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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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Er wird also, sagte ich, völlig im Character des
übrigen seyn; denn im Grunde sind doch der Auerbach¬
sche Keller, die Hexenküche, der Blocksberg, der Reichs¬
tag, die Maskerade, das Papiergeld, das Laboratorium,
die classische Walpurgisnacht, die Helena, lauter für
sich bestehende kleine Weltenkreise, die, in sich abge¬
schlossen, wohl auf einander wirken, aber doch einander
wenig angehen. Dem Dichter liegt daran, eine mannig¬
faltige Welt auszusprechen, und er benutzt die Fabel
eines berühmten Helden bloß als eine Art von durch¬
gehender Schnur, um darauf aneinander zu reihen was
er Lust hat. Es ist mit der Odyssee und dem Gil-Blas
auch nicht anders.

"Sie haben vollkommen Recht, sagte Goethe; auch
kommt es bey einer solchen Komposition bloß darauf an,
daß die einzelnen Massen bedeutend und klar seyen, wäh¬
rend es als ein Ganzes immer incommensurabel bleibt,
aber eben deßwegen, gleich einem unaufgelösten Problem,
die Menschen zu wiederholter Betrachtung immer wieder
anlockt."

Ich erzählte sodann von dem Brief eines jungen
Militairs, dem ich, nebst anderen Freunden, gerathen
hatte in ausländische Dienste zu gehen, und der nun,
da er die fremden Zustände nicht nach seinem Sinne
gefunden, auf alle diejenigen schilt, die ihm gerathen.

"Es ist mit dem Rathgeben ein eigenes Ding, sagte
Goethe, und wenn man eine Weile in der Welt gesehen

Er wird alſo, ſagte ich, voͤllig im Character des
uͤbrigen ſeyn; denn im Grunde ſind doch der Auerbach¬
ſche Keller, die Hexenkuͤche, der Blocksberg, der Reichs¬
tag, die Maskerade, das Papiergeld, das Laboratorium,
die claſſiſche Walpurgisnacht, die Helena, lauter fuͤr
ſich beſtehende kleine Weltenkreiſe, die, in ſich abge¬
ſchloſſen, wohl auf einander wirken, aber doch einander
wenig angehen. Dem Dichter liegt daran, eine mannig¬
faltige Welt auszuſprechen, und er benutzt die Fabel
eines beruͤhmten Helden bloß als eine Art von durch¬
gehender Schnur, um darauf aneinander zu reihen was
er Luſt hat. Es iſt mit der Odyſſee und dem Gil-Blas
auch nicht anders.

„Sie haben vollkommen Recht, ſagte Goethe; auch
kommt es bey einer ſolchen Kompoſition bloß darauf an,
daß die einzelnen Maſſen bedeutend und klar ſeyen, waͤh¬
rend es als ein Ganzes immer incommenſurabel bleibt,
aber eben deßwegen, gleich einem unaufgeloͤsten Problem,
die Menſchen zu wiederholter Betrachtung immer wieder
anlockt.“

Ich erzaͤhlte ſodann von dem Brief eines jungen
Militairs, dem ich, nebſt anderen Freunden, gerathen
hatte in auslaͤndiſche Dienſte zu gehen, und der nun,
da er die fremden Zuſtaͤnde nicht nach ſeinem Sinne
gefunden, auf alle diejenigen ſchilt, die ihm gerathen.

„Es iſt mit dem Rathgeben ein eigenes Ding, ſagte
Goethe, und wenn man eine Weile in der Welt geſehen

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[264/0274] Er wird alſo, ſagte ich, voͤllig im Character des uͤbrigen ſeyn; denn im Grunde ſind doch der Auerbach¬ ſche Keller, die Hexenkuͤche, der Blocksberg, der Reichs¬ tag, die Maskerade, das Papiergeld, das Laboratorium, die claſſiſche Walpurgisnacht, die Helena, lauter fuͤr ſich beſtehende kleine Weltenkreiſe, die, in ſich abge¬ ſchloſſen, wohl auf einander wirken, aber doch einander wenig angehen. Dem Dichter liegt daran, eine mannig¬ faltige Welt auszuſprechen, und er benutzt die Fabel eines beruͤhmten Helden bloß als eine Art von durch¬ gehender Schnur, um darauf aneinander zu reihen was er Luſt hat. Es iſt mit der Odyſſee und dem Gil-Blas auch nicht anders. „Sie haben vollkommen Recht, ſagte Goethe; auch kommt es bey einer ſolchen Kompoſition bloß darauf an, daß die einzelnen Maſſen bedeutend und klar ſeyen, waͤh¬ rend es als ein Ganzes immer incommenſurabel bleibt, aber eben deßwegen, gleich einem unaufgeloͤsten Problem, die Menſchen zu wiederholter Betrachtung immer wieder anlockt.“ Ich erzaͤhlte ſodann von dem Brief eines jungen Militairs, dem ich, nebſt anderen Freunden, gerathen hatte in auslaͤndiſche Dienſte zu gehen, und der nun, da er die fremden Zuſtaͤnde nicht nach ſeinem Sinne gefunden, auf alle diejenigen ſchilt, die ihm gerathen. „Es iſt mit dem Rathgeben ein eigenes Ding, ſagte Goethe, und wenn man eine Weile in der Welt geſehen

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/274>, abgerufen am 22.11.2024.