[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893.Wenn die musikalischen Kunstleistungen eines Hausnachbarn durch die Wände und Decken dringen, so kommt es nicht mir, dem belästigten Dulder, zu, diese Attacken durch Polsterungen oder Gott weiß wie sonst mühsam zurückzuschlagen, sondern der Klimperer, Kratzer, Dudler und Bläser hat die Verpflichtung, den von ihm erregten störenden Tonwellen eine Schranke zu setzen; - just wie es nicht etwa dem Flusse obliegt, sich gegen die vergiftenden Einläufe der Färbereien zu wehren, sondern den Färbereien, den Fluß zu verschonen. Nur die Gewohnheit und die leidige Indolenz kann uns gegen die Wahrheit des hier ausgesprochenen Rechtsgrundsatzes verblenden. Wie es Verboten ist, Nachts, wenn die Bürger im Schlafe liegen, ruhestörenden Lärm zu verursachen; wie man nicht etwa den Bürgern sagt: "Verbarrikadirt eure Fenster, wenn ihr das Johlen und Brüllen der Trunkenbolde nicht hören wollt!" - sondern den Trunkenbolden: "Ihr schweigt oder wandert in's Loch!" - just so könnte und sollte man auch die Arbeit der Bürger während der Tagesstunden gegen alle Geräusche beschützen, die sich vermeiden lassen. Nicht zu vermeiden sind nur solche Geräusche, die mit dem freien Verkehr und der gewerblichen Produktion zusammenhängen. Ja, in letzterer Beziehung übt man sogar in den meisten Städten eine gewisse heilsame Einschränkung. Kupferschmiede und sonstige Pauker, die das Trommelfell ihrer Nachbarn bedrohen, werden innerhalb der belebteren Stadtteile nicht mehr geduldet, geschweige denn in den Vierteln, wo sich die geistige Arbeit concentrirt. Nur die Klimperer, Kratzer, Dudler und Bläser haben überall plein Wenn die musikalischen Kunstleistungen eines Hausnachbarn durch die Wände und Decken dringen, so kommt es nicht mir, dem belästigten Dulder, zu, diese Attacken durch Polsterungen oder Gott weiß wie sonst mühsam zurückzuschlagen, sondern der Klimperer, Kratzer, Dudler und Bläser hat die Verpflichtung, den von ihm erregten störenden Tonwellen eine Schranke zu setzen; – just wie es nicht etwa dem Flusse obliegt, sich gegen die vergiftenden Einläufe der Färbereien zu wehren, sondern den Färbereien, den Fluß zu verschonen. Nur die Gewohnheit und die leidige Indolenz kann uns gegen die Wahrheit des hier ausgesprochenen Rechtsgrundsatzes verblenden. Wie es Verboten ist, Nachts, wenn die Bürger im Schlafe liegen, ruhestörenden Lärm zu verursachen; wie man nicht etwa den Bürgern sagt: „Verbarrikadirt eure Fenster, wenn ihr das Johlen und Brüllen der Trunkenbolde nicht hören wollt!“ – sondern den Trunkenbolden: „Ihr schweigt oder wandert in’s Loch!“ – just so könnte und sollte man auch die Arbeit der Bürger während der Tagesstunden gegen alle Geräusche beschützen, die sich vermeiden lassen. Nicht zu vermeiden sind nur solche Geräusche, die mit dem freien Verkehr und der gewerblichen Produktion zusammenhängen. Ja, in letzterer Beziehung übt man sogar in den meisten Städten eine gewisse heilsame Einschränkung. Kupferschmiede und sonstige Pauker, die das Trommelfell ihrer Nachbarn bedrohen, werden innerhalb der belebteren Stadtteile nicht mehr geduldet, geschweige denn in den Vierteln, wo sich die geistige Arbeit concentrirt. 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Wenn die musikalischen Kunstleistungen eines Hausnachbarn durch die Wände und Decken dringen, so kommt es nicht mir, dem belästigten Dulder, zu, diese Attacken durch Polsterungen oder Gott weiß wie sonst mühsam zurückzuschlagen, sondern der Klimperer, Kratzer, Dudler und Bläser hat die Verpflichtung, den von ihm erregten störenden Tonwellen eine Schranke zu setzen; – just wie es nicht etwa dem Flusse obliegt, sich gegen die vergiftenden Einläufe der Färbereien zu wehren, sondern den Färbereien, den Fluß zu verschonen.
Nur die Gewohnheit und die leidige Indolenz kann uns gegen die Wahrheit des hier ausgesprochenen Rechtsgrundsatzes verblenden.
Wie es Verboten ist, Nachts, wenn die Bürger im Schlafe liegen, ruhestörenden Lärm zu verursachen; wie man nicht etwa den Bürgern sagt: „Verbarrikadirt eure Fenster, wenn ihr das Johlen und Brüllen der Trunkenbolde nicht hören wollt!“ – sondern den Trunkenbolden: „Ihr schweigt oder wandert in’s Loch!“ – just so könnte und sollte man auch die Arbeit der Bürger während der Tagesstunden gegen alle Geräusche beschützen, die sich vermeiden lassen.
Nicht zu vermeiden sind nur solche Geräusche, die mit dem freien Verkehr und der gewerblichen Produktion zusammenhängen. Ja, in letzterer Beziehung übt man sogar in den meisten Städten eine gewisse heilsame Einschränkung. Kupferschmiede und sonstige Pauker, die das Trommelfell ihrer Nachbarn bedrohen, werden innerhalb der belebteren Stadtteile nicht mehr geduldet, geschweige denn in den Vierteln, wo sich die geistige Arbeit concentrirt. Nur die Klimperer, Kratzer, Dudler und Bläser haben überall plein
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