von Allem hinweg, was mich in meinem wahren Lichte zeigen könnte. Dagegen hat Schiller, der, unter uns, weit mehr ein Aristokrat war als ich, der aber weit mehr bedachte was er sagte als ich, das merkwürdige Glück, als besonderer Freund des Volkes zu gelten. Ich gönne es ihm von Herzen und tröste mich damit, daß es Anderen vor mir nicht besser gegangen."
"Es ist wahr, ich konnte kein Freund der französi¬ schen Revolution seyn, denn ihre Gräuel standen mir zu nahe und empörten mich täglich und stündlich, wäh¬ rend ihre wohlthätigen Folgen damals noch nicht zu ersehen waren. Auch konnte ich nicht gleichgültig dabei seyn, daß man in Deutschland künstlicher Weise ähnliche Scenen herbeizuführen trachtete, die in Frank¬ reich Folge einer großen Nothwendigkeit waren."
"Ebensowenig aber war ich ein Freund herrischer Willkür. Auch war ich vollkommen überzeugt, daß irgend eine große Revolution nie Schuld des Volkes ist, sondern der Regierung. Revolutionen sind ganz unmöglich, sobald die Regierungen fortwährend gerecht und fortwährend wach sind, so daß sie ihnen durch zeitgemäße Verbesserungen entgegenkommen, und sich nicht so lange sträuben, bis das Nothwendige von unten her erzwungen wird."
"Weil ich nun aber die Revolutionen haßte, so nannte man mich einen Freund des Bestehenden. Das ist aber ein sehr zweideutiger Titel, den ich mir verbitten
von Allem hinweg, was mich in meinem wahren Lichte zeigen könnte. Dagegen hat Schiller, der, unter uns, weit mehr ein Ariſtokrat war als ich, der aber weit mehr bedachte was er ſagte als ich, das merkwürdige Glück, als beſonderer Freund des Volkes zu gelten. Ich gönne es ihm von Herzen und tröſte mich damit, daß es Anderen vor mir nicht beſſer gegangen.“
„Es iſt wahr, ich konnte kein Freund der franzöſi¬ ſchen Revolution ſeyn, denn ihre Gräuel ſtanden mir zu nahe und empörten mich täglich und ſtündlich, wäh¬ rend ihre wohlthätigen Folgen damals noch nicht zu erſehen waren. Auch konnte ich nicht gleichgültig dabei ſeyn, daß man in Deutſchland künſtlicher Weiſe ähnliche Scenen herbeizuführen trachtete, die in Frank¬ reich Folge einer großen Nothwendigkeit waren.“
„Ebenſowenig aber war ich ein Freund herriſcher Willkür. Auch war ich vollkommen überzeugt, daß irgend eine große Revolution nie Schuld des Volkes iſt, ſondern der Regierung. Revolutionen ſind ganz unmöglich, ſobald die Regierungen fortwährend gerecht und fortwährend wach ſind, ſo daß ſie ihnen durch zeitgemäße Verbeſſerungen entgegenkommen, und ſich nicht ſo lange ſträuben, bis das Nothwendige von unten her erzwungen wird.“
„Weil ich nun aber die Revolutionen haßte, ſo nannte man mich einen Freund des Beſtehenden. Das iſt aber ein ſehr zweideutiger Titel, den ich mir verbitten
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von Allem hinweg, was mich in meinem wahren Lichte
zeigen könnte. Dagegen hat Schiller, der, unter uns,
weit mehr ein Ariſtokrat war als ich, der aber weit
mehr bedachte was er ſagte als ich, das merkwürdige
Glück, als beſonderer Freund des Volkes zu gelten.
Ich gönne es ihm von Herzen und tröſte mich damit,
daß es Anderen vor mir nicht beſſer gegangen.“
„Es iſt wahr, ich konnte kein Freund der franzöſi¬
ſchen Revolution ſeyn, denn ihre Gräuel ſtanden mir
zu nahe und empörten mich täglich und ſtündlich, wäh¬
rend ihre wohlthätigen Folgen damals noch nicht zu
erſehen waren. Auch konnte ich nicht gleichgültig dabei
ſeyn, daß man in Deutſchland künſtlicher Weiſe
ähnliche Scenen herbeizuführen trachtete, die in Frank¬
reich Folge einer großen Nothwendigkeit waren.“
„Ebenſowenig aber war ich ein Freund herriſcher
Willkür. Auch war ich vollkommen überzeugt, daß
irgend eine große Revolution nie Schuld des Volkes
iſt, ſondern der Regierung. Revolutionen ſind ganz
unmöglich, ſobald die Regierungen fortwährend gerecht
und fortwährend wach ſind, ſo daß ſie ihnen durch
zeitgemäße Verbeſſerungen entgegenkommen, und ſich
nicht ſo lange ſträuben, bis das Nothwendige von unten
her erzwungen wird.“
„Weil ich nun aber die Revolutionen haßte, ſo nannte
man mich einen Freund des Beſtehenden. Das
iſt aber ein ſehr zweideutiger Titel, den ich mir verbitten
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/66>, abgerufen am 23.11.2024.
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