[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893."Von allen Frauen in der Welt Die deutsche mir am besten gefällt." Da der liebeglühende Sänger, der diese Verse zu Papier gebracht hat, ein Deutscher ist, und zwar ein deutscher Mann, der also der deutschen Frau gegenüber völlig in der Befangenheit der Instinkte verstrickt ist, so prädicirt sein Ausspruch thatsächlich nicht das Geringste zu Gunsten der also Glorificirten; er formulirt nur, was sich von selbst versteht: daß jede Rasse von ihrem eignen Typus enthusiasmirt ist, oder noch einfacher: daß die Fortpflanzung regulariter innerhalb der Gattung, der Species, der Rasse, der Völkerschaft stattfindet, nicht aber durch Kreuzung mit solchen Individuen, die außerhalb dieser Gemeinschaft stehen. Wäre der Sänger ein kalkuttischer Hahn, so würde er ganz mit dem nämlichen Anspruch auf eine objektive Bedeutung seines Verdiktes die betreffenden Verse wie folgt gestalten: "Von allen Hennen in der Welt Die kalkuttische mir am besten gefällt." Gewiß läßt sich gegen die subjektive Berechtigung dieses lyrisch-erotischen Enthusiasmus nichts einwenden; nur darf die rein instinktive Sympathie nicht auf Irrwege geraten; sie darf nicht zum Pharisäertum werden, daß sich nun einbildet, alle übrigen Frauen des Universums seien faktisch nicht wert, der deutschen die Schuhriemen aufzulösen. Wer die Litteraturen anderer Culturvölker kennt, der weiß, daß solche Hoch- und Herrlichpreisungen der nationalen Frau keineswegs eine Specialität der deutschen Lyrik sind; daß vielmehr überall der gleiche - poetisch begreifliche, aber philosophisch groteske - Irrtum begangen wird. „Von allen Frauen in der Welt Die deutsche mir am besten gefällt.“ Da der liebeglühende Sänger, der diese Verse zu Papier gebracht hat, ein Deutscher ist, und zwar ein deutscher Mann, der also der deutschen Frau gegenüber völlig in der Befangenheit der Instinkte verstrickt ist, so prädicirt sein Ausspruch thatsächlich nicht das Geringste zu Gunsten der also Glorificirten; er formulirt nur, was sich von selbst versteht: daß jede Rasse von ihrem eignen Typus enthusiasmirt ist, oder noch einfacher: daß die Fortpflanzung regulariter innerhalb der Gattung, der Species, der Rasse, der Völkerschaft stattfindet, nicht aber durch Kreuzung mit solchen Individuen, die außerhalb dieser Gemeinschaft stehen. Wäre der Sänger ein kalkuttischer Hahn, so würde er ganz mit dem nämlichen Anspruch auf eine objektive Bedeutung seines Verdiktes die betreffenden Verse wie folgt gestalten: „Von allen Hennen in der Welt Die kalkuttische mir am besten gefällt.“ Gewiß läßt sich gegen die subjektive Berechtigung dieses lyrisch-erotischen Enthusiasmus nichts einwenden; nur darf die rein instinktive Sympathie nicht auf Irrwege geraten; sie darf nicht zum Pharisäertum werden, daß sich nun einbildet, alle übrigen Frauen des Universums seien faktisch nicht wert, der deutschen die Schuhriemen aufzulösen. Wer die Litteraturen anderer Culturvölker kennt, der weiß, daß solche Hoch- und Herrlichpreisungen der nationalen Frau keineswegs eine Specialität der deutschen Lyrik sind; daß vielmehr überall der gleiche – poetisch begreifliche, aber philosophisch groteske – Irrtum begangen wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0043" n="41"/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">„Von allen Frauen in der Welt</l><lb/> <l rendition="#et">Die deutsche mir am besten gefällt.“</l><lb/> </lg> <p>Da der liebeglühende Sänger, der diese Verse zu Papier gebracht hat, ein Deutscher ist, und zwar ein deutscher Mann, der also der deutschen Frau gegenüber völlig in der Befangenheit der Instinkte verstrickt ist, so prädicirt sein Ausspruch thatsächlich nicht das Geringste zu Gunsten der also Glorificirten; er formulirt nur, was sich von selbst versteht: daß jede Rasse von ihrem eignen Typus enthusiasmirt ist, oder noch einfacher: daß die Fortpflanzung <hi rendition="#aq">regulariter</hi> innerhalb der Gattung, der Species, der Rasse, der Völkerschaft stattfindet, nicht aber durch Kreuzung mit solchen Individuen, die außerhalb dieser Gemeinschaft stehen. 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„Von allen Frauen in der Welt
Die deutsche mir am besten gefällt.“
Da der liebeglühende Sänger, der diese Verse zu Papier gebracht hat, ein Deutscher ist, und zwar ein deutscher Mann, der also der deutschen Frau gegenüber völlig in der Befangenheit der Instinkte verstrickt ist, so prädicirt sein Ausspruch thatsächlich nicht das Geringste zu Gunsten der also Glorificirten; er formulirt nur, was sich von selbst versteht: daß jede Rasse von ihrem eignen Typus enthusiasmirt ist, oder noch einfacher: daß die Fortpflanzung regulariter innerhalb der Gattung, der Species, der Rasse, der Völkerschaft stattfindet, nicht aber durch Kreuzung mit solchen Individuen, die außerhalb dieser Gemeinschaft stehen. Wäre der Sänger ein kalkuttischer Hahn, so würde er ganz mit dem nämlichen Anspruch auf eine objektive Bedeutung seines Verdiktes die betreffenden Verse wie folgt gestalten:
„Von allen Hennen in der Welt
Die kalkuttische mir am besten gefällt.“
Gewiß läßt sich gegen die subjektive Berechtigung dieses lyrisch-erotischen Enthusiasmus nichts einwenden; nur darf die rein instinktive Sympathie nicht auf Irrwege geraten; sie darf nicht zum Pharisäertum werden, daß sich nun einbildet, alle übrigen Frauen des Universums seien faktisch nicht wert, der deutschen die Schuhriemen aufzulösen. Wer die Litteraturen anderer Culturvölker kennt, der weiß, daß solche Hoch- und Herrlichpreisungen der nationalen Frau keineswegs eine Specialität der deutschen Lyrik sind; daß vielmehr überall der gleiche – poetisch begreifliche, aber philosophisch groteske – Irrtum begangen wird.
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