Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei Goethe zu Tisch. "Ich habe Euch die gute
Nachricht zu vermelden, sagte er, daß der Großherzog
unsern Riß des neuen Theaters genehmigt hat und
daß mit Legung des Grundes ungesäumt begonnen
wird."

Ich war über diese Eröffnung sehr froh.

"Wir hatten mit allerlei Gegenwirkungen zu kämpfen,
fuhr Goethe fort, allein wir sind zuletzt glücklich durch¬
gedrungen. Wir haben dabei sehr viel dem Geheimen¬
rath Schweitzer zu verdanken, der, wie sich von ihm
erwarten ließ, mit tüchtiger Gesinnung treu auf unserer
Seite stand. Der Riß ist vom Großherzog eigenhän¬
dig unterschrieben und erleidet nunmehr keine weitere
Aenderung. Freuet Euch also, denn Ihr bekommt ein
sehr gutes Theater."


Abends bei Goethe. Da unsere Gespräche über
Theater und Theaterleitung einmal an der Zeit waren,
so fragte ich ihn, nach welchen Maximen er bei der
Wahl eines neuen Mitglieds verfahren.

"Ich könnte es kaum sagen, erwiederte Goethe. Ich
verfuhr sehr verschieden. Ging dem neuen Schauspieler
ein bedeutender Ruf voran, so ließ ich ihn spielen und
sah wie er sich zu den Andern passe, ob seine Art und
Weise unser Ensemble nicht störe, und ob durch ihn

Bei Goethe zu Tiſch. „Ich habe Euch die gute
Nachricht zu vermelden, ſagte er, daß der Großherzog
unſern Riß des neuen Theaters genehmigt hat und
daß mit Legung des Grundes ungeſäumt begonnen
wird.“

Ich war über dieſe Eröffnung ſehr froh.

„Wir hatten mit allerlei Gegenwirkungen zu kämpfen,
fuhr Goethe fort, allein wir ſind zuletzt glücklich durch¬
gedrungen. Wir haben dabei ſehr viel dem Geheimen¬
rath Schweitzer zu verdanken, der, wie ſich von ihm
erwarten ließ, mit tüchtiger Geſinnung treu auf unſerer
Seite ſtand. Der Riß iſt vom Großherzog eigenhän¬
dig unterſchrieben und erleidet nunmehr keine weitere
Aenderung. Freuet Euch alſo, denn Ihr bekommt ein
ſehr gutes Theater.“


Abends bei Goethe. Da unſere Geſpräche über
Theater und Theaterleitung einmal an der Zeit waren,
ſo fragte ich ihn, nach welchen Maximen er bei der
Wahl eines neuen Mitglieds verfahren.

„Ich könnte es kaum ſagen, erwiederte Goethe. Ich
verfuhr ſehr verſchieden. Ging dem neuen Schauſpieler
ein bedeutender Ruf voran, ſo ließ ich ihn ſpielen und
ſah wie er ſich zu den Andern paſſe, ob ſeine Art und
Weiſe unſer Enſemble nicht ſtöre, und ob durch ihn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <pb facs="#f0101" n="79"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Sonntag, den 10. April 1825.<lb/></dateline>
          <p>Bei Goethe zu Ti&#x017F;ch. &#x201E;Ich habe Euch die gute<lb/>
Nachricht zu vermelden, &#x017F;agte er, daß der Großherzog<lb/>
un&#x017F;ern Riß des neuen Theaters genehmigt hat und<lb/>
daß mit Legung des Grundes unge&#x017F;äumt begonnen<lb/>
wird.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Ich war über die&#x017F;e Eröffnung &#x017F;ehr froh.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wir hatten mit allerlei Gegenwirkungen zu kämpfen,<lb/>
fuhr Goethe fort, allein wir &#x017F;ind zuletzt glücklich durch¬<lb/>
gedrungen. Wir haben dabei &#x017F;ehr viel dem Geheimen¬<lb/>
rath Schweitzer zu verdanken, der, wie &#x017F;ich von ihm<lb/>
erwarten ließ, mit tüchtiger Ge&#x017F;innung treu auf un&#x017F;erer<lb/>
Seite &#x017F;tand. Der Riß i&#x017F;t vom Großherzog eigenhän¬<lb/>
dig unter&#x017F;chrieben und erleidet nunmehr keine weitere<lb/>
Aenderung. Freuet Euch al&#x017F;o, denn Ihr bekommt ein<lb/>
&#x017F;ehr gutes Theater.&#x201C;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Donnerstag, den 14. April 1825.<lb/></dateline>
          <p>Abends bei Goethe. Da un&#x017F;ere Ge&#x017F;präche über<lb/>
Theater und Theaterleitung einmal an der Zeit waren,<lb/>
&#x017F;o fragte ich ihn, nach welchen Maximen er bei der<lb/>
Wahl eines neuen Mitglieds verfahren.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich könnte es kaum &#x017F;agen, erwiederte Goethe. Ich<lb/>
verfuhr &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden. Ging dem neuen Schau&#x017F;pieler<lb/>
ein bedeutender Ruf voran, &#x017F;o ließ ich ihn &#x017F;pielen und<lb/>
&#x017F;ah wie er &#x017F;ich zu den Andern pa&#x017F;&#x017F;e, ob &#x017F;eine Art und<lb/>
Wei&#x017F;e un&#x017F;er En&#x017F;emble nicht &#x017F;töre, und ob durch ihn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0101] Sonntag, den 10. April 1825. Bei Goethe zu Tiſch. „Ich habe Euch die gute Nachricht zu vermelden, ſagte er, daß der Großherzog unſern Riß des neuen Theaters genehmigt hat und daß mit Legung des Grundes ungeſäumt begonnen wird.“ Ich war über dieſe Eröffnung ſehr froh. „Wir hatten mit allerlei Gegenwirkungen zu kämpfen, fuhr Goethe fort, allein wir ſind zuletzt glücklich durch¬ gedrungen. Wir haben dabei ſehr viel dem Geheimen¬ rath Schweitzer zu verdanken, der, wie ſich von ihm erwarten ließ, mit tüchtiger Geſinnung treu auf unſerer Seite ſtand. Der Riß iſt vom Großherzog eigenhän¬ dig unterſchrieben und erleidet nunmehr keine weitere Aenderung. Freuet Euch alſo, denn Ihr bekommt ein ſehr gutes Theater.“ Donnerstag, den 14. April 1825. Abends bei Goethe. Da unſere Geſpräche über Theater und Theaterleitung einmal an der Zeit waren, ſo fragte ich ihn, nach welchen Maximen er bei der Wahl eines neuen Mitglieds verfahren. „Ich könnte es kaum ſagen, erwiederte Goethe. Ich verfuhr ſehr verſchieden. Ging dem neuen Schauſpieler ein bedeutender Ruf voran, ſo ließ ich ihn ſpielen und ſah wie er ſich zu den Andern paſſe, ob ſeine Art und Weiſe unſer Enſemble nicht ſtöre, und ob durch ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/101
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/101>, abgerufen am 23.11.2024.