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[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893.

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das Recht und die Wahrheit flößt dem betrachtenden Geist größre Bedenken ein ...

Wir wollen an dieser Stelle nicht nachweisen, daß die gesellschaftliche Moral auch in andern gewichtigen Fragen auf einer wortlosen Uebereinkunft beruht, die mit dem wahrhaft Sittlichen oft im unversöhnlichen Widerspruch steht. Wir wollen nicht accentuieren, daß sogar der ob seiner Feinfühligkeit gepriesene Codex der Ehre Punkte enthält, deren conventionelle Unmoral derb in die Augen springt; wie z. B. die Auffassung, daß es der Ehre eines wahrhaften Cavaliers zwar schnurstracks zuwiderläuft, einem Millionär, mit dem er Baccarat oder Meine-Tante-deine-Tante gespielt hat, tausend Mark länger, als dieser Millionär ihm gestattet, schuldig zu bleiben, während der nämliche Cavalier mit der größten Gemüthsruhe einem Handwerker, der für ihn arbeitet, um den Ertrag seiner Mühen prellt. Vielmehr gilt es uns nur um die Herausgreifung eines recht schlagenden Beispiels für den Begriff der conventionellen Rücksichtslosigkeit, da wir auf diesen Begriff mehrfach im Verlauf unsrer menschheitsfreundlichen Abhandlung zruückkommen werden. Wir möchten auf einem andern völlig entlegnen Gebiet dem wohlwollenden Leser - gleichsam aus Gründen der Propädeutik - ad oculos demonstriren, wie äußerst partheiisch die moderne Gesellschaft verfährt, wenn es sich darum handelt, die Grenzen festzustellen, die man, ohne rücksichtslos zu erscheinen, bei der Belästigung oder Schädigung fremder Interessen zu streifen berechtigt ist.

Es herrscht hier in der That eine überraschende Willkür, die uns nur darum nicht in abstracto entrüstet, weil wir zu sehr an die Allmacht des Conventionellen gewöhnt sind; die uns jedoch sofort mit der Wucht einer empörenden Ungerechtigkeit

das Recht und die Wahrheit flößt dem betrachtenden Geist größre Bedenken ein …

Wir wollen an dieser Stelle nicht nachweisen, daß die gesellschaftliche Moral auch in andern gewichtigen Fragen auf einer wortlosen Uebereinkunft beruht, die mit dem wahrhaft Sittlichen oft im unversöhnlichen Widerspruch steht. Wir wollen nicht accentuieren, daß sogar der ob seiner Feinfühligkeit gepriesene Codex der Ehre Punkte enthält, deren conventionelle Unmoral derb in die Augen springt; wie z. B. die Auffassung, daß es der Ehre eines wahrhaften Cavaliers zwar schnurstracks zuwiderläuft, einem Millionär, mit dem er Baccarat oder Meine-Tante-deine-Tante gespielt hat, tausend Mark länger, als dieser Millionär ihm gestattet, schuldig zu bleiben, während der nämliche Cavalier mit der größten Gemüthsruhe einem Handwerker, der für ihn arbeitet, um den Ertrag seiner Mühen prellt. Vielmehr gilt es uns nur um die Herausgreifung eines recht schlagenden Beispiels für den Begriff der conventionellen Rücksichtslosigkeit, da wir auf diesen Begriff mehrfach im Verlauf unsrer menschheitsfreundlichen Abhandlung zruückkommen werden. Wir möchten auf einem andern völlig entlegnen Gebiet dem wohlwollenden Leser – gleichsam aus Gründen der Propädeutik – ad oculos demonstriren, wie äußerst partheiisch die moderne Gesellschaft verfährt, wenn es sich darum handelt, die Grenzen festzustellen, die man, ohne rücksichtslos zu erscheinen, bei der Belästigung oder Schädigung fremder Interessen zu streifen berechtigt ist.

Es herrscht hier in der That eine überraschende Willkür, die uns nur darum nicht in abstracto entrüstet, weil wir zu sehr an die Allmacht des Conventionellen gewöhnt sind; die uns jedoch sofort mit der Wucht einer empörenden Ungerechtigkeit

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[6/0008] das Recht und die Wahrheit flößt dem betrachtenden Geist größre Bedenken ein … Wir wollen an dieser Stelle nicht nachweisen, daß die gesellschaftliche Moral auch in andern gewichtigen Fragen auf einer wortlosen Uebereinkunft beruht, die mit dem wahrhaft Sittlichen oft im unversöhnlichen Widerspruch steht. Wir wollen nicht accentuieren, daß sogar der ob seiner Feinfühligkeit gepriesene Codex der Ehre Punkte enthält, deren conventionelle Unmoral derb in die Augen springt; wie z. B. die Auffassung, daß es der Ehre eines wahrhaften Cavaliers zwar schnurstracks zuwiderläuft, einem Millionär, mit dem er Baccarat oder Meine-Tante-deine-Tante gespielt hat, tausend Mark länger, als dieser Millionär ihm gestattet, schuldig zu bleiben, während der nämliche Cavalier mit der größten Gemüthsruhe einem Handwerker, der für ihn arbeitet, um den Ertrag seiner Mühen prellt. Vielmehr gilt es uns nur um die Herausgreifung eines recht schlagenden Beispiels für den Begriff der conventionellen Rücksichtslosigkeit, da wir auf diesen Begriff mehrfach im Verlauf unsrer menschheitsfreundlichen Abhandlung zruückkommen werden. Wir möchten auf einem andern völlig entlegnen Gebiet dem wohlwollenden Leser – gleichsam aus Gründen der Propädeutik – ad oculos demonstriren, wie äußerst partheiisch die moderne Gesellschaft verfährt, wenn es sich darum handelt, die Grenzen festzustellen, die man, ohne rücksichtslos zu erscheinen, bei der Belästigung oder Schädigung fremder Interessen zu streifen berechtigt ist. Es herrscht hier in der That eine überraschende Willkür, die uns nur darum nicht in abstracto entrüstet, weil wir zu sehr an die Allmacht des Conventionellen gewöhnt sind; die uns jedoch sofort mit der Wucht einer empörenden Ungerechtigkeit

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Zitationshilfe: [Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckstein_dudler_1893/8>, abgerufen am 03.12.2024.