglich
fortzuſetzen, ehe ſie einem folgenden Individuum erlaubt,
ſich zu manifeſtiren.
„Ich habe mir vorgenommen, ſagte Goethe darauf,
in vier Wochen ſo wenig den Temps als Globe zu
leſen. Die Sachen ſtehen ſo, daß ſich innerhalb dieſer
Periode etwas ereignen muß, und ſo will ich die Zeit
erwarten, bis mir von Außen eine ſolche Nachricht
kommt. Meine claſſiſche Walpurgisnacht wird dabey
gewinnen, und ohnehin ſind Jenes Intereſſen wovon
man nichts hat, welches in manchen Faͤllen nicht genug
bedacht wird.“
Er giebt mir ſodann einen Brief von Boiſſer é e
aus Muͤnchen, der ihm Freude gemacht und den ich
gleichfalls mit hohem Vergnuͤgen leſe. Boiſſerée ſpricht
beſonders uͤber den zweyten Aufenthalt in Rom,
ſo wie uͤber einige Punkte des letzten Heftes von Kunſt
und Alterthum. Er urtheilt uͤber dieſe Dinge ſo wohl¬
wollend als gruͤndlich, und wir finden Veranlaſſung,
uͤber die ſeltene Bildung und Thaͤtigkeit dieſes bedeu¬
tenden Mannes viel zu reden.
Goethe erzaͤhlt mir darauf von einem neuen Bilde
von Cornelius, als ſehr brav durchdacht und ausge¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/199>, abgerufen am 23.11.2024.
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