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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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reicher, unterrichteter und von Herzen vortrefflicher wä¬
ren, als andere Leute auch.

"In solchen Dingen, mein Bester, erwiederte Goethe,
liegt's nicht. Es liegt auch nicht in der Geburt und
im Reichthum. Sondern es liegt darin, daß sie eben
die Courage haben, das zu seyn wozu die Natur sie
gemacht hat. Es ist an ihnen nichts verbildet und
verbogen, es sind an ihnen keine Halbheiten und Schief¬
heiten; sondern, wie sie auch sind, es sind immer
durchaus complete Menschen. Auch complete Narren
mitunter, das gebe ich von Herzen zu; allein es ist doch
was und hat doch auf der Wage der Natur immer
einiges Gewicht."

"Das Glück der persönlichen Freiheit, das Bewußt¬
seyn des englischen Namens und welche Bedeutung
ihm bei andern Nationen beiwohnt, kommt schon den
Kindern zu Gute, so daß sie sowohl in der Familie,
als in den Unterrichtsanstalten, mit weit größerer Ach¬
tung behandelt werden und einer weit glücklich-freieren
Entwickelung genießen, als bei uns Deutschen."

"Ich brauche nur in unserm lieben Weimar zum
Fenster hinauszusehen, um gewahr zu werden, wie es
bei uns steht. Als neulich der Schnee lag und meine
Nachbarskinder ihre kleinen Schlitten auf der Straße
probiren wollten, sogleich war ein Polizeidiener nahe,
und ich sah die armen Dingerchen fliehen, so schnell sie
konnten. Jetzt, wo die Frühlingssonne sie aus den

reicher, unterrichteter und von Herzen vortrefflicher wä¬
ren, als andere Leute auch.

„In ſolchen Dingen, mein Beſter, erwiederte Goethe,
liegt's nicht. Es liegt auch nicht in der Geburt und
im Reichthum. Sondern es liegt darin, daß ſie eben
die Courage haben, das zu ſeyn wozu die Natur ſie
gemacht hat. Es iſt an ihnen nichts verbildet und
verbogen, es ſind an ihnen keine Halbheiten und Schief¬
heiten; ſondern, wie ſie auch ſind, es ſind immer
durchaus complete Menſchen. Auch complete Narren
mitunter, das gebe ich von Herzen zu; allein es iſt doch
was und hat doch auf der Wage der Natur immer
einiges Gewicht.“

„Das Glück der perſönlichen Freiheit, das Bewußt¬
ſeyn des engliſchen Namens und welche Bedeutung
ihm bei andern Nationen beiwohnt, kommt ſchon den
Kindern zu Gute, ſo daß ſie ſowohl in der Familie,
als in den Unterrichtsanſtalten, mit weit größerer Ach¬
tung behandelt werden und einer weit glücklich-freieren
Entwickelung genießen, als bei uns Deutſchen.“

„Ich brauche nur in unſerm lieben Weimar zum
Fenſter hinauszuſehen, um gewahr zu werden, wie es
bei uns ſteht. Als neulich der Schnee lag und meine
Nachbarskinder ihre kleinen Schlitten auf der Straße
probiren wollten, ſogleich war ein Polizeidiener nahe,
und ich ſah die armen Dingerchen fliehen, ſo ſchnell ſie
konnten. Jetzt, wo die Frühlingsſonne ſie aus den

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[250/0272] reicher, unterrichteter und von Herzen vortrefflicher wä¬ ren, als andere Leute auch. „In ſolchen Dingen, mein Beſter, erwiederte Goethe, liegt's nicht. Es liegt auch nicht in der Geburt und im Reichthum. Sondern es liegt darin, daß ſie eben die Courage haben, das zu ſeyn wozu die Natur ſie gemacht hat. Es iſt an ihnen nichts verbildet und verbogen, es ſind an ihnen keine Halbheiten und Schief¬ heiten; ſondern, wie ſie auch ſind, es ſind immer durchaus complete Menſchen. Auch complete Narren mitunter, das gebe ich von Herzen zu; allein es iſt doch was und hat doch auf der Wage der Natur immer einiges Gewicht.“ „Das Glück der perſönlichen Freiheit, das Bewußt¬ ſeyn des engliſchen Namens und welche Bedeutung ihm bei andern Nationen beiwohnt, kommt ſchon den Kindern zu Gute, ſo daß ſie ſowohl in der Familie, als in den Unterrichtsanſtalten, mit weit größerer Ach¬ tung behandelt werden und einer weit glücklich-freieren Entwickelung genießen, als bei uns Deutſchen.“ „Ich brauche nur in unſerm lieben Weimar zum Fenſter hinauszuſehen, um gewahr zu werden, wie es bei uns ſteht. Als neulich der Schnee lag und meine Nachbarskinder ihre kleinen Schlitten auf der Straße probiren wollten, ſogleich war ein Polizeidiener nahe, und ich ſah die armen Dingerchen fliehen, ſo ſchnell ſie konnten. Jetzt, wo die Frühlingsſonne ſie aus den

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/272>, abgerufen am 22.11.2024.