behandeln. Er giebt zu, daß der bekannte erste Theil voller Unwahrscheinlichkeiten und Späße sey, die nicht Jeder zurechtzulegen und zu würdigen wisse; aber man müsse doch auf alle Fälle dem Autor zugestehen, daß er im hohen Grade die Kunst verstanden habe, durch Contraste zu wirken und große theatralische Effecte herbeizuführen.
Mittwoch, den 15. April 1823*.
Abends bei Goethe mit Gräfin Caroline Egloffstein. Goethe scherzte über die deutschen Almanache und andere periodische Erscheinungen, alle von einer lächer¬ lichen Sentimentalität durchdrungen, die an der Ord¬ nung des Tages zu seyn scheine. Die Gräfin bemerkte, daß die deutschen Romanschreiber den Anfang gemacht, den Geschmack ihrer zahlreichen Leser zu verderben, und daß nun wiederum die Leser die Romanschreiber ver¬ dürben, die, um für ihre Manuscripte einen Verleger zu finden, sich jetzt ihrerseits dem herrschenden schlechten Geschmack des Publicums bequemen müßten.
Sonntag, den 26. April 1823*.
Ich fand Coudray und Meyer bei Goethe. Man sprach über verschiedene Dinge. "Die Großherzogliche Bibliothek, sagte Goethe unter Anderem, besitzt einen Globus, der unter der Regierung Carls des Fünften von einem Spanier verfertigt worden. Es finden sich
behandeln. Er giebt zu, daß der bekannte erſte Theil voller Unwahrſcheinlichkeiten und Späße ſey, die nicht Jeder zurechtzulegen und zu würdigen wiſſe; aber man müſſe doch auf alle Fälle dem Autor zugeſtehen, daß er im hohen Grade die Kunſt verſtanden habe, durch Contraſte zu wirken und große theatraliſche Effecte herbeizuführen.
Mittwoch, den 15. April 1823*.
Abends bei Goethe mit Gräfin Caroline Egloffſtein. Goethe ſcherzte über die deutſchen Almanache und andere periodiſche Erſcheinungen, alle von einer lächer¬ lichen Sentimentalität durchdrungen, die an der Ord¬ nung des Tages zu ſeyn ſcheine. Die Gräfin bemerkte, daß die deutſchen Romanſchreiber den Anfang gemacht, den Geſchmack ihrer zahlreichen Leſer zu verderben, und daß nun wiederum die Leſer die Romanſchreiber ver¬ dürben, die, um für ihre Manuſcripte einen Verleger zu finden, ſich jetzt ihrerſeits dem herrſchenden ſchlechten Geſchmack des Publicums bequemen müßten.
Sonntag, den 26. April 1823*.
Ich fand Coudray und Meyer bei Goethe. Man ſprach über verſchiedene Dinge. „Die Großherzogliche Bibliothek, ſagte Goethe unter Anderem, beſitzt einen Globus, der unter der Regierung Carls des Fünften von einem Spanier verfertigt worden. Es finden ſich
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voller Unwahrſcheinlichkeiten und Späße ſey, die nicht
Jeder zurechtzulegen und zu würdigen wiſſe; aber man
müſſe doch auf alle Fälle dem Autor zugeſtehen, daß
er im hohen Grade die Kunſt verſtanden habe, durch
Contraſte zu wirken und große theatraliſche Effecte
herbeizuführen.
Mittwoch, den 15. April 1823*.
Abends bei Goethe mit Gräfin Caroline Egloffſtein.
Goethe ſcherzte über die deutſchen Almanache und
andere periodiſche Erſcheinungen, alle von einer lächer¬
lichen Sentimentalität durchdrungen, die an der Ord¬
nung des Tages zu ſeyn ſcheine. Die Gräfin bemerkte,
daß die deutſchen Romanſchreiber den Anfang gemacht,
den Geſchmack ihrer zahlreichen Leſer zu verderben, und
daß nun wiederum die Leſer die Romanſchreiber ver¬
dürben, die, um für ihre Manuſcripte einen Verleger
zu finden, ſich jetzt ihrerſeits dem herrſchenden ſchlechten
Geſchmack des Publicums bequemen müßten.
Sonntag, den 26. April 1823*.
Ich fand Coudray und Meyer bei Goethe. Man
ſprach über verſchiedene Dinge. „Die Großherzogliche
Bibliothek, ſagte Goethe unter Anderem, beſitzt einen
Globus, der unter der Regierung Carls des Fünften
von einem Spanier verfertigt worden. Es finden ſich
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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