der großen Hitze weiter mitzuschleppen, und wir wurden eins, daß ich noch Genua versuchen, und wenn dort mein Befinden sich nicht bessern sollte, es meiner Wahl überlassen sey, nach Deutschland zurückzugehen.
So hatten wir uns einige Zeit in Genua aufgehal¬ ten, als ein Brief von Ihnen uns erreichte, worin Sie aus der Ferne her zu empfinden schienen, wie es unge¬ fähr mit uns stehen möchte, und worin Sie aussprachen, daß, im Fall ich etwa Neigung hätte zurückzukehren, ich Ihnen willkommen seyn solle.
Wir verehrten Ihren Blick, und waren erfreut, daß Sie jenseits der Alpen Ihre Zustimmung zu einer An¬ gelegenheit gaben, die so eben unter uns ausgemacht worden. Ich war entschlossen sogleich zu gehen, Ihr Herr Sohn jedoch fand es artig, wenn ich noch bleiben und an demselbigen Tage mit ihm zugleich abreisen wollte.
Dieses that ich mit Freuden, und so war es denn Sonntag den 25. July Morgens vier Uhr, als wir uns auf der Straße in Genua zum Lebewohl umarm¬ ten. Zwey Wagen standen, der eine um an der Küste hinauf nach Livorno zu gehen, welchen Ihr Herr Sohn bestieg, der andere über das Gebirge nach Turin bereit, worin ich mich zu anderen Gefährten setzte. So fuhren wir auseinander, in entgegengesetzten Richtungen, beyde gerührt und mit den treuesten Wünschen für unser wech¬ selseitiges Wohl.
der großen Hitze weiter mitzuſchleppen, und wir wurden eins, daß ich noch Genua verſuchen, und wenn dort mein Befinden ſich nicht beſſern ſollte, es meiner Wahl uͤberlaſſen ſey, nach Deutſchland zuruͤckzugehen.
So hatten wir uns einige Zeit in Genua aufgehal¬ ten, als ein Brief von Ihnen uns erreichte, worin Sie aus der Ferne her zu empfinden ſchienen, wie es unge¬ faͤhr mit uns ſtehen moͤchte, und worin Sie ausſprachen, daß, im Fall ich etwa Neigung haͤtte zuruͤckzukehren, ich Ihnen willkommen ſeyn ſolle.
Wir verehrten Ihren Blick, und waren erfreut, daß Sie jenſeits der Alpen Ihre Zuſtimmung zu einer An¬ gelegenheit gaben, die ſo eben unter uns ausgemacht worden. Ich war entſchloſſen ſogleich zu gehen, Ihr Herr Sohn jedoch fand es artig, wenn ich noch bleiben und an demſelbigen Tage mit ihm zugleich abreiſen wollte.
Dieſes that ich mit Freuden, und ſo war es denn Sonntag den 25. July Morgens vier Uhr, als wir uns auf der Straße in Genua zum Lebewohl umarm¬ ten. Zwey Wagen ſtanden, der eine um an der Kuͤſte hinauf nach Livorno zu gehen, welchen Ihr Herr Sohn beſtieg, der andere uͤber das Gebirge nach Turin bereit, worin ich mich zu anderen Gefaͤhrten ſetzte. So fuhren wir auseinander, in entgegengeſetzten Richtungen, beyde geruͤhrt und mit den treueſten Wuͤnſchen fuͤr unſer wech¬ ſelſeitiges Wohl.
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der großen Hitze weiter mitzuſchleppen, und wir wurden
eins, daß ich noch Genua verſuchen, und wenn dort
mein Befinden ſich nicht beſſern ſollte, es meiner Wahl
uͤberlaſſen ſey, nach Deutſchland zuruͤckzugehen.
So hatten wir uns einige Zeit in Genua aufgehal¬
ten, als ein Brief von Ihnen uns erreichte, worin Sie
aus der Ferne her zu empfinden ſchienen, wie es unge¬
faͤhr mit uns ſtehen moͤchte, und worin Sie ausſprachen,
daß, im Fall ich etwa Neigung haͤtte zuruͤckzukehren, ich
Ihnen willkommen ſeyn ſolle.
Wir verehrten Ihren Blick, und waren erfreut, daß
Sie jenſeits der Alpen Ihre Zuſtimmung zu einer An¬
gelegenheit gaben, die ſo eben unter uns ausgemacht
worden. Ich war entſchloſſen ſogleich zu gehen, Ihr
Herr Sohn jedoch fand es artig, wenn ich noch bleiben
und an demſelbigen Tage mit ihm zugleich abreiſen
wollte.
Dieſes that ich mit Freuden, und ſo war es denn
Sonntag den 25. July Morgens vier Uhr, als wir
uns auf der Straße in Genua zum Lebewohl umarm¬
ten. Zwey Wagen ſtanden, der eine um an der Kuͤſte
hinauf nach Livorno zu gehen, welchen Ihr Herr Sohn
beſtieg, der andere uͤber das Gebirge nach Turin bereit,
worin ich mich zu anderen Gefaͤhrten ſetzte. So fuhren
wir auseinander, in entgegengeſetzten Richtungen, beyde
geruͤhrt und mit den treueſten Wuͤnſchen fuͤr unſer wech¬
ſelſeitiges Wohl.
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/232>, abgerufen am 21.11.2024.
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