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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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offen zu haben und auf allerlei Gutes und Nützliches
zu achten, das er in seinem Lande einführen könnte.
Ackerbau, Viehzucht und Industrie sind ihm auf diese
Weise unendlich viel schuldig geworden. Ueberhaupt
waren seine Tendenzen nicht persönlich, egoistisch, sondern
rein productiver Art, und zwar productiv für das all¬
gemeine Beste. Dadurch hat er sich denn auch einen
Namen gemacht, der über dieses kleine Land weit hin¬
ausgeht."

Sein sorgloses einfaches Aeußere, sagte ich, schien
anzudeuten, daß er den Ruhm nicht suche und daß er
sich wenig aus ihm mache. Es schien, als sey er be¬
rühmt geworden, ohne sein weiteres Zuthun, bloß wegen
seiner stillen Tüchtigkeit.

"Es ist damit ein eigenes Ding, erwiederte Goethe.
Ein Holz brennt, weil es Stoff dazu in sich hat, und
ein Mensch wird berühmt, weil der Stoff dazu in ihm
vorhanden. Suchen läßt sich der Ruhm nicht und
alles Jagen danach ist eitel. Es kann sich wohl Je¬
mand durch kluges Benehmen und allerlei künstliche
Mittel eine Art von Namen machen. Fehlt aber dabei
das innere Juwel, so ist es eitel und hält nicht auf
den andern Tag."

"Ebenso ist es mit der Gunst des Volkes. Er
suchte sie nicht und that den Leuten keineswegs schön;
aber das Volk liebte ihn, weil es fühlte, daß er ein
Herz für sie habe."

offen zu haben und auf allerlei Gutes und Nützliches
zu achten, das er in ſeinem Lande einführen könnte.
Ackerbau, Viehzucht und Induſtrie ſind ihm auf dieſe
Weiſe unendlich viel ſchuldig geworden. Ueberhaupt
waren ſeine Tendenzen nicht perſönlich, egoiſtiſch, ſondern
rein productiver Art, und zwar productiv für das all¬
gemeine Beſte. Dadurch hat er ſich denn auch einen
Namen gemacht, der über dieſes kleine Land weit hin¬
ausgeht.“

Sein ſorgloſes einfaches Aeußere, ſagte ich, ſchien
anzudeuten, daß er den Ruhm nicht ſuche und daß er
ſich wenig aus ihm mache. Es ſchien, als ſey er be¬
rühmt geworden, ohne ſein weiteres Zuthun, bloß wegen
ſeiner ſtillen Tüchtigkeit.

„Es iſt damit ein eigenes Ding, erwiederte Goethe.
Ein Holz brennt, weil es Stoff dazu in ſich hat, und
ein Menſch wird berühmt, weil der Stoff dazu in ihm
vorhanden. Suchen läßt ſich der Ruhm nicht und
alles Jagen danach iſt eitel. Es kann ſich wohl Je¬
mand durch kluges Benehmen und allerlei künſtliche
Mittel eine Art von Namen machen. Fehlt aber dabei
das innere Juwel, ſo iſt es eitel und hält nicht auf
den andern Tag.“

„Ebenſo iſt es mit der Gunſt des Volkes. Er
ſuchte ſie nicht und that den Leuten keineswegs ſchön;
aber das Volk liebte ihn, weil es fühlte, daß er ein
Herz für ſie habe.“

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[269/0291] offen zu haben und auf allerlei Gutes und Nützliches zu achten, das er in ſeinem Lande einführen könnte. Ackerbau, Viehzucht und Induſtrie ſind ihm auf dieſe Weiſe unendlich viel ſchuldig geworden. Ueberhaupt waren ſeine Tendenzen nicht perſönlich, egoiſtiſch, ſondern rein productiver Art, und zwar productiv für das all¬ gemeine Beſte. Dadurch hat er ſich denn auch einen Namen gemacht, der über dieſes kleine Land weit hin¬ ausgeht.“ Sein ſorgloſes einfaches Aeußere, ſagte ich, ſchien anzudeuten, daß er den Ruhm nicht ſuche und daß er ſich wenig aus ihm mache. Es ſchien, als ſey er be¬ rühmt geworden, ohne ſein weiteres Zuthun, bloß wegen ſeiner ſtillen Tüchtigkeit. „Es iſt damit ein eigenes Ding, erwiederte Goethe. Ein Holz brennt, weil es Stoff dazu in ſich hat, und ein Menſch wird berühmt, weil der Stoff dazu in ihm vorhanden. Suchen läßt ſich der Ruhm nicht und alles Jagen danach iſt eitel. Es kann ſich wohl Je¬ mand durch kluges Benehmen und allerlei künſtliche Mittel eine Art von Namen machen. Fehlt aber dabei das innere Juwel, ſo iſt es eitel und hält nicht auf den andern Tag.“ „Ebenſo iſt es mit der Gunſt des Volkes. Er ſuchte ſie nicht und that den Leuten keineswegs ſchön; aber das Volk liebte ihn, weil es fühlte, daß er ein Herz für ſie habe.“

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/291>, abgerufen am 22.11.2024.